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"Im deutschen Fernsehen gibt es zu wenige lesbische Frauen"

Irina Schlauch hofft, junge Menschen durch "Princess Charming" ermutigen zu können, zu sich selbst zu stehen: "Gerade bei jungen Frauen, die in ihrer sexuellen Orientierungsphase sind, ist Repräsentation so wichtig." (Bild: TVNOW / René Lohse)
Irina Schlauch hofft, junge Menschen durch "Princess Charming" ermutigen zu können, zu sich selbst zu stehen: "Gerade bei jungen Frauen, die in ihrer sexuellen Orientierungsphase sind, ist Repräsentation so wichtig." (Bild: TVNOW / René Lohse)

In der weltweit ersten lesbischen Datingshow sucht Irina Schlauch bei "Princess Charming" nach der Partnerin fürs Leben. Im Interview stellt sich die 30-Jährige vor.

Mit der Gay-Datingshow "Prince Charming" landete TVNOW einen Volltreffer und sicherte sich einen Grimme-Preis. Anknüpfend an diesen Erfolg startet am Dienstag, 25. Mai, beim RTL-Streamingdienst TVNOW das Spin-off der Erfolgsshow, "Princess Charming". Wie der Name erahnen lässt, handelt es sich um eine lesbische Datingshow - die erste weltweit, wie RTL nicht ohne Stolz verlauten ließ. Im Mittelpunkt der Sendung steht die Kölner Rechtsanwältin Irina Schlauch, die unter 20 bindungswilligen Kandidatinnen nach einer potenziellen Partnerin Ausschau halten wird.

teleschau: Der "Bachelor" verteilt seit jeher Rosen, bei "Prince Charming" gibt es Krawatten für die Kandidaten. Mit welcher Geste schicken Sie die Frauen in die nächste Runde?

Irina Schlauch: Das ist eine Überraschung. Aber so viel kann ich verraten: Es sind keine Rosen und keine Krawatten. Und auch keine Wohnungsschlüssel! (lacht) Das habe ich vor Kurzem in einem Kommentar gelesen. Es gibt ja das Klischee, dass lesbische Frauen immer sofort nach dem ersten oder zweiten Date zusammenziehen. Was das angeht: Nein, ich verteile auch nicht meinen Wohnungsschlüssel.

teleschau: Wie war es für Sie, als Sie erfahren haben, dass Sie die "Princess Charming" werden?

Schlauch: Ich war von Beginn an großer Fan von "Prince Charming", das hat mich emotional immer total mitgerissen. Als es dann hieß, dass es das als lesbisches Gegenstück geben soll, habe ich mich getraut, mich zu bewerben. Einerseits, weil ich das Format unterstützen und selbst Teil davon sein wollte, andererseits, weil ich natürlich tolle Frauen kennenlernen wollte. Ich hatte mich eigentlich als Kandidatin beworben. Als ich dann gefragt wurde, ob ich selbst die "Princess" werden möchte, war ich etwas schockiert. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich habe mich auf jeden Fall sehr geehrt gefühlt und sehr gefreut, das Ganze mit repräsentieren zu dürfen.

teleschau: "Princess Charming" ist die erste rein lesbische Dating-Show weltweit ...

Schlauch: Mir war das gar nicht so bewusst am Anfang, aber so eine Show gab es tatsächlich noch nie. Es ist also eine Weltpremiere. Dabei machen wir alle noch etwas Gutes, indem wir uns zeigen und mehr Sichtbarkeit und mehr Akzeptanz schaffen. Vielleicht können wir auch die ein oder andere dazu ermutigen, zu sich zu stehen. Gerade bei jungen Frauen, die in ihrer sexuellen Orientierungsphase sind, ist Repräsentation so wichtig.

Irina Schlauch ist die erste "Princess Charming". (Bild: TVNOW / René Lohse)
Irina Schlauch ist die erste "Princess Charming". (Bild: TVNOW / René Lohse)

"Jetzt waren erst einmal wir an der Reihe!"

teleschau: Eigentlich war geplant, dass "Princess Charming" eine bisexuelle Frau wird und sowohl männliche als auch weibliche Kandidatinnen datet. Hätten Sie auch in einem solchen Setting teilgenommen?

Schlauch: Nein. Ich hätte mich nicht beworben, wenn das Format als bisexuelle Dating-Show mit Männern umgesetzt worden wäre. Nicht, weil ich etwas gegen Männer habe, sondern, weil ich es für angebrachter hielt, erst mal ein wirkliches Pendant zu "Prince Charming" zu machen. Das hieß für mich einfach, dass dann auch nur Frauen teilnehmen. Die "Princess" hätte ja trotzdem gerne bisexuell sein können, dann aber nur mit weiblichen Teilnehmerinnen. Jetzt waren erst einmal wir an der Reihe!

teleschau: Was denken Sie: Weshalb hat es so lange gedauert bis zur ersten lesbischen Dating-Show?

