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Der künftige «Präsident aller Polen» gibt Rätsel auf

Andrzej Duda winkt am Tag nach der Wahl Anhängern zu. Foto: Radek Pietruszka

In der Stunde des großen Triumphes blieb Andrzej Duda bescheiden. Sein Lächeln wurde zwar breiter, als er sich am Sonntagabend den Weg durch die jubelnde Menge im Wahlquartier der polnischen Nationalkonservativen bahnte.

Aber gleichzeitig suchte der frisch gewählte polnische Präsident den Brückenschlag über Parteigrenzen hinweg: «Ich will, dass man in fünf Jahren sagt, dass Duda der Präsident aller Polen ist», sagte der 43-jährige Jurist.

Bürgernah gab er sich am Morgen nach der Wahl. An einer Warschauer U-Bahnstation verteilte Duda Kaffee, wollte zeigen, dass er den Weg auch zu denen sucht, die in nicht gewählt haben. In der Hauptstadt dürften das viele sein: Seit Jahren macht seine Partei PiS hier keinen Stich gegen die liberalere Bürgerplattform. Sein Parteibuch will Duda zurückgeben: Als Präsident aller Polen könne er schließlich nicht parteilich sein.

Doch nicht alle glauben an den netten Präsidenten von nebenan. Manche warnen vor einer «Orbanisierung» Polens, also einem strammen Kurs nach rechts wie in Ungarn unter Victor Orban. Dabei ist Duda auch für viele Polen als Politiker bis zum Präsidentenwahlkampf ein Unbekannter gewesen. Wie wird es künftig weitergehen im Verhältnis zur EU, zu Deutschland oder zu Russland? Eine klare Antwort darauf gibt Duda nicht. Im Wahlkampf hatte er sich auf sozialpolitische Themen konzentriert, auf die Alltagsprobleme der Polen.

Polen müsse seine nationale Identität auch in der EU bewahren, seine nationalen Interessen verfolgen, betonte er. In einer Fernsehdebatte. Das klingt wie ein Zugeständnis an diejenigen Wähler, die von tiefem Misstrauen gegen ein Europa geprägt sind, in dem homosexuelle Paare heiraten können, ein liberales Abtreibungsrecht herrscht und Sexualerziehung an den Schulen selbstverständlich ist.

Es weckt aber auch Erinnerungen an die Zeit, als Polen unter dem nationalkonservativen Präsidenten Lech Kaczynski und seinem Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski als Regierungschef kaum einen Konflikt mit den Nachbarn ausließ. Damals galten Kompromisse in der EU als Zeichen von Schwäche und die Erinnerung an tragische historische Erfahrungen blockierten den Blick auf die gemeinsame Zukunft in Europa.

«Ich bin mir sicher, dass Polen und Deutschland weiterhin enge Partner bleiben werden», sagt der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Dietmar Woidke (SPD). Er fürchte keine negativen Auswirkungen des Wahlausgangs für die deutsch-polnischen Beziehungen.

Abzuwarten bleibt, wie unabhängig Duda von dem machtbewussten PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski agieren kann. Der fiel in der Wahlnacht durch Abwesenheit und ungewohnte Stille im lauten Parteijubel auf. Viele fragten sich: Wo ist Kaczynski?

Ein Mitarbeiter lüftete am Montag das Geheimnis: Kaczynski habe den Wahlabend auf dem «Hellen Berg» in Tschenstochau verbracht und dort für die Präsidentschaft Dudas gebetet. Das Kloster, in dem das Bild der «Schwarzen Madonna» verehrt wird, gilt als Nationalheiligtum Polens. Nirgendwo sonst sind polnischer Katholizismus und Patriotismus so eng verbunden.

Der Legende zufolge hatte die wundertätige Madonna bei der Vertreibung schwedischer Landknechtsheere die Hand im Spiel. Beginnt nun eine neue Legende über die Madonna als Wahlhelferin? Im Herbst wartet schließlich der nächste Wahltermin.

Kampagne Duda