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Der sanfte Gegenpol zum US-Präsidenten? Wie Ivanka die "Trump-Karte" ausspielt

Ivanka Trump wirkt im Umgang mit den Medien wesentlich souveräner als ihr Vater (Bild: AP Photo/Elise Amendola)
Ivanka Trump wirkt im Umgang mit den Medien wesentlich souveräner als ihr Vater (Bild: AP Photo/Elise Amendola)

Ivanka, die populäre Tochter Donald Trumps, ist vielleicht die schillerndste und am schwierigsten zu fassende Person im Gefolge des US-Präsidenten. Einerseits bildet sie mit ihrem Ehemann Jared Kushner eine verschworene Einheit, die durchaus in der Lage zu sein scheint, die US-Politik hinter den Kulissen maßgeblich mit zu prägen.

Andererseits ist sie in der Öffentlichkeit eine Art Gegenpol zu ihrem Vater. Eine junge, gut ausgebildete Frau, die in Interviews eloquent antwortet, sich selbst als Feministin bezeichnet und sich auch immer mal wieder gegen ihren Vater positioniert. Das war zum Beispiel der Fall, als sie sich jüngst auf einer Veranstaltung des Politik-Portals “Axios” in Washington mit klaren Worten gegen die Trennung von Eltern und Kindern stellte, die ihr Vater mit seinem Dekret zur mexikanischen Grenze hatte durchsetzen lassen.

Gegen Familientrennung, aber für Abschreckung?

Rund 2500 Kinder wurden auf der Basis dieser “Zero Tolerance”-Politik von ihren Eltern weggenommen und in separaten Lagern eingesperrt, bevor Trump selbst nach scharfen Protesten dem Vorgehen per Erlass ein Ende bereitete. Bis heute sind noch nicht alle Familien wieder zusammengeführt worden. Für Ivanka ein “Tiefpunkt” in der amerikanischen Politik.

Dabei lenkte sie fast im selben Atemzug auch wieder relativierend ein und betonte, es sei eben zu verhindern, dass Kinder sich überhaupt auf diese gefährliche Reise machten, wobei sie offen ließ, ob sie eben auch rigide Abschreckungsmethoden gegenüber Einwanderern für legitim hält. Das passt ins Bild der wandelfähigen Ivanka, die sich clever darum windet, auf konkrete Aussagen festgenagelt zu werden.

Ivanka Trump kommt bei vielen Amerikanern deutlich besser an als der Präsident (Bild: AP Photo/Evan Vucci)
Ivanka Trump kommt bei vielen Amerikanern deutlich besser an als der Präsident (Bild: AP Photo/Evan Vucci)

Sich über das Thema der Familientrennung emotional zu empören, gibt natürlich Pluspunkte beim gemäßigten Anteil der Republikaner, die sich in der Regel als konservativ, familienliebend und auf christliche Werte berufend verstehen. So tut sich bei der Rolle Ivankas dann aber direkt die Frage auf: Ist sie vielleicht nur Teil einer cleveren PR-Strategie aus dem Weißen Haus? Symbolisch ein wenig Offenheit demonstrieren, mit Kritik sogar innerhalb der Familie zeigen, dass es sich bei Trump nicht um einen autoritären Diktator handelt – das kann seinem in einem Teil der US-Wählerschaft enorm schlechten Ruf nur dienlich sein.

Wenn die Trump-Frauen dem Familienoberhaupt widersprechen

Da passt es auch ins Bild, dass Ivanka auch im Umgang mit den Medien einen anderen Ton anschlägt, als der Präsident. Sie empfände die Medien nicht als “Feinde des Volkes”, ließ die 36-Jährige auf dem “Axios”-Event wissen. Dieses Statement war ihr allerdings erst auch mehrfaches Nachfragen der Journalisten zu entlocken. Auch First Lady Melania hatte jüngst verlauten lassen, dass sie durchaus gerne den Nachrichtensender CNN schaue, dessen Journalisten ihr Ehemann laufend in Tweets und Reden als Lügner und eben “Volksfeinde” verunglimpft.

Man kann von außen nur rätseln, ob sich hier ein kleiner Aufstand der Frauen im Weißen Haus vollzieht, oder ob es eben eine gewollte Schadensbegrenzung ist, die dem tobenden Emotionsmenschen Donald entgegen gestellt werden soll. In einem Interview mit dem TV-Sender CBS beschrieb Ivanka selbst ihre Rolle so, dass die Öffentlichkeit den Großteil ihres Einflusses auf den Präsidenten niemals erfahren werde. In dieser unspezifischen Darstellung ließ sie geschickt beide Optionen der Interpretation offen.

