DFB-Kader - Nagelsmann setzt seine Linie fort – das ist eine Ohrfeige für ein Bayern-Duo
Nach der EM 2024 ist vor der WM 2026 . Der DFB und Bundestrainer Julian Nagelsmann werfen den Blick bereits auf die neue Mission. Die ersten Länderspiele nach dem Heim-Turnier gibt es aber zunächst in der Nations League. Dafür setzt Nagelsmann nur auf wenige Veränderungen.
Julian Nagelsmann läutet eine neue Ära ein. Das Geläut ist aber recht leise. Die am Donnerstag mit Spannung erwartete Kaderbekanntgabe dieser neuen Ära war recht, nun ja, unspektakulär? Sogar langweilig?
Vielleicht waren die Hoffnungen auf neue Namen nach den Rücktritten von Kapitän Ilkay Gündogan und den letzten verbliebenen 2014er-Weltmeistern Thomas Müller, Toni Kroos und Manuel Neuer etwas zu groß. Nagelsmann MUSSTE etwas tun, er war gezwungen etwas zu verändern. Ein wichtiger Stamm seines Kaders, eine entscheidende sportliche Achse ist weggebrochen. Von der Führungsqualität dieses Quartetts ganz zu schweigen.
Nagelsmann fährt aber seine Linien fort und ändert erstmal: gar nichts! Warum auch? Die EM war schließlich für Fußball-Deutschland erfrischend, trotz des Viertelfinalaus sogar teils euphorisierend. Das Team hat wieder Spaß gemacht!
Nagelsmann verkündet DFB-Kader für Länderspiele
Warum also etwas ändern? 20 der 23 Spieler, die Nagelsmann nun für die ersten Länderspiele nach der Heim-EM in der Nations League gegen Ungarn am 7. September in Düsseldorf und drei Tage später in Amsterdam gegen die Niederlande berufen hat, standen bereits im Sommer im Aufgebot.
Die alten Spieler sind weg, der Rest bleibt fast unverändert, so vollzieht Nagelsmann ganz nebenbei eine deutliche Verjüngungskur seiner Mannschaft, die er mit Blick auf die WM in zwei Jahren als „notwendig“ bezeichnet hatte. Der Altersschnitt seiner Truppe sinkt von knapp unter 30 Jahren auf 24,6 Jahre im Vergleich zum EM-Kader. Drei Spieler sind neu dabei.
Alexander Nübel, der schon vor der EM zum erweiterten Kreis der Nationalmannschaft gehörte, nimmt nun Neuers Kaderplatz ein und soll künftig mit Marc-André ter Stegen um den Posten zwischen den Pfosten konkurrieren.
Aleksandar Pavlovic musste die EM wegen einer Mandelerkrankung absagen, nun soll er ein Gesicht des Neuanfangs werden. So auch Angelo Stiller, der einzig echte Neuling im Team.
Nach Kroos, Neuer, Gündogan und Müller - neue Ära im DFB-Team bricht an
Nagelsmann ernannte Stiller schon unmittelbar nach dem Viertelfinal-Aus gegen Spanien zum potentiellen Nachfolger für die wichtige Rolle von Toni Kroos. Auf der Abschluss-PK in Herzogenaurach sagte er damals: „Toni eins zu eins und mit der gleichen Qualität zu ersetzen, wird schwierig. Mit Pavlovic oder Angelo Stiller haben wir zwei Spieler, die ihn von der Spielweise her ersetzen können.“
Die kommenden Länderspiele sind ein erster Schritt in eine neue Ära ohne Weltmeister-Gen im Kader. Und sie sind ein erster Schritt auf der Mission WM 2026. Rund zwei Jahre haben die deutschen Spieler nun Zeit, sich für das Großturnier in Nordamerika zu empfehlen. Die EM-Fahrer haben dabei einen Vorteil.
„Generell waren wir sehr zufrieden, wie jeder einzelne Spieler bei der EM seine Rolle ausgefüllt hat. Deshalb möchten wir jetzt in den ersten Spielen nach dem Turnier dem EM-Kader die Chance geben, sich wieder zu präsentieren“, begründete Nagelsmann seine Personalauswahl.
Nicht dabei sind Leroy Sané, der sich erst im Juli einer Leisten-OP unterzogen hat, und Abwehrchef Antonio Rüdiger. Der 31 Jahre alte Innenverteidiger von Real Madrid werde „nach einem intensiven Sommer“ in Absprache mit dem Bundestrainer die Zeit zur Regeneration nutzen, teilte der DFB mit. Im Oktober sollte Rüdiger sicher wieder im Aufgebot stehen.
Bayern-Duo bleibt weiter außen vor bei Nagelsmann
Nagelsmann setzt also auf den Spirit der EM, nicht umsonst wird das Team die Vorbereitung auf die Länderspiele wieder im Adidas-Camp in Herzogenaurach und nicht am DFB-Campus in Frankfurt bestreiten.
Für ehemalige Nationalspieler, die sich durch das neu entstandene Machtvakuum aufgrund der vielen Rücktritte Hoffnungen auf ein DFB-Comeback gemacht haben, ist die aktuelle Nominierung eine Ohrfeige. Sie bleiben außen vor.
Das trifft insbesondere auf das Bayern-Duo Leon Goretzka und Serge Gnabry, aber auch auf den BVB-Star Julian Brandt zu.
Brandt übernimmt bereits in Dortmund nach den Abgängen von Mats Hummels, Marco Reus und Niclas Füllkrug eine zentralere und wichtigere Rolle ein und wurde zum Vize von Kapitän Emre Can ernannt. Er will Verantwortung übernehmen und mit sportlichen Leistungen vorangehen. Gelingt ihm das, wird er automatisch wieder ins Blickfeld von Nagelsmann rücken.
Hoeneß' Traum in weiter Ferne
Goretzka gilt ebenfalls als charakterstarker Führungsspieler, steckt bei den Bayern aber in einer fundamentalen Krise. Auch unter Neu-Trainer Vincent Kompany hat Goretzka einen schweren Stand. Dabei galt er jahrelang als der prädestinierte Nachfolger von Kroos und Gündogan. Kann er seine Karriere mit einem Wechsel wieder befeuern? Aktuell deutet sich kein Abgang aus München an.
Gnabry, der im DFB-Pokal in Ulm und beim Saisonstart in Wolfsburg in der Bayern-Startelf stand und mit seinem Tor den 3:2-Auftaktsieg rettete, muss Nagelsmann ebenfalls etwas beweisen: Konstanz. Der Flügelspieler wurde zuletzt immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen. Bleibt er fit, kann auch er sich für den Bundestrainer wieder unverzichtbar machen.
Uli Hoeneß hatte einst den Traum des „FC Deutschland“. Eine Bayern-Mannschaft, die vor allem aus deutschen Nationalspielern besteht. Und andersrum. Aber: Für diese Länderspielphase sind nur drei Bayern-Spieler nominiert: Joshua Kimmich, Jamal Musiala und Pavlovic. Das DFB-Team entfernt sich immer mehr vom jahrelangen Ligaprimus.