NFL-Hoffnung Ezeala: "Krass, dass Trump so etwas sagt"

Christopher Ezeala geht in seine zweite Saison bei den Baltimore Ravens.

Nachdem der 23-Jährige im Vorjahr in der Practice Squad trainierte, peilt er in diesem Jahr einen Platz im finalen 53-Mann-Kader der Ravens an. Dabei helfen soll neben dem International Pathway Programm auch seine Vielseitigkeit. Coach John Harbaugh hat viel mit dem Deutschen vor.

Im SPORT1-Interview spricht der Fullback über seine Erfahrungen in der NFL, seine besten Freunde bei den Ravens, das Training mit Quarterback-Phänomen Lamar Jackson - und ein kritisches Zitat von US-Präsident Donald Trump.

SPORT1: Herr Ezeala, Sie haben im vergangenen Jahr im SPORT1-Interview erklärt, wie hart es ist, das gesamte Playbook eines NFL-Teams einzustudieren. Inwiefern helfen Ihre Erfahrungen aus einem Jahr NFL dabei?

Christopher Ezeala: Es fällt mir alles viel leichter, ich verstehe viel mehr. Ich habe jetzt ein Jahr mehr Wissen, ich verstehe den Sport jetzt viel besser. Es macht alles viel mehr Sinn, weil ich weiß, wie ich spielen muss und wie ich mich in welcher Situation verhalten muss. Aber natürlich habe ich noch einen weiten Weg vor mir.

SPORT1: Was hat Sie am meisten in der NFL überrascht?

Ezeala:(lacht) Der Speed! Einfach, wie schnell alles geht. Und wie detailliert alles ist.

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SPORT1: Was müssen Sie im Hinblick auf Football noch am meisten verbessern?

Ezeala: Ich muss die Fronts noch besser erkennen, also sehen und lesen, was die Defense macht. Das ändert sich in jedem Play und manchmal bekommt man vom Gegner absichtlich einen falschen Look serviert - und erst, wenn der Snap passiert, geht die Defense in die richtige Formation. Das passiert alles innerhalb von Sekunden - und du musst im Kopf im Sekundentakt umschalten können und wissen, was jetzt zu tun ist. Ich werde das schaffen, aber das geht nur mit Training, Training, Training.

Ezeala traut sich Ironman-Football zu

SPORT1: Bei den Baltimore Ravens hat sich viel verändert, die Quarterbacks Joe Flacco (2018) und Lamar Jackson (2019) sind sehr unterschiedliche Typen. Was bedeutet das für Sie persönlich?

Ezeala: Also erstmal muss ich sagen: Ich liebe Lamar Jackson! Ansonsten bekommt man gar nicht so viel mit. Lamar ist halt ein jüngerer Quarterback, er strotzt nur so vor Energie. Er ist ein richtiger Super-Spieler, der Football liebt und auch ein guter Leader ist. Er macht die Plays, wenn er sie machen soll. Klar braucht er noch Erfahrung, aber im Vergleich zum letzten Jahr ist er viel stärker.

SPORT1: Coach John Harbaugh hat erklärt, dass Sie neben Fullback auch als Linebacker trainieren und hofft, dass Sie in Zukunft in den Special Teams spielen können. Würden Sie sich denn Ironman-Football zutrauen, also in Offense und Defense zu spielen?

Ezeala: Oh ja, auf jeden Fall! Hier heißt es 'the more you can do'. Ich mache alles, um zu spielen. Dieses Jahr möchte ich auf dem Feld stehen, dafür gebe ich alles.

SPORT1: Über mehrere Positionen und die Special Teams erhöhen Sie ja auch ihre Chancen auf einen Platz im finalen Roster...

Ezeala: Genau.

SPORT1: Über das Pathway-Programm wären Sie in diesem Jahr auf dem Practice Squad auch noch sicher...

