Deshalb hilft Abstand halten: Experiment zeigt, wie sich Atemluft beim Husten verbreitet

Die Bauhaus Universität Weimar hat in einem Experiment Atemluft sichtbar gemacht. Somit wird leicht verständlich, wieso jeder und jede in die eigene Armbeuge husten sollte, um das neuartige Coronavirus nicht unnötig zu verbreiten.

Die WHO empfiehlt, in die Armbeuge zu husten oder zu niesen. (Symbolbild: gettyimages / agrobacter)
Die WHO empfiehlt, in die Armbeuge zu husten oder zu niesen. (Symbolbild: gettyimages / agrobacter)

Das neuartige Coronavirus SARS-Cov-2 vermehrt sich am Anfang einer Infektion stark im Rachenraum. Beim Ausatmen, Sprechen oder Husten kann es deshalb in die Luft gelangen und andere anstecken. Weil das Virus schon rund zwei Tage vor den ersten Krankheits-Symptomen in großer Zahl vorhanden sein kann – man weiß also selbst noch nicht, dass man infektiös ist – empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Abstand zu anderen Menschen zu halten und in die eigene Armbeuge zu husten.

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Falls Sie sich fragen, welchen Unterschied es macht, in die eigene Armbeuge zu husten anstatt ungeschützt in den Raum hinein – dann hat die Bauhaus Universität Weimar genau das richtige Experiment parat: Forschende aus dem Bereich Bauphysik haben vor kurzem ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie sich Atemluft im Raum ausbreitet. Und damit anschaulich gemacht, wie wichtig es ist, sich an die Vorgaben der WHO zu halten, um aktiv mitzuhelfen, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.

Nicht in die Hand, sondern in die Armbeuge

In dem Video ist die Silhouette eines Mannes zu sehen, zunächst atmet er normal. Wie Kälte im Winter den warmen Atem dampfend sichtbar macht, ist auch hier ein Luftstrom zu sehen, der seinem Mund entweicht. Er strömt geradewegs in den Raum hinein und breitet sich dabei schlierenartig aus. Dann beginnt der Mann zu husten, ohne Schutzvorkehrung. Die Luft schießt strahlenförmig aus seinem Mund und überwindet eine große Distanz. Dazu wird Conrad Völker, Leiter der Professur Bauphysik, auf der Uni-Webseite zitiert: „Besonders beim Husten ohne Schutz vor dem Mund wird deutlich, wie stark sich die Atemluft im Raum ausbreitet.“

Abstand halten! – Wie sich Atemluft beim Husten verbreitet. Ein Experiment der Professur Bauphysik. from Bauhaus-Universität Weimar on Vimeo.

Beim nächsten Husten hält sich der Mann im Experiment die Hand vor den Mund. Das verhindert nicht die Ausbreitung im Raum. Im Gegenteil: Dadurch nimmt die Atemwolke ein größeres Volumen ein, weil sie an der Hand gestreut wird und nach oben und unten strahlt.

Wie gut helfen OP-Maske und Staubmaske?

Wer hingegen in die eigene Armbeuge hustet, hindert die Atemluft daran, sich im Raum zu verteilen. Das zeigt das Video als nächstes. Deshalb empfiehlt die WHO, stets so zu husten. Einerseits, um den Mund möglichst dicht abzudecken und damit zu verhindern, dass sich Erreger mit der Atemluft im Raum verteilen. Andererseits, um die eigenen Hände nicht zu kontaminieren. Völker erklärt die beste Technik: „Am besten mit der Armbeuge, auch um die Hände sauber zu halten und mögliche Viren oder andere Krankheitserreger nicht über Körperkontakt oder Oberflächen weiterzutragen.“

Das Schlierenverfahren ist eine Methode zur Visualisierung und Messung von Raumluftströmungen. Bei diesem Verfahren werden Schwankungen des Brechungsindexes der Luft visualisiert, wodurch beispielsweise thermische Konvektionsbewegungen sichtbar gemacht werden können. Foto: Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Amayu Wakoya Gena
Das Schlierenverfahren ist eine Methode zur Visualisierung und Messung von Raumluftströmungen. Bei diesem Verfahren werden Schwankungen des Brechungsindexes der Luft visualisiert, wodurch beispielsweise thermische Konvektionsbewegungen sichtbar gemacht werden können. Foto: Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Amayu Wakoya Gena

Zuletzt zeigt das Video der Bauhaus Universität Weimar, wie eine Staubmaske und eine medizinische Mund-Nasen-Schutzmaske (OP-Maske) helfen können. Die Staubmaske hat dabei ein Atemventil. Das erleichtert das Ausatmen, hat aber auch zur Folge, dass Atemluft relativ weit in den Raum strahlt. Die OP-Maske zuletzt lässt die Atemluft sehr langsam hindurch, dadurch verteilt sie sich kaum noch. Dennoch ist auch dadurch kein hundertprozentiger Schutz für andere vor einer Tröpfcheninfektion gegeben.

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Es gibt nur vier Großschlieren-Systeme weltweit

Erdacht hat das Experiment Amayu Wakoya Gena. Er nutzt einen sogenannten Schlierenspiegel, um Raumluftströmungen sichtbar und messbar zu machen. Das ist ein konkaver und extrem fein geschliffener Spiegel mit rund einem Meter Durchmesser. Er kann selbst kleinste Luftströmungen sichtbar machen. Völker sagt: „Das Prinzip ist ähnlich wie bei einer überhitzten Straße im Sommer, wenn die Luft über dem Asphalt flimmert.“

Im Wesentlichen besteht das System aus einem Spiegel mit der Präzision eines astronomischen Teleskops, einer Lichtquelle sowie einer hochauflösenden Kamera. Foto: Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Amayu Wakoya Gena
Im Wesentlichen besteht das System aus einem Spiegel mit der Präzision eines astronomischen Teleskops, einer Lichtquelle sowie einer hochauflösenden Kamera. Foto: Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Amayu Wakoya Gena

Wie aufgeheizte Luft über dem Asphalt, hat die warme und feuchte Atemluft eine andere Dichte als die kühlere Raumluft. Diese Dichteunterschiede, so steht es auf der Uni-Webseite, führten dann zu einer Ablenkung des Lichtes, was als dunkle Flecken in einem Foto oder Videobild sichtbar werde. Für das bloße Auge seien die Dichteunterschiede zu gering, nicht aber durch den Blick eines Schlierenspiegels. Weltweit existieren derzeit nur vier solcher Großschlieren-Systeme.

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