Schlauch: Gute Frage - ich weiß es nicht. Ich finde, der Zeitpunkt war nun genau richtig. Lesbische Frauen sind im öffentlichen Leben leider noch wenig sichtbar. Da besteht vielleicht die Sorge, wir könnten nicht unterhaltsam genug sein. Aber eins sei gesagt: Die Show wird auf jeden Fall zeigen, dass diese Angst unbegründet ist! Ich denke, es gab lange Bedenken, dass ein solches Format nicht gut ankommen könnte. Deswegen freut es mich umso mehr, dass TVNOW jetzt den Schritt gewagt hat.

teleschau: Sind lesbische Frauen für Sie im deutschen Fernsehen unterrepräsentiert?

Schlauch: Definitiv. Das mag daran liegen, dass gerade schwule Männer oft als ein bisschen lauter, ein bisschen mehr "outgoing" empfunden werden. Wobei ich das auch gar nicht so pauschalisieren will. Zumindest in Hinblick auf die deutsche Fernsehlandschaft würde ich aber auf jeden Fall sagen, da gibt es zu wenige lesbische Frauen.

Aufdringliche Verehrerinnen haben bei Irina Schlauch keine Chance. Ihr Motto lautet: "Flirten gerne, aber mit einem Maß an Zurückhaltung." (Bild: TVNOW / René Lohse)
Aufdringliche Verehrerinnen haben bei Irina Schlauch keine Chance. Ihr Motto lautet: "Flirten gerne, aber mit einem Maß an Zurückhaltung." (Bild: TVNOW / René Lohse)

"Es wird sicherlich komisch sein, sich selbst im Fernsehen knutschen zu sehen"

teleschau: Sie selbst hatten bisher keinerlei Fernseherfahrung. Wie war es, zum ersten Mal vor der Kamera zu stehen?

Schlauch: Im Vorfeld hatte ich schon etwas Angst. Auch, weil ich den Wunsch hatte, mich selbst so geben zu können, wie ich bin. Ich hatte befürchtet, dass es mich total verunsichert, dass auf einmal jeder Schritt von einer Kamera verfolgt wird. Natürlich habe ich gemerkt, dass die Kamera da ist, aber tatsächlich konnte ich die zum Glück relativ schnell ausblenden. Es hat mich also nicht stark eingeschränkt, auch nicht beim Daten.

teleschau: Sind Sie aufgeregt, sich bald selbst im TV zu sehen?

Schlauch: Definitiv! Sehr sogar. Viele sagen ja, die eigene Stimme zu hören, wird erst einmal unangenehm. Es wird sicherlich komisch sein, sich selbst im Fernsehen knutschen zu sehen. Ich bin echt sehr gespannt. So richtig habe ich das alles selbst noch nicht realisiert. Ich glaube, bei der Ausstrahlung wird vielleicht so einiges noch ein bisschen realer und greifbarer, was wir da erlebt haben. Es ist auch einfach so viel passiert in so kurzer Zeit.

teleschau: Haben Sie sich die Dreharbeiten im Vorhinein anders vorgestellt?

Schlauch: So richtige Erwartungen hatte ich gar nicht. Das war für mich einfach so komplett neu und verrückt, dass ich mir im Vorhinein gar nicht so richtige Vorstellungen darüber machen konnte, wie das abläuft. Ich hätte mir allerdings gewünscht, noch mehr Zeit mit den Frauen verbringen zu dürfen - die Reise ging viel zu schnell vorbei!

teleschau: Wie nervös waren Sie, als Sie zum ersten Mal den Kandidatinnen gegenüberstanden?

Schlauch: Das war wohl einer der aufregendsten Momente. Ich hatte natürlich schon im Vorfeld großen Respekt vor diesem Augenblick. Respekt davor, alleine vor alle zu treten und nicht zu wissen: Was sage ich? Wie reagieren die Frauen überhaupt auf mich? Ich kann aber schon jetzt sagen, dass sie mir schnell die Nervosität genommen haben. Im Nachhinein war es so schön und emotional und gar nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte.

An Liebe auf den ersten Blick glaubt Irina Schlauch nicht: "Ich denke, verknallt sein kann sehr schnell gehen, aber zu Liebe gehört dann doch mehr dazu." (Bild: TVNOW / René Lohse)
An Liebe auf den ersten Blick glaubt Irina Schlauch nicht: "Ich denke, verknallt sein kann sehr schnell gehen, aber zu Liebe gehört dann doch mehr dazu." (Bild: TVNOW / René Lohse)

"Flirten gerne, aber mit einem Maß an Zurückhaltung"

teleschau: Glauben Sie denn an Liebe auf den ersten Blick?

Schlauch: In der Art hatte ich das bisher nicht. Es ist aber natürlich nicht auszuschließen, dass du eine Person direkt ganz toll findest - wobei das ja auch nur der erste Eindruck ist. Ich glaube, das ist eher Zufall, wenn daraus dann Liebe wird. Ich denke, verknallt sein kann sehr schnell gehen, aber zu Liebe gehört dann doch mehr dazu.

teleschau: Was muss eine Frau mitbringen, um bei Ihnen einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen?

