„Das ist Demokratie“: Landtagsabgeordnete Ingrid Hack über ihr schlechtes Ergebnis

Nach zehn Jahren ist die SPD-Politikerin nicht wiedergewählt worden.

Nach zehn Jahren im Landtag wurde die Sozialdemokratin Ingrid Hack nicht wieder gewählt – es ist eine große Enttäuschung für die Politikerin, die in der südlichen Innenstadt lebt und den Kölner Süden wie ihre Westentasche kennt. Zahlreiche Kontakte hatte sie aufgebaut, war persönlich präsent, regelmäßig auch in den südlichsten Stadtteilen wie Meschenich und Godorf. Sie war als „Kümmerin“ bekannt. Sozialdemokratie bedeute auf Menschen gucken, sagt sie. Und das fange vor der Haustür an, auch ohne Mandat. Frau Hack, es hat nicht gereicht. Waren Sie auf das schlechte Ergebnis vorbereitet? Das war so nicht absehbar, denn tatsächlich habe ich in meinem Wahlkreis wenig von der Wechselstimmung gemerkt, die sich landesweit gezeigt hat. Mein Wahlkreis war ja schon immer etwas anders aufgestellt als der Durchschnitt. Das habe ich 2005 gesehen, als ich gegen den Trend in den Landtag gewählt wurde, während die SPD allgemein krachend verloren hatte. Diesmal waren offenbar die Defizite der Landespolitik doch zu groß, aber natürlich übernehme ich persönlich die Verantwortung und frage mich nach eigenen Versäumnissen. Eine abschließende Antwort habe ich aber noch nicht gefunden. War Ihr Wahlkampf zu unauffällig, zu gediegen im Vergleich zu Ihrem Hauptkonkurrenten von der CDU? Oliver Kehrl hat einen offensiven Wahlkampf mit viel Öffentlichkeitsarbeit geführt. Mein Auftritt war ganz anders, aber er hat zu mir gepasst. Bewusst habe ich auf eine Agentur verzichtet. Bei Facebook habe ich mich bereits vor einigen Jahren abgemeldet; ich finde die Kommunikation über Online-Kanäle meist oberflächlich und wenig nachhaltig. Ich habe lieber auf die persönlichen Gespräche gesetzt und den Wahlkampf gemeinsam mit meinen ehrenamtlichen Parteifreunden geführt. Ich hatte eine Riesenunterstützung. Oliver Kehrl war letztlich erfolgreich, ich habe ihm noch am Abend per E-Mail gratuliert. Wie schwer verdaulich ist die Niederlage? Unsere Mandate sind auf Zeit angelegt, das weiß jeder Politiker. Die Wähler haben ihren Willen geäußert und den respektiere ich. Das ist Demokratie. Klar hätte ich mir gewünscht, dass meine jahrelange Arbeit mehr gewürdigt worden wäre. Ich war ja vor Ort sehr präsent, war Ansprechpartnerin, habe mich bei Vereinen gezeigt und im Karneval engagiert. Ich habe am Frauentag Rosen an Frauen verteilt, habe den Menschen zugehört, mich um sie und ihre Probleme gekümmert... …und saßen in Meschenich am Ehrentisch der Frauen-KG „Löstige Kraade“, auch wenn der Abend sehr lang wurde … Bei den Kraade bin ich Ehrenmitglied und ebenfalls bei den Bayenthaler Schützen. Das gehört dazu. Zu wenig haben die Wähler offenbar gesehen, dass ich politisch einiges auf die Reihe gebracht habe. Ich denke da an die verbesserte Sozialarbeit am Kölnberg oder an die Ortsumgehung Meschenich. Da gibt es große Fortschritte, so weit wie jetzt waren die Planungen noch nie. Mein Mandat war ein wunderbarer Job, bei dem man die politische Arbeit gut mit ehrenamtlicher verknüpfen konnte, zum Beispiel als Vorsitzende im Kölner AWO-Kreisverband. Aber es war auch ein Vollzeitjob an sieben Tagen in der Woche. Das ist nun vorbei, ich habe kein Mandat mehr. Jetzt muss ich nach vorne schauen. Das klingt nach großer Enttäuschung. Aber spüren Sie nicht auch Erleichterung? Nach der anstrengenden Zeit mache ich im Sommer erstmal Urlaub, übrigens zum ersten Mal seit fünf Jahren. Bei der 60-Stunden-Woche hatte ich dafür nie Zeit, ebenso wenig wie für Hobbys. Was ich aber in den Jahren aber nie vernachlässigt habe, ist mein Freundeskreis. Der war mir immer wichtig. Wie ist die berufliche Perspektive? Bevor ich in den Landtag einzog, war ich beim SPD-Landesverband NRW angestellt. Seitdem ruht der Arbeitsvertrag. Er wird nun, wie schon 2010 bis 2012, wieder belebt, und ich werde voraussichtlich in Düsseldorf tätig sein. Vom Gehalt her wird sich einiges ändern. Als Mitglied des Landtags habe ich 10 500 Euro brutto im Monat erhalten, davon gingen rund 2200 Euro ins Altersversorgungswerk ab. Bis zum 31. Mai bin ich noch Abgeordnete, im Herbst beginnt mein neuer Job. Bis dahin kann ich Übergangsgeld in Anspruch nehmen. Der Gang zum Arbeitsamt ist nicht möglich, weil wir Abgeordnete nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Die Kölsche geht also nach Düsseldorf? Mein Wohnsitz bleibt in Köln, ich werde nach wie vor nicht umziehen. Das habe ich als Abgeordnete auch nicht getan. Ich habe hier meine Freundinnen und Freunde, meine Ehrenämter und Mitgliedschaften. Privat wird man mich hier im Kölner Süden sicher öfter mal sehen, bei der Kultur in der Sackgasse, beim Chorkonzert in Immendorf oder natürlich im Karneval. Das Gespräch führte Ulrike Süsser Zur Person Bei der Landtagswahl am 14. Mai verlor Ingrid Hack ihren Landkreis, auch über den Listenplatz 29 zog die 52 Jahre alte studierte Germanistin und Politologin und ausgebildete Marketingfachwirtin nicht mehr in den Düsseldorfer Landtag ein. In den Wahlperioden 2005 bis 2010 und 2012 bis 2017 war Ingrid Hack direkt gewählte SPD-Abgeordnete des Landtags NRW für den Wahlkreis I, Rodenkirchen und südliche Innenstadt. (2012 fand eine vorgezogene Neuwahl statt, Anm. der Red.). Zuletzt war sie Vorsitzende der Enquetekommission „Zukunft der Familienpolitik in NRW“, in beiden Wahlperioden war sie stellvertretende Fraktions-Sprecherin für Familie, Kinder und Jugend. Seit 28 Jahren ist Ingrid Hack SPD-Mitglied; ihre letzte berufliche Station vor dem Landtagsmandat war die SPD-Geschäftsführung in Köln, Krefeld und im Rhein-Kreis Neuss. (süs)...Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta