Warum die Deutschen keine Vermieter sein wollen

Immobilien - Warum die Deutschen keine Vermieter sein wollen

Eine eigene Wohnung oder ein eigenes Haus ist für viele Deutsche ein Lebenstraum. Und viele haben ihn sich auch erfüllt: Knapp die Hälfte der Deutschen wohnt in eigenen vier Wänden – und damit in greifbarer Altersvorsorge.

Deutlich weniger beliebt sind für die Deutschen allerdings vermietete Wohnungen oder Häuser als Kapitalanlage. Also genau jene Objekte, um die sich institutionelle Investoren vor allem in den Metropolen derzeit reißen. Bei Privatanlegern greift dieser Trend nicht: Wie eine repräsentative Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach mit 1400 Befragten zeigt, besitzen nur zwölf Prozent der Deutschen eine vermietete Wohnung oder ein vermietetes Haus – damit ist diese Anlageklasse ungefähr so weit verbreitet wie die Aktie. Die Studie, die von Wertgrund Immobilien in Auftrag gegeben wurde, liegt dem Handelsblatt exklusiv vor.

Zwar könne sich rund ein Viertel der Deutschen vermietetes Wohneigentum grundsätzlich leisten – doch nur fünf Prozent denken ernsthaft darüber nach. „Die Furcht vor organisatorischen und finanziellen Komplikationen ist das Haupthindernis für den Erwerb von vermietbarem Wohneigentum“, sagt Thomas Meyer, Vorstandsvorsitzender der Wertgrund Immobilien.

Jeweils rund 40 Prozent derer, die sich eine vermietete Immobilie leisten könnten, treibt die Angst vor Mietausfällen und unvorhergesehenen Kosten um. „Ganz grob geschätzt betragen diese 25 bis 27 Prozent der Mieteinnahmen“, sagt Meyer. Immerhin ein Drittel hält die derzeitigen Immobilienpreise für zu hoch.

Doch wer gilt überhaupt als „finanziell in der Lage“? Laut Studie zählt jeder dazu, der monatlich 500 Euro oder mehr zur Verfügung hat. Das heißt: Nach Abzug von Miete, Heizung, Kleidung und dem Erwerb von Lebensmitteln. Worauf die Zahl konkret basiert, können die Autoren der Studie zwar nicht sagen. Dabei halte es sich jedoch um Expertenschätzungen und eine Untergrenze.

In der Zahl noch nicht enthalten sind allerdings andere Anlageformen wie Riesterrente oder Aktien. Der Verbraucherschützer Niels Nauhauser warnt deshalb: „Vermietete Immobilien sind eine Geldanlage mit hohem Risiko, weil viel Geld in einzelne Objekte investiert wird. Dass kaum Deutsche ihr Geld in vermietetes Wohneigentum investieren, ist also kein Problem – im Gegenteil.“ Außerdem steige das Risiko bei einem erhöhten Fremdkapitalanteil.

Max Herbst von der FMH Finanzberatung urteilt, dass ein monatlich verfügbares Einkommen in Höhe von 500 Euro nicht ausreiche. „Sie sollten besser die fällige Kaltmiete plus 500 Euro an Liquidität haben.“ Ein Puffer sei für Belastungen wie Mietausfälle oder Verwaltungskosten unbedingt nötig. Selbst Thomas Meyer warnt vor übereilten Käufen: „Ich würde ebenfalls davon abraten, die sauer ersparten, einzigen 30.000 Euro zu investieren.“

So gesehen bleiben vermietete Immobilien eher eine Anlageklasse für Vermögende. Ohnehin drückt eine leer stehende Wohnung nicht so sehr auf die Tasche, wenn man etwa noch neun weitere besitzt.


Wertsteigerung schlägt Mietrendite

Wer als Kleinanleger dennoch unbedingt in Wohnungen oder Häuser investieren und möglichst breit streuen will, dem bleiben zumindest noch offene Immobilienfonds. Hier lässt sich für wenig Geld relativ viel Haus kaufen. Doch die Immobilienkrise im Jahr 2008 hat ihre Spuren hinterlassen – und Reformen für diese Anlageklasse eingeleitet. Kunden, die ihr Geld im Zweifel schnell verfügbar brauchen, sind seitdem hier falsch beraten. Denn bei Immobilienfonds gelten eine zweijährige Mindesthalte- und eine einjährige Kündigungsfrist. Deshalb, erklärt Finanzexperte Herbst von FMH, könnten offene Immobilienfonds auch nur eine Beimischung sein.

Die Erfahrungen nach der Immobilienkrise scheinen viele Deutsche noch immer zu beschäftigen. Offene Fonds wurden geschlossen, Anleger verloren Milliarden. Laut dem Fondsverband BVI horten Deutsche etwa ein Volumen von knapp 87 Milliarden Euro in offenen Immobilienfonds – und damit etwa so viel wie kurz vor dem Crash. Doch der Allensbach-Studie zufolge sind nur zwei Prozent der Deutschen an solchen Fonds beteiligt. Das hieße im Klartext: Nur wenige Anleger wählen diese Klasse, setzen dafür aber umso mehr Geld ein.

Der Markt mit vermieteten Immobilien jedenfalls boomt, glaubt man den absoluten Zahlen. Laut dem Immobilienverband IVD floriert der Handel mit den sogenannten Zinshäusern 2014 so stark wie seit 2009 nicht mehr. Die Umsätze stiegen 2014 – dem aktuellsten verfügbaren Stand – auf 14,2 Milliarden Euro. Der Mittelwert der Transaktionen liegt bei 588.000 Euro und bestätigt den Eindruck, dass vermietete Immobilien wohl eher etwas für eine besser betuchte Klientel ist.

Zudem sind allen voran in den Metropolen die Kaufpreise den Mietpreisen zuletzt enteilt. Dort liegen sie häufig nur noch zwischen zwei und drei Prozent – wenn überhaupt. Tobias Just, Professor für Immobilienwirtschaft, warnt indes: „Anleger sollten auf keinen Fall den Fehler machen, sich die niedrigen Mietrenditen über die vermeintliche Wertsteigerung schön zu rechnen.“ Denn schließlich wisse niemand, wie lang letztere noch anhält oder wie hoch sie ausfällt.

In jedem Falle brauchen Anleger bei vermieteten Immobilien Geduld. Allein beim Erwerb können für Makler, Grunderwerbssteuer oder Notar hohe Kosten entstehen, die man bei niedrigen Mietrenditen durchaus erst nach drei oder vier Jahren wieder ausgleichen könne, erklärt Just.

KONTEXT

Welche Zusatzkosten Sie beim Hauskauf beachten müssen

Transaktionskosten

Wer beim Hauskauf nur mit dem Preis der Immobilie kalkuliert, kann am Ende eine böse Überraschung erleben. Denn oft kommen mit dem Erwerb weitere Kosten hinzu - die sogenannten Transaktionskosten. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat in der Studie "Wohn- und Immobilienmärkte in Deutschland 2016" einen Leitfaden dazu mitgegeben, der auflistet, welche Zahlungen Immobilienkäufer neben dem Kaufpreis berücksichtigen sollten.

Grunderwerbsteuer

So muss jeder, der eine Immobilie kauft, neben dem Kaufpreis auch die Grunderwerbsteuer abführen. Seit 2006 legen die Bundesländer die Höhe selbst fest. In 14 Bundesländern liegt er zwischen 4,5 und 6,5 Prozent, in Bayern und Sachsen dagegen bei 3,5 Prozent. 2015 haben die Länder so 11,2 Milliarden Euro eingenommen, der Anteil an allen Ländersteuern beträgt damit mehr als 50 Prozent. Ausnahmen von der Grunderwerbsteuer können bei Schenkungen und Erbschaften vorliegen.

Notarielle Leistungen

Neben der Steuer muss bei einem Hauskauf zudem auch der Notar bezahlt werden. Diese Kosten für beispielsweise Erstellung des Kaufvertrags, Übertragung des Eigentums und die Zahlungsabwicklung sind gesetzlich festgelegt und bewegen sich bei einer Standardkonstellation im Bereich von etwa 0,8 und 1,2 Prozent des Objektpreises. Dabei gilt: Je teurer das Objekt, desto geringer die Rate.

Grundbuch

Das Neueintragen oder das Umschreiben des Grundbuches ist ein weiterer Kostenfaktor, mit dem Hauskäufer rechnen müssen. Auch diese Kosten sind gesetzlich festgelegt. Sie liegen - je nach Objektpreis - zwischen 0,4 und 0,6 Prozent des Kaufpreises.