Schlauch: Ich mag natürliche und sportliche Frauen. Ansonsten habe ich keine konkreten Vorstellungen. Sie sollte humorvoll sein und offen. Ich mag es, wenn sie ein bisschen abenteuerlustig ist und wir das ein oder andere Abenteuer zusammen erleben können. Es gab auch so einige actionreiche Dates in der Sendung, da bin ich als Sportlerin auf jeden Fall auf meine Kosten gekommen.

teleschau: Was würde Sie abschrecken?

Schlauch: Wenn ich merke, dass die Person nicht wegen mir da ist. Ich möchte schon merken, dass da auch Interesse an mir besteht. Das bekommst du ja in den Gesprächen schon irgendwann raus. Ansonsten mag ich es nicht, wenn mein Gegenüber zu aufdringlich ist am Anfang. Also: flirten gerne, aber mit einem Maß an Zurückhaltung.

teleschau: Hatten Sie im Vorfeld Bedenken, dass sich Kandidatinnen untereinander verlieben könnten?

Schlauch: Gerade das macht das Format doch noch ein bisschen spannender. Wenn sich da dann auch Beziehungen unter den Kandidatinnen bilden, ist das doch super schön. Ich bin ja auch realistisch genug, dass ich weiß, dass ich in der Sendung wahrscheinlich nicht dem Typ jeder Frau entsprechen werde und sich auch nicht jede Frau in mich verlieben wird. Das würde mich auch eher überfordern. Insofern fände ich es sogar toll, wenn sich da vielleicht auch zwischen den Kandidatinnen die ein oder andere Liebesgeschichte anbahnt. Wer weiß?

Auf welchen Typ Frau die "Princess Charming" steht? "Ich mag natürliche und sportliche Frauen", verrät Irina Schlauch im Interview. (Bild: TVNOW / René Lohse)
Auf welchen Typ Frau die "Princess Charming" steht? "Ich mag natürliche und sportliche Frauen", verrät Irina Schlauch im Interview. (Bild: TVNOW / René Lohse)

"Mein Coming-Out war zum Glück sehr unspektakulär"

teleschau: Haben Sie nach dem Dreh noch Kontakt zu den Teilnehmerinnen?

Schlauch: Ich hoffe und denke, dass der Kontakt zu den Teilnehmerinnen auch nach dem Wiedersehen im Fernsehen noch weiterhin freundschaftlich sein wird. Ich weiß natürlich nicht, was noch alles so gezeigt wird ... Ich glaube aber, uns zeichnet aus, dass das wirklich eine ganz tolle Gruppe war, die sich gegenseitig stärkt und unterstützt.

teleschau: Stichwort Unterstützung: Wie hat ihr Umfeld auf ihre Teilnahme an der Sendung reagiert?

Schlauch: Ich glaube, alle finden es total toll, dass ich auch im TV so offen zu meiner Homosexualität stehe. Klar, es wird sicherlich den ein oder den anderen gegeben haben, der skeptischer war. Ich bin mir aber trotzdem sicher, dass mein Umfeld zu 100 Prozent hinter mir steht. Die wissen schließlich auch: Wenn ich mir etwas in den Kopf setze und eine Entscheidung getroffen habe, dann wird mich da auch so schnell niemand mehr davon abbringen. Also ich habe auf jeden Fall den vollen Support von allen.

teleschau: War Ihr Coming-Out denn auch so unkompliziert?

Schlauch: Es war zum Glück sehr unspektakulär. So ein richtiges Coming-Out war das eigentlich gar nicht. Ich hatte zuerst für eine längere Zeit eine Beziehung mit einem Mann. Als die dann zu Ende war, bin ich mit meiner ersten Freundin zusammengekommen. Ich habe dann relativ unaufgeregt meinen Eltern, meiner Familie, meinen engsten Freunden und Freundinnen erzählt, dass ich eben jetzt eine Freundin habe und nicht einen Freund. Ich wusste im Vorfeld, dass alle tolerant und entspannt reagieren werden, weil ich auch dementsprechend erzogen wurde. Es war also nicht so spannend, aber ich wünschte, dass es bei jeder und jedem so einfach vonstattengeht.

Ihr Umfeld habe positiv auf ihre Teilnahme an der Datingshow reagiert, erzählt Irina Schlauch: "Ich glaube, alle finden es total toll, dass ich auch im TV so offen zu meiner Homosexualität stehe." (Bild: TVNOW / René Lohse)
Ihr Umfeld habe positiv auf ihre Teilnahme an der Datingshow reagiert, erzählt Irina Schlauch: "Ich glaube, alle finden es total toll, dass ich auch im TV so offen zu meiner Homosexualität stehe." (Bild: TVNOW / René Lohse)