Der Präsident und der Pornostar: Wie Amerika sich am Skandal um Stormy Daniels ergötzt

Stormy Daniels und ihr Anwalt Michael Avenatti können sich auf die Aufmerksamkeit der Medien verlassen (Bild: AP Photo/Craig Ruttle)
Stormy Daniels und ihr Anwalt Michael Avenatti können sich auf die Aufmerksamkeit der Medien verlassen (Bild: AP Photo/Craig Ruttle)

Stormy Daniels war vor kurzem noch eine Porno-Darstellerin am Ende ihrer Karriere. Seit ihrer Affäre mit Donald Trump ist sie mehr als das: Gefragte Interviewpartnerin, Hassobjekt der Konservativen und vielleicht sogar Fallstrick für den Präsidenten. Ihre Geschichte ist eine Parabel über Moral, Medien und den desolaten Zustand der USA.

Der US-amerikanische Präsident könnte am Ende nicht über angebliche Beziehungen zu Russland oder den Verdacht eines Wahlbetruges stürzen, sondern über eine schnöde Affäre, die Jahre zurück liegt. Ganz Amerika guckt – halb begeistert, halb angewidert – auf Stormy Daniels und ihre mutmaßliche Liaison mit dem mächtigsten Mann der Welt. Und die frühere Porno-Darstellerin weiß das für sich zu nutzen und sucht erneut das Rampenlicht.

Details jenseits der Schmerzgrenze

Dem Herrenmagazin “Penthouse” gab sie nun ein ausführliches Interview, in dem sie noch etwas offener als bisher davon erzählt, wie sich Sex mit Donald Trump abspielt. Was mit seinem Haar passiert und wie gut (oder weniger gut) er bestückt ist. Aber will man das wirklich wissen? Und ist es in irgendeiner Form relevant? Egal, denn die Medien springen auf die Schlagzeilen an.

Schon im März ließ Daniels, die eigentlich Stephanie Clifford heißt, in der renommierten Interviewsendung “60 Minutes” einige Details der angeblichen Affäre durchsickern – und Amerika ergötzte sich daran. Mit dem Wirtschaftsmagazin “Forbes” soll sie ihn versohlt haben. Das passte zum Image-Klischee eines narzisstischen Businessmannes, wie es Trump damals noch war, die Schlagzeilen schrieben sich von selbst.

Daniels ist gewitzt, sie kann schlagfertig reagieren und lässt sich offensichtlich nicht so leicht einschüchtern. Seit dem TV-Interview war es etwas ruhiger um sie geworden, denn seitdem hat sie hauptsächlich ihren kampfeslustigen Anwalt Michael Avenatti für sich sprechen lassen. Der allerdings tingelte recht geschäftig durch Talkshows und Gazetten. Daniels hingegen war auf einer Tournee durch Amerikas Strip-Clubs unterwegs unter dem Titel “Make America Horny Again”. Mit dem Namen der Tour hatte die 39-Jährige aus Baton Rouge allerdings nach eigenen Angaben nichts zu tun.

Gekonntes Spiel mit der Empörung

Klar ist: Mit der Boulevard-Geschichte um Stormy und Donald lässt sich auf viele Weisen Geld machen. Daniels selbst bekundet, dass sie im Fall eines Sieges vor Gericht die ominösen 130.000 Dollar Schweigegeld an die Stiftung “Planned Parenthood” spenden würde, die sich um Verhütungs- und Abtreibungsberatung in den USA kümmert. Auch das ist natürlich Teil eines cleveren Spiels auf der Skandal-Klaviatur, ein weiteres rotes Tuch für die Konservativen. Die sind in ihrer Moral immerhin so flexibel, dass sich ihr Hass gegen Daniels richtet und nicht gegen den mutmaßlich ehebrechenden Präsidenten.

Stormy Daniels auf dem Weg zu einem Strip-Auftritt (Bild: Stephanie Strasburg/Pittsburgh Post-Gazette via AP)
Stormy Daniels auf dem Weg zu einem Strip-Auftritt (Bild: Stephanie Strasburg/Pittsburgh Post-Gazette via AP)

Wie so oft im Fall Trumps fokussiert sich alles auf die Schlagzeilen, je unappetitlicher, desto besser. Das mediale Karussell, das Trump so gut und gerne zu bedienen weiß wie kaum ein anderer, dreht immer schnellere Kreise. In Stormy Daniels hat Trump jetzt allerdings seine Meisterin gefunden, denn die weiß durchaus auch, wie sie die Medienaufregung zu ihren Gunsten gestalten kann. Selbst auf Twitter kann sie ihm Paroli bieten.

Und je mehr Details Daniels und ihr Team bereit sind zu enthüllen, desto aufgeheizter wird die Berichterstattung. Die Affäre soll sich 2006 nach einem Golfturnier abgespielt haben, nur wenige Wochen, nachdem Melania den gemeinsamen Sohn Barron zur Welt brachte. Da stöhnte das konservative Herz der USA natürlich besonders laut auf. In “Penthouse” folgten jetzt einmal mehr Inneneinsichten aus dem Schlafzimmer des Präsidenten.

Aufregung fast verwunderlich

Um noch einmal klar zu stellen: Es geht hier nicht um eine #MeToo-Debatte. Die angebliche Affäre zwischen beiden, moralisch je nach Gusto zu beurteilen, soll in beiderseitigem Einvernehmen stattgefunden haben. Daran lässt auch Daniels keinen Zweifel. Man könnte Trump und seinen Äußerungen zu Frauen in vielerlei Hinsicht auf den Zahn fühlen, es wäre vermutlich die wichtigere Debatte. Der aktuelle Eklat aber tänzelt eher um die staatstragenden Aspekte eines Welt-Leaders, um die verkorkste Vorstellung von Moral und wie sie sich gewinnbringend ausspielen lässt. Da der twitterfreudige Präsident in Sachen Vorbild ohnehin nicht viel hergibt, ist die Aufregung über den neuerlichen Skandal fast ein bisschen verwunderlich.

Dass ausgerechnet diese Affäre Trump gefährden könnte, wirkt direkt überraschend (Bild: AP Photo/Evan Vucci)
Dass ausgerechnet diese Affäre Trump gefährden könnte, wirkt direkt überraschend (Bild: AP Photo/Evan Vucci)

Rechtlich gesehen geht es – wie einst bei Bill Clinton und seiner Monica-Lewinsky-Affäre – darum, ob Trump gelogen hat und ob in seinem Fall Wahlkampfgelder als Schweigegeld gezahlt wurden. Deshalb durchsuchte das FBI auch die Büroräume des Trump-Anwaltes Michael Cohen. Es hilft nicht, dass sich Trumps PR-Team gewohnt desolat präsentiert und sich gegenseitig widerspricht. Und dann gibt es da noch die Sache mit der angeblichen Drohung, die laut Daniels wie in einem schlechten Mafia-Film auf einem Parkplatz in Las Vegas gegen sie ausgesprochen wurde, nachdem sie mit der Geschichte 2011 zum ersten Mal an die Öffentlichkeit gegangen war.

Es ist bezeichnend für die neue Trump-Welt, dass ausgerechnet dieser Skandal, der alle Anteile eines Groschenromanes hat, zu einem Fallstrick werden könnte. Sollte das tatsächlich passieren, wäre der Medienrummel, den Daniels so geschickt für sich einzusetzen weiß, nur die Konsequenz einer schonungslos nach Eklats hechelnden Welt, die Trump selbst mit erschaffen hat.