Ezeala: Darauf konzentriere ich mich überhaupt nicht. Ich will es ins echte Team schaffen und meinen Platz im 53er-Kader bekommen. Meine Motivation ist es, zu spielen. Das Pathway-Programm ist super - aber daran denke ich momentan gar nicht.

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"Ich kann hier mithalten"

SPORT1: Wie sehen Sie ihre Chancen, es in den finalen 53-Mann-Kader zu schaffen?

Ezeala: Ganz ehrlich? Ich weiß es überhaupt nicht, weil ich mich aber auch total auf mich konzentriere. Ich bin ein guter Athlet. Ich muss nur daran arbeiten, auch die kleinsten Details zu verinnerlichen. Natürlich habe ich eine Chance. Ich kann hier mithalten, das sieht das Team auch. Jetzt muss ich in den Preseason-Spielen zeigen, dass ich es draufhabe.

SPORT1: In einem Interview haben Sie einmal erzählt, dass Sie viel mit der Psychologin der Ravens gesprochen haben. Inwiefern konnte sie Ihnen weiterhelfen?

Ezeala: Auf jeden Fall sehr! Das hilft mir, mental stark zu sein. Wenn man auf dem Feld steht, ist es eine große Hilfe, nicht an negative Dinge zu denken.

SPORT1: Haben Sie sich in Baltimore bereits eingelebt? Was unternehmen Sie in Ihrer Freizeit und mit Ihren Teamkollegen?

Ezeala: Jetzt im Trainingslager mache ich gar nichts. Aber wenn ein bisschen mehr Zeit ist unter der regulären Saison, gehe ich natürlich raus und mache Sachen mit Teamkollegen und Freunden. Ich versuche auch, die Stadt und ihre Geschichte kennenzulernen. Das ist wichtig. Denn wir spielen für die Stadt. Darum will ich viel über Baltimore wissen.

SPORT1: Zu wem haben Sie im Team ein besonders gutes Verhältnis?

Ezeala: Das sind zu viele Leute, um alle aufzuzählen. Mark Ingram und ich sind Kumpels, mit Lamar Jackson verstehe ich mich gut. Kaare Vedvik und ich hängen viel ab, auch mit Gus Edwards und vielen anderen mache ich einiges. Gerade wenn man letztes Jahr schon zusammen gespielt oder trainiert hat, gibt es da natürlich noch eine Verbindung. Aber was man nicht vergessen darf: Es ist alles ein Business. Ja, man hat Freunde, aber man konzentriert sich natürlich auf das Spiel.

Ezeala: "Die Bürger in Baltimore lieben uns"

SPORT1: Coach Harbaugh spricht Deutsch. Wie oft nutzen Sie diesen Vorteil?

Ezeala: Wir haben ein paar Mal Deutsch gesprochen, das war witzig. Er sagt aus Spaß mal ein paar Sachen oder ich ihm.

SPORT1: Haben Sie Kontakt zu anderen Deutschen in der NFL?

Ezeala: Ja schon zu ein paar. Jakob Johnson (New England Patriots, Anm. d. Red.) und ich reden hin und wieder. Wenn er Fragen hat, meldet er sich. Mit Moritz (Böhringer, Cincinnati Bengals Anm. d. Red.) habe ich durch das Pathway-Programm Kontakt. Mark Nzeocha mag ich auch sehr gerne, auch wenn wir noch nicht so viel Kontakt haben.

SPORT1: US-Präsident Donald Trump hat sich ziemlich über Baltimore ausgelassen. Was sagen Sie dazu? War das auch ein Thema im Team?

Ezeala: Zu Trump enthalte ich mich. Baltimore hat schon Ecken, die man am besten meiden sollte. Aber: Die Bürger lieben uns, sie lieben die Ravens. Wir bekommen von ihnen so viel Liebe und Support, auch darum liebe ich die Stadt so. Wir fanden das einfach krass, dass Trump so etwas sagt. Es gibt im Team ja auch Jungs, die aus Baltimore stammen.