Deshalb ist der Pulitzer-Preis für Kendrick Lamar so bedeutend

Kendrick Lamar gilt als der vielleicht wichtigste Künstler unserer Zeit. (Bild: Reuters)
Kendrick Lamar gilt als der vielleicht wichtigste Künstler unserer Zeit. (Bild: Reuters)

Es ist eine unorthodoxe Auszeichnung: Der Pulitzer-Preis an den Rapper Kendrick Lamar bricht mit der Tradition, lediglich Jazz- und Klassikinterpreten zu würdigen. Mit diesem Experiment haben die Juroren nicht nur den Künstler der Stunde geehrt, sondern auch an eine wichtige Debatte erinnert.

Er wird von seinen Fans wie ein Messias verehrt, seine Konzerte gleichen Gottesdiensten. Wenn Kendrick Lamar in kunstvoll arrangierten Rapsongs von Liebe, Leben, Tod und Angst erzählt, dann sprengt das sämtliche Genre-Grenzen und verzückt gleichermaßen Publikum wie Kritiker.

Offiziell wurde Lamar für sein aktuelles Album „DAMN.“ ausgezeichnet. Dies sei eine „virtuose Liedersammlung, vereint von seiner umgangssprachlichen Authentizität und rhythmischen Dynamik“, wie es in der Begründung heißt. Es biete „eindringliche Momentaufnahmen, die die Komplexität des modernen afro-amerikanischen Lebens einfangen“.

Das „moderne afro-amerikanische Leben“? Das bedeutet im 21. Jahrhundert oft noch immer: Unterdrückung, Polizeigewalt, Armut, Ausweg- und Hoffnungslosigkeit. All das besingt Lamar in seinen poetischen Tracks. All das führte aber ebenso zur „Black Lives Matter“-Bewegung, bei der schwarze Amerikaner fast sechs Jahrzehnte nach Aufhebung der Rassengesetze noch immer um Gleichberechtigung ringen müssen.

Kendrick Lamar wurde bereits 12 Mal mit dem Grammy ausgezeichnet. (Bild: Getty Images)
Kendrick Lamar wurde bereits 12 Mal mit dem Grammy ausgezeichnet. (Bild: Getty Images)

Mit der Würdigung von Kendrick Lamar setzt das Komitee des renommierten Pulitzer-Preises ein starkes gesellschaftspolitisches Signal. In einer Zeit, in der Spannungen in den USA zunehmen und die Bevölkerung so polarisiert wirkt wie selten zuvor, ist der gläubige Christ Lamar so etwas wie das Sprachrohr jener Menschen, die fernab von Washington, Hollywood sowie den Reichen und Schönen auf Instagram tagtäglich um ihr Überleben kämpfen.

In der Musikwelt geschieht es nicht gerade häufig, dass eine Liedersammlung den politischen und gesellschaftlichen Zeitgeist derart widerspiegelt wie Kendrick Lamars Album „DAMN.“ Es ist bereits mehr als ein halbes Jahrhundert her, als Bob Dylan dies Anfang der 60er Jahre mit den beiden Platten „The Freewheelin’ Bob Dylan“ und „The Times They Are A-Changin’“ gelang. Auch damals ging es unter anderem um Rassentrennung.

Kendrick Lamar ist der Bob Dylan unserer Zeit. Meisterhaftes Geschichtenerzählen. Hört euch das an, es wird euch beleben. Und wie aus dem Nichts hat sich Musik damit grundlegend verändert.

Der Pulitzer, der eigentlich ein Journalistenpreis ist, zeichnet alljährlich auch Künstler in den Kategorien Literatur, Theater und Musik aus. Noch nie in der 102-jährigen Geschichte des Preises wurde ein Künstler der Populärmusik geehrt. Die Würdigung von Lamar stellt damit eine ähnliche Zäsur dar wie die Vergabe des Literaturnobelpreises an Bob Dylan im Jahr 2016.

Wer sonst noch ausgezeichnet wurde seht ihr im Video: