Deutsche CEOs senden Warnbrief an Ursula von der Leyen: "Europäische Wettbewerbsfähigkeit steht auf dem Spiel"

Ursula von der Leyen hat am Dienstag einen Brandbrief mehrerer Top-Manager überreicht bekommen. - Copyright: Getty Images / Johannes Simon, Bim, Collage: Business Insider
Ursula von der Leyen hat am Dienstag einen Brandbrief mehrerer Top-Manager überreicht bekommen. - Copyright: Getty Images / Johannes Simon, Bim, Collage: Business Insider

Deutsche Industrie-Chefs und ihre europäischen Kollegen haben am Dienstag eine dringende Warnung an die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesendet. In einem offenen Brief an die Kommissionspräsidentin warnen sie, dass der Industriestandort Europa seine Wettbewerbsfähigkeit verlieren werde – wenn Europa nicht schleunigst mehr in die Digitalisierung investiere.

Die Absender des Brandbriefes, der Business Insider vorliegt, sitzen in der Führungsetage Deutschlands größter Unternehmen. Zu ihnen gehören unter anderem: Eon-Geschäftsführer Leonhard Birnbaum, Bahn-Chef Richard Lutz, SAP-Chef Christian Klein, RWE-Vorstandsvorsitzender Markus Krebber und Siemens-Präsident Roland Busch. Doch auch Top-Manager europäischer Unternehmen, wie Capgemini, Renault, Ericsson und Nokia, gehören zu den Unterzeichnern.

Das fordern die Wirtschafts-Bosse von der EU

"Die europäische Wettbewerbsfähigkeit steht auf dem Spiel", schreiben die Industrie-Chefs in dem Brief an von der Leyen. Es sei dringend notwendig, "jetzt zu handeln und die Zukunft der europäischen digitalen Infrastruktur zu gestalten". Nur mit einem hohen Maß an Investitionen und angemessenen politischen Rahmenbedingungen könnten alle Branchen global wettbewerbsfähig bleiben, so die Manager weiter. "Als europäische Industrie brauchen wir eine verstärkte Zusammenarbeit und Investitionen in vertrauenswürdige, sichere, widerstandsfähige und qualitativ hochwertige Konnektivität sowie in die Computerinfrastruktur."

Besonders heben die Unterzeichner dabei die Investitionen in Netze, wie beispielsweise das 5G-Netz, hervor. "Technologien wie 5G (in Zukunft 6G), IoT, Web3.0, Edge-Cloud-Computing oder KI werden völlig neue wirtschaftliche Möglichkeiten schaffen. Der Einsatz dieser Technologien hängt natürlich von den Netzen ab, die neue Möglichkeiten wie eine höhere Rechenleistung oder andere Latenzzeiten bieten werden", wird der ehemaligen Ministerpräsidenten Italiens, Enrico Letta, zitiert.

Enrico Letta bei der Präsentation seines Reports im April 2024 in Brüssel. - Copyright: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Harry Nakos
Enrico Letta bei der Präsentation seines Reports im April 2024 in Brüssel. - Copyright: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Harry Nakos

Letta hatte im April den "Letta-Report" zur Stärkung der europäischen Wirtschaft präsentiert. Dort hatte er festgestellt, dass "die mangelnde Integration in den Sektoren Finanzen, Energie und elektronische Kommunikation ein Hauptgrund für die abnehmende Wettbewerbsfähigkeit Europas ist".

Europa fällt im internationalen Vergleich zurück

Der Brief an von der Leyen kommt nur einen Tag nachdem der frühere Chef der Europäischen Zentralbank und ehemalige Ministerpräsident Italiens, Mario Draghi, die EU zur Erstellung einer neuen Industriestrategie aufrief. Draghi verlangte am vergangenen Montag, dass die EU hierfür ordentlich Geld in die Hand nehme – und neue Schulden mache. Diese seien laut ihm nötig "zur Finanzierung gemeinsamer Investitionsprojekte, die die Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit der EU erhöhen". Dafür müsse die EU mindestens 750 bis 800 Milliarden jährlich in die Hand nehmen.

Draghi bemängelte ebenfalls den europäischen Investitionsrückstand im Bereich 5G. Dort habe die USA pro Kopf doppelt so viel Geld ausgegeben, wie Europa. Einen ähnlichen Kritikpunkt hatte kürzlich auch Jenny Lindqvist, die Europa-Chefin von Ericsson, im Gespräch mit Business Insider geäußert. Auch sie warnte, dass Europa in seine Netze investieren müsse, um die Wettbewerbsfähigkeit zu schützen.