Der Kampf gegen Fake-News ist einer um die Würde des Menschen

Fake-News verbreiten sich in den sozialen Netzwerken oftmals rasant (Bild: Getty Images)
Fake-News verbreiten sich in den sozialen Netzwerken oftmals rasant (Bild: Getty Images)

Social Media versus Mainstream Media, Kampf um Meinungshoheit – es tun sich merkwürdige Fronten auf. Dabei wäre es ganz einfach: Lügen haben kurze Beine. Bloß nicht im Netz. Daher müssen wir etwas unternehmen.

Ein Kommentar von Jan Rübel

In Bayern geht die Polizei mit gutem Beispiel voran. Gegen eine 55-Jährige ermittelt sie wegen Vortäuschung falscher Tatsachen und Volksverhetzung – sie hatte eine frei erfundene Meldung im Netz verbreitet, wonach ein Asylbewerber eine Frau vergewaltigt habe, mit anschließender Notoperation. „Polizeipräsident Kopp sieht sich im offensiven Vorgehen gegen Falschmeldungen bestätigt, pocht auf Zivilcourage im Internet und sieht auch den Gesetzgeber gefordert“, heißt es in einer Polizeimeldung.

Die Hüter der öffentlichen Ordnung tun recht daran, die geistigen Brandstiftungen beim Namen zu nennen. Wir alle sollten uns gegen sie wehren. Schließlich geht es, unabhängig von links oder rechts, um die Würde des Menschen.

Lesen Sie auch: Syrer verklagt Facebook und AfD-Politiker wegen Fake-News

„Fake News“, Falschmeldungen, war als Begriff ein heißer Anwärter für das Wort des Jahres 2016. Das Rennen machte dann „postfaktisch“, ein immerhin verwandtes Adjektiv. Dabei ist das Phänomen schon älterer Natur.

Hat nicht jeder von uns über Facebook oder Twitter diese Meldungen gelesen, was alles an Schlimmem in der Nachbarschaft passiert? Da sollen Geflüchtete Schwäne geschlachtet oder das Mobiliar ihrer Unterkünfte verhökert haben. Pünktlich zur Adventszeit machten die Meldungen die Runde, Politiker würden aus irgendeiner Rücksicht heraus Weihnachtsmärkte in irgendwelche Dingsbumsmärkte umbenennen wollen – und nicht zu vergessen das Video eines Weihnachtsbaums in einem Einkaufszentrum, der in Deutschland gleich zweimal von Geflüchteten, ganz bestimmt alles Muslime, geplündert wurde. Was diese „News“ gemeinsam hatten: Sie waren frei erfunden.

Hingucken!

Ziel war die Erzeugung einer Stimmung gegen Geflüchtete. Es geht darum, wie es mir vor kurzem in der U-Bahn ein älterer Herr sagte, als er mit der Hand auf Panorama-Meldungen wies, die über Bildschirme an der Decke flimmerten: „Das soll uns nur ablenken von den wichtigen Themen. Es gibt so viel Gewalt. Und Sie werden sehen, in zehn Jahren wird es doppelt so viel Gewalt geben.“

Es geht um Angst. Dem Herrn war mit der Kriminalstatistik kaum zu kommen. Die gibt sich ob der Gewaltdelikte gar nicht derart bestürzt, vor allem liefert sie keinerlei Grundlage für solch eine Prognose.

Da gibt es meiner Meinung nach ein Problem, das vor allem bei Leuten verankert ist, die sich als politisch konservativ, rechts oder patriotisch sehen. Damit meine ich bestimmt nicht alle, es werden im Gegenteil die wenigsten unter ihnen sein: Es gibt dort aber ein hausgemachtes Problem, dass nämlich Fake-News vor allem aus rechtem Lager kommen; die Falschmeldungen von links gibt es sicher auch, aber viel seltener.

Kommentar: Das Ding mit der Nafri-Keule

Wenn jemand gegen die Aufnahme von Flüchtenden ist, einen Kulturkampf mit dem Islam sieht und sich von einer Political Correctness herausgefordert sieht – warum sollte man in der Auseinandersetzung dagegen zu Lügen greifen? Oder polemisch gefragt: Rechtfertigt eine postulierte Vaterlandsliebe jedwede Unanständigkeit? Da sind eine Menge Hausaufgaben zu machen. Konservative sagen gern von sich, sie pochten auf Werte, und was Benimm angeht, ist da auch eine Menge dran. Also sollten sie mal ausmisten.

Und der Staat kann ihnen dabei helfen. Erfindung von Falschmeldungen sollte härter unter Strafe gestellt und verfolgt werden. Die Zivilgesellschaft schließlich muss dies als Kapitalverbrechen ächten, weil es giftiger ist als manch anderes Delikt. Ein Beispiel: Im US-Präsidentschaftswahlkampf kam die erfundene Meldung auf, der Papst unterstütze Donald Trump. Diese Fake-News verbreitete sich nach Angaben von „Zeit-Online“ in den USA rund 880.000 Mal; die Richtigstellung wurde indes nur 33.000 Mal geteilt. So läuft es – die Hoffnung bei den Fälschern, dass etwas hängen bleibt. Unter Falschmeldungen leidet die Würde des Menschen.

Sehen Sie auch: Rosenheimer Polizei geht gegen Falschmeldungen vor