Dessous-Label kritisiert “Victoria’s Secret” in einem offenen Brief

“Victoria’s Secret” musste bisher viel Kritik einstecken. (Bild: Getty Images)
“Victoria’s Secret” musste bisher viel Kritik einstecken. (Bild: Getty Images)

Seine Worte sorgen noch immer für Wirbel: Vor wenigen Tagen hatte Ed Razek, Chief Marketing Officer von “Victoria’s Secret”, mit einem Kommentar eine hitzige Debatte losgetreten. Jetzt meldete sich ein Lingerie-Label zu Wort und verurteilte die Äußerungen von Razek!

Zur Erinnerung: Ed Razek, der seit rund 15 Jahren entscheidet, welches Model über den Engel-Catwalk von Victoria’s Secret schweben darf, hatte im Interview mit “Vogue” gesagt, dass das Unternehmen bereits im Jahr 2000 versucht habe, ein Plus-Size-Special fürs Fernsehen zu machen. Laut Razek gab es daran kein öffentliches Interesse. Auch zu dem Thema Transgender-Models auf seinem Laufsteg hatte er eine klare Meinung: “Sollten wir Transgender-Models in der Show haben? Nein. Nein, ich finde wir sollten das nicht. Warum? Weil die Show eine Fantasie ist.”

Ed Razek steht seit Tagen wegen seines “Vogue”-Interviews in der Kritik. (Bild: Getty Images)
Ed Razek steht seit Tagen wegen seines “Vogue”-Interviews in der Kritik. (Bild: Getty Images)

In einem offenen Brief, der in der Sonntagsausgabe der “New York Times” veröffentlicht wurde, machte Heidi Zak, Co-CEO des Lingerie-Unternehmens “ThirdLove” ihrer Enttäuschung über Razeks Blick auf Frauen deutlich.

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New York Times Sunday, full page letter from @heidi to @victoriassecret – Dear Victoria’s Secret, I was appalled when I saw the demeaning comments about women your Chief Marketing Officer, Ed Razek, made to Vogue last week. As hard as it is to believe, he said the following: “We attempted to do a television special for plus-sizes [in 2000]. No one had any interest in it, still don’t.” “It’s like, why doesn’t your show do this? Shouldn’t you have transsexuals in the show? No. No, I don’t think we should. Well, why not? Because the show is a fantasy.” I’ve read and re-read the interview at least 20 times, and each time I read it I’m even angrier. How in 2018 can the CMO of any public company — let alone one that claims to be for women — make such shocking, derogatory statements? You market to men and sell a male fantasy to women. But at ThirdLove, we think beyond, as you said, a “42-minute entertainment special.” Your show may be a “fantasy” but we live in reality. Our reality is that women wear bras in real life as they go to work, breastfeed their children, play sports, care for ailing parents, and serve their country. Haven’t we moved beyond outdated ideas of femininity and gender roles? It’s time to stop telling women what makes them sexy — let us decide. We’re done with pretending certain sizes don’t exist or aren’t important enough to serve. And please stop insisting that inclusivity is a trend. I founded ThirdLove five years ago because it was time to create a better option. ThirdLove is the antithesis of Victoria’s Secret. We believe the future is building a brand for every woman, regardless of her shape, size, age, ethnicity, gender identity, or sexual orientation. This shouldn’t be seen as groundbreaking, it should be the norm. Let’s listen to women. Let’s respect their intelligence. Let’s exceed their expectations. Let women define themselves. As you said Ed, “We’re nobody’s ThirdLove, we’re their first love.” We are flattered for the mention, but let me be clear: we may not have been a woman’s first love but we will be her last. To all women everywhere, we see you, and we hear you. Your reality is enough. To each, her own. -Heidi @heidi

A post shared by ThirdLove (@thirdlove) on Nov 18, 2018 at 11:04am PST

“New York Times Sunday, offener Brief von Heidi Zak an Victoria’s Secret […]”

“Ich war entsetzt, als ich letzte Woche die ernüchternden Kommentare gesehen habe, die ihr Chief-Marketing-Officer, Ed Razek, gegenüber ‘Vogue’ über Frauen abgegeben hat”, schrieb Zak. Den Inhalt des Schreibens teilte ThirdLove auch auf dem Firmen-Instagram-Account.

