Deutsches Talent will NFL-Position revolutionieren

Christopher Ezeala greift bei den Baltimore Ravens an

Es war ein Tag Ende April, als sich das Leben von Christopher Ezeala grundlegend änderte. Der deutsche Football-Spieler befand sich im Londoner NFL-Büro, als er einen wichtigen Anruf erhielt.

Am anderen Ende der Leitung war der General Manager der Baltimore Ravens, Ozzie Newsome. "Wir haben ein bisschen miteinander gesprochen, dann hat er mich bei den Ravens willkommen geheißen", beschreibt Ezeala im exklusiven SPORT1-Interview das Telefonat.

Der 22-Jährige, der bis vor kurzem noch bei den Ingolstadt Dukes in der German Football League aktiv war, nimmt am International Pathway Program der NFL teil. Dieses ermöglicht ausländischen Spielern einen Platz im erweiterten Kader eines NFL-Teams.

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Ezeala "komplett geschockt"

Für Ezeala war zwar klar, dass er seinem großen Traum von einem Vertrag in der NFL ein Stückchen näher kommen würde, bei welchem Team er einen Platz erhalten würde, stand aber nicht fest.

Als ihn der Anruf der Ravens erreichte, war die Freude grenzenlos. "Ich hätte das niemals erwartet. Als Kind habe ich mir ganz oft vorgestellt, dass ich in die NFL kommen werde. Als dann der Anruf kam, war ich so überrascht, ich bin immer noch komplett geschockt", so der 22-Jährige.

Dass ihn ausgerechnet die Ravens ausgewählt haben, hat für Ezeala eine besondere Bedeutung: "Seit meiner Kindheit bin ich Fan der Baltimore Ravens. Ray Lewis, Ed Reed und Ray Rice haben mich in meiner Jugend geprägt, außerdem ist lila meine Lieblingsfarbe."

Fullback-Position nützt Ezeala

Neben den Ravens hätten auch die Pittsburgh Steelers, die Cleveland Browns und die Cincinnati Bengals den Deutschen verpflichten können.

Dass sich ausgerechnet das Team von Quarterback Joe Flacco für Ezeala entschieden hat, liegt an dessen spezieller Position. "Eigentlich sollte ich Linebacker spielen, aber mir wurde gesagt, dass es schon viele Linebacker gibt, die mir ähnlich sind", so der 22-Jährige.

Mittlerweile agiert Ezeala als Fullback - eine Position, die in der NFL vom Aussterben bedroht ist. Der Fullback agiert als eine Art Vorblocker für den Running Back.

Großes Selbstbewusstsein

Normalerweise zeichnen sich die Fullbacks nicht unbedingt durch Schnelligkeit aus, ganz anders Ezeala. Beim Pro Day, an dem alle internationalen von der NFL eingeladenen Talente teilnehmen, gehörte der 22-Jährige zu den zehn schnellsten Spielern.

Mit ein Grund, warum bei den Ravens ein neuer Versuch gestartet werden soll, der Position ein Upgrade zu verpassen.

In den kommenden Monaten muss Ezeala versuchen, Trainer John Harbaugh von seinem Können zu überzeugen. "Ich denke schon, dass ich irgendwann einen Starting Slot bekomme. Ich habe den Körper dafür, den Speed, den Kopf, ich muss einfach nur beweisen, dass ich es drauf habe und dann passiert alles andere automatisch", ist sich der 22-Jährige sicher.

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Ezeala fehlt College-Erfahrung

Ganz so einfach dürfte es aber nicht werden. Da Ezeala, ähnlich wie Moritz Böhringer, nicht am College gespielt hat, hat er gegenüber seinen Mitbewerbern große Nachteile. "Ich muss auf jeden Fall ganz viel aufholen. Die meisten NFL-Spieler sind mir spielerisch und in Sachen Wissen weit voraus".

Im Kampf um einen Kaderplatz wird dies für den 22-Jährigen eine große Hürde, "aber ich muss da drüber springen. Ich muss noch härter an mir arbeiten. Ich kann die fehlende College-Zeit nicht als Ausrede benutzen, falls ich nicht vorankomme."

Böhringer traut seinem Landsmann den Sprung zu. "Er hat gute athletische Fähigkeiten. Er muss einfach so schnell wie möglich lernen, wie die NFL läuft - dann hat er eine Chance", sagte Böhringer bei SPORT1.

An ein mögliches Scheitern denkt Ezeala indes nicht: "Ich mache mir nicht so viele Gedanken darum, ob ich es schaffe oder nicht. Das würde mich nur einschränken. Ich konzentriere mich nur auf mich und konkurriere auch nur mit mir selbst. Ich werde mich von niemandem ablenken lassen."

Anfang September wird sich zeigen, ob Ezeala den Sprung in den 53er-Kader der Ravens geschafft hat.