Leistungen von Maklern

Nicht obligatorisch, aber dennoch sehr häufig muss auch ein Makler bezahlt werden. Zum Teil übernehmen diese auch Objektbewertungen und Preisverhandlungen. Schätzungen gehen davon aus, dass Makler bei knapp der Hälfte aller Verkäufe von selbstgenutzten Immobilien beteiligt sind. Die Provision richtet sich nach ortsüblichen Sätzen, ist aber auch verhandelbar. Die Maklervereinigung Immobilienverband Deutschland beziffert den gängigen Höchstsatz auf sechs Prozent des Kaufpreises zuzüglich Mehrwertsteuer. Das Bestellerprinzip, nach dem derjenige den Makler bezahlt, der ihn bestellt hat, gilt übrigens nur für Vermietungen.

KONTEXT

Entwicklung der Kaufpreise angebotener Eigentumswohnungen (2016)

München

1. Halbjahr 2004: 3.210 Euro/m²1. Halbjahr 2015: 5.770 Euro/m²1. Halbjahr 2016: 6.490 Euro/m²

Veränderung: +102 Prozent (zu 2004) / +12,5 Prozent (zu 2015)

Die Angaben sind Medianwerte - 50 Prozent der angebotenen Wohnungen sind teurer, 50 Prozent günstiger. Quelle: JLL

Frankfurt

1. Halbjahr 2004: 2.430 Euro/m²1. Halbjahr 2015: 3.990 Euro/m²1. Halbjahr 2016: 4.210 Euro/m²

Veränderung: +73 Prozent (zu 2004) / +5,5 Prozent (zu 2015)

Hamburg

1. Halbjahr 2004: 2.140 Euro/m²1. Halbjahr 2015: 3.790 Euro/m²1. Halbjahr 2016: 3.880 Euro/m²

Veränderung: +81 Prozent (zu 2004) / +2,3 Prozent (zu 2015)

Stuttgart

1. Halbjahr 2004: 2.200 Euro/m²1. Halbjahr 2015: 3.340 Euro/m²1. Halbjahr 2016: 3.900 Euro/m²

Veränderung: +77 Prozent (zu 2004) / +16,7 Prozent (zu 2015)

Düsseldorf

1. Halbjahr 2004: 1.880 Euro/m²1. Halbjahr 2015: 3.160 Euro/m²1. Halbjahr 2016: 3.320 Euro/m²

Veränderung: +77 Prozent (zu 2004) / +5 Prozent (zu 2015)

Berlin

1. Halbjahr 2004: 1.630 Euro/m²1. Halbjahr 2015: 3.020 Euro/m²1. Halbjahr 2016: 3.320 Euro/m²

Veränderung: +104 Prozent (zu 2004) / +10 Prozent (zu 2015)

Köln

1. Halbjahr 2004: 2.010 Euro/m²1. Halbjahr 2015: 2.840 Euro/m²1. Halbjahr 2016: 3.100 Euro/m²

Veränderung: +54 Prozent (zu 2004) / +9,2 Prozent (zu 2015)

Leipzig

1. Halbjahr 2004: 1.590 Euro/m²1. Halbjahr 2015: 1.350 Euro/m²1. Halbjahr 2016: 1.620 Euro/m²

Veränderung: +2 Prozent (zu 2004) / +20 Prozent (zu 2015)

KONTEXT

Preisentwicklung von Luxusimmobilien weltweit (2016)

Vancouver

Preissteigerung Juni 2015 bis Juni 2016:

plus 36,4 Prozent

Die Studie vergleicht die Entwicklung der Immobilienpreise für Luxusobjekte (Top-fünf-Prozent des Markts) in 37 Großstädten weltweit. Quelle: Knight Frank

Schanghai

Preissteigerung Juni 2015 bis Juni 2016:

plus 22,5 Prozent

Kapstadt

Preissteigerung Juni 2015 bis Juni 2016:

plus 16,1 Prozent

Toronto

Preissteigerung Juni 2015 bis Juni 2016:

plus 12,6 Prozent

Melbourne

Preissteigerung Juni 2015 bis Juni 2016:

plus 11 Prozent

Paris

Die französische Hauptstadt führt die fünf Städte mit der schlechtesten Preisentwicklung an.

Preisentwicklung Juni 2015 bis Juni 2016:

minus 2,7 Prozent

Delhi

Preisentwicklung Juni 2015 bis Juni 2016:

minus 4,9 Prozent

Moskau

Preisentwicklung Juni 2015 bis Juni 2016:

minus 5,2 Prozent

Taipeh

Preisentwicklung Juni 2015 bis Juni 2016:

minus 7,7 Prozent

Hongkong

Preisentwicklung Juni 2015 bis Juni 2016:

minus 8,4 Prozent