“Sie verkaufen eine männliche Fantasie an Frauen”

Zak fragte in ihrem emotionalen Brief weiter, wie es sein könne, dass ein CMO eines öffentlichen Unternehmens – vor allem eines, das für Frauen bestimmt sei – im Jahr 2018 solche schockierenden und abfälligen Aussagen machen könne. “Sie vermarkten an Männer und verkaufen eine männliche Fantasie an Frauen”, war ihre Erkenntnis. ThirdLove denke im Gegensatz zu Victoria’s Secret über ein “42-minütiges Unterhaltungs-Special” hinaus – ein weiterer Seitenhieb gegen das Dessous-Imperium. ThirdLove sei zwar in der Show eine Fantasie – lebe aber in der Wirklichkeit.

Frauen sollen selbst entscheiden, was sexy ist

In ihrem Schreiben verdeutlichte Zak die Firmenphilosophie von ThirdLove: “Unsere Realität ist, dass Frauen im wirklichen Leben BHs tragen, wenn sie zur Arbeit gehen, ihre Kinder stillen, Sport treiben, für ihre kranken Eltern sorgen und ihrem Land dienen. Sind wir nicht über veraltete Vorstellungen von Weiblichkeit und Geschlechterrollen hinweg? Es ist an der Zeit, Frauen nicht mehr zu sagen, was sie sexy macht – lasst es uns selbst entscheiden!”

Zak kritisierte ebenfalls, dass die Engel-Marke vorgebe, welche Größen existieren und welche nicht. Sie habe deshalb vor fünf Jahren ThirdLove gegründet: “Als Anti-These zu Victoria’s Secret” und als “bessere Option” für alle Frauen.

Nachricht an alle Frauen

“Wir glauben, dass die Zukunft für jede Frau eine Marke aufbaut, unabhängig von ihrer Form, Größe, Alter, ethnischen Zugehörigkeit, Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung. Dies sollte nicht als wegweisend angesehen werden, es sollte die Norm sein”, forderte die Gründerin weiter. Sie wisse, dass ThirdLove vielleicht nicht die erste Liebe jeder Frau sei: “Aber wir werden ihre letzte sein.” Zak richtete sich auch direkt an alle Frauen: “Wir sehen euch und wir hören euch. Eure Realität ist genug.”

Nicht die erste Kritik an Victoria’s Secret

In den vergangenen Tagen prasselte viel negative Kritik auf Victoria’s Secret ein. Bloggerin Sarah Nicole setzt sich auf ihrem Blog “The Birds Papaya” für Selbstliebe und Vielfalt ein – Dinge, die sie bei der Show von den durchtrainierten und makellosen Engeln vermisste. Unter dem Hashtag #EveryWomanIsAnAngel (zu Deutsch: Jede Frau ist ein Engel) verlieh sie sich mit einem Bildbearbeitungsprogramm ihre eigenen Flügel. Diesem Beispiel folgten mittlerweile tausende Frauen.

“Es ist okay, VS. Ich brauche euren Laufsteg nicht. Ich brauche es, meinen Körper zu lieben. Ich brauche es, andere daran zu erinnern, ihren zu lieben. Eure Fantasie ist nicht meine Fantasie. Und mein Geld wird nicht euer Geld sein. Alle Frauen sind Engel. Wir verdienen alle Flügel. #EveryWomanIsAnAngel”

Auch Robyn Lawley hatte genug von dem unrealistischen Körperbild der Engel. Kurzerhand rief sie eine Gegenveranstaltung zur berühmten “Victoria’s Secret”-Fashion-Show ins Leben. Gemeinsam mit der britischen Plus-Size-Modekette “Simply Be” veranstaltete sie ihre ganz eigene Fashion-Show – und die feierte die Schönheit der Frauen in allen Formen und Größen.

“Für den Fall, dass ihr unsere Engel vergessen habt: Hier sind sie in voller Kraft. #morethanourbodies (zu Deutsch: Mehr als unsere Körper)”