Zum Einen könnte man nun meinen, sie allein findet Gehör bei ihrem Vater und kann wohlmöglich positiven Einfluss nehmen. Zum Anderen aber ist sie nur die Tochter, die für die Verfehlungen ihres Vaters nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann. Im Herbst 2017 sagte sie einem Reporter: “Ich find es unfair, dass ich dafür kritisiert werde, dass ich die Meinung meines Vaters nicht beeinflussen kann.” Dann ist sie ganz die Präsidententochter, die Daddys Liebling ist und fotogen auf allen diplomatischen Teppichen strahlt. Wann auch immer es um Emotionen geht, wird Ivanka vorgeschickt.

In den Fußstapfen des Vaters

Anderseits kann die “First Daughter” spielend zurück wechseln in ihre Rolle als professionelle Politikberaterin im Weißen Haus mit eigener Meinung, wenn es ihr passt. Denn offiziell ist Ivanka, ebenso wie ihr Mann Jared Kushner, als Beraterin im Weißen Haus angestellt und tritt als solche auch im Ausland auf, beispielsweise beim G20-Gipfel in Hamburg. Die Grenzen zwischen den Rollen der Tochter und der Politikerin verschwimmen dabei oft.

Ein Hauch von Vetternwirtschaft, den sie auch in ihrem persönlichen Berufsweg nicht so recht los werden kann. Denn eigentlich war Ivanka eher im unternehmerischen Rahmen in die Fußstapfen ihres Vaters gestiegen. Am Anfang halfen die Popularität und der Aufstieg ihres Vaters zum mächtigsten Politiker der Welt auch Ivankas Modelabel und die Verkaufszahlen zogen rapide an. Doch die Modemarke musste vor kurzem nach starken finanziellen Einbrüchen eingestellt werden, schon im vergangenen Jahr hatte Ivanke die Führung des Labels abgegeben.

Noch ist unklar, in welche Richtung Ivanka Trumps Ambitionen genau gehen (Bild: Reuters)
Noch ist unklar, in welche Richtung Ivanka Trumps Ambitionen genau gehen (Bild: Reuters)

Da half es nicht gegen den Spott im Netz, dass die Trump-Tochter ihre Kleidung in Asien produzieren ließ, während ihr Vater sich gerne als Retter der amerikanischen Wirtschaft präsentiert und drakonische Einfuhrzölle erließ, um diesen Ruf zu unterstreichen. Ihre eigene Reputation als kontrollierte und kluge Frau steht im direkten Gegensatz zu den Charaktereigenschaften, die Donald Trump zugeschrieben werden. Damit bietet sie den amerikanischen Wählern und Medien auf geschickte Weise eine Projektionsfläche und erlaubt jedem, seine eigene Version von Ivanka zu erstellen.

Wie Ivankas Selbstdarstellung funktioniert

Dabei ist Ivankas Image weniger faktenbasiert, als vielmehr in ihrer Unangreifbarkeit begründet. Ivanka hat es geschafft, ohne sich wirklich politisch positionieren zu müssen, im Kontrast zu Donald Trump als Hoffnungschimmer liberaler Werte im Rahmen der Republikanischen Partei zu erscheinen. Ob ihre Treffen mit Al Gore zum Thema Klimawandel oder ihre Haltung zu “Planned Parenthood” – also reproduktiven Rechten von Frauen: Sie nimmt der Trumpschen Politik oberflächlich die Schärfe. Das hat aber in der politischen Realität keinerlei spürbare Wirkung.

In einem ihrer Bücher, “The Trump Card” schrieb Ivanka schon 2009 haargenau auf, wie sie ihre Selbstdarstellung gezielt für ihre Zwecke einsetzt: “Außenwahrnehmung ist wichtiger als die Realität. Wenn jemand etwas als wahr annimmt, ist es wichtiger, als wenn es wirklich die Wahrheit ist. Also bemüh dich nicht extra, einen falschen Eindruck zu korrigieren, wenn er dir in die Karten spielt.” Es ist dieser Grundsatz, auf dem Ivanka Trump bis heute ihr politisches Spiel aufbaut.