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Die schwierige Arbeit der Ermittler von Soko „Alpen“

Es geht um letzte Gewissheit und die Chance auf einen Abschied: Mehr als hundert Polizisten arbeiten in einer Sondereinheit zum Absturz der Germanwings-Maschine. Ihr Auftrag: Was trieb den Co-Piloten zu seiner Wahnsinnstat? Und können die Leichen der Opfer identifiziert werden?

Von Jan Rübel

Noch immer starten und landen Hubschrauber über dem Absturzgebiet des Fluges 4U9525. Den Berghang unweit des Örtchens Seynes-les-Alpes in Frankreich, an dem der Airbus 320 von Germanwings zerschellte, zieht es 40 bis 60 Grad nach unten. Eine gefährliche und aufwändige Arbeit für die Helfer, die sich oft aus 50 Metern Höhe abseilen müssen, um nicht allzu viel Staub durch die Rotorblätter aufwirbeln zu lassen.

Nun planen die französischen Rettungskräfte eine Behelfsstraße, um die Bergungsarbeiten voranzutreiben. Am Bau einer ganz anderen Behelfsstraße sitzen derweil in Deutschland die Ermittler der Soko „Alpen“, einer Sonderkommission der Düsseldorfer Polizei: Sie schwärmen in diesen Tagen aus, meist in Begleitung von Psychologen oder Seelsorgern, auf dem Weg zu Hinterbliebenen. Sie sollen persönliche Erkennungszeichen der Passagiere notieren, das können Tatoos oder Zahnprothesen sein. Und sie sollen um Haarproben bitten, etwa aus Bürsten oder Kämmen – über den so ermittelbaren genetischen Code sollen damit gefundene Leichenteile zugeordnet werden.

Unterwegs in ganz Deutschland

Über hundert Beamte hat die Soko „Alpen“ zusammengezogen, manche sprechen gar von 200 Beamten. „Es ist sicher einer unserer größten Ermittlungseinsätze seit Jahrzehnten, die Kollegen sind extrem gefordert“, sagte Polizeisprecher Andreas Czogalla der „Rheinischen Post“. Dabei arbeiten die Beamten mit jenen Psychologen und Seelsorgern zusammen, die gleich nach dem Absturz der Maschine zum geplanten Zielflughafen in Düsseldorf geeilt waren, um Angehörigen Trost zu spenden. Eine schwierige Arbeit für die Fahnder, die vor allem ein Ziel hat: Sie soll den Angehörigen die Chance geben Abschied zu nehmen. Daher sind sie nun bundesweit unterwegs. Wie viele der 75 deutschen Opfer unter den Passagieren schon erfasst worden sind, teilte die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft bisher nicht mit. Ihre Daten werden erfasst und dann an die französische Staatsanwaltschaft in Paris weitergeleitet.

Auch arbeitet die Soko „Alpen“ an den Motiven, die den Co-Piloten zu seiner Wahnsinnstat getrieben haben mögen: Er hatte den Toilettengang seines Chefpiloten genutzt, um allein im Cockpit den Airbus gegen den Berg zu fliegen. Unterstützt wird sie von einer Delegation der französischen Gendamerie, die am Samstag in Düsseldorf eingetroffen ist.

Eine langwierige Arbeit, die noch Wochen dauern wird

In Paris werden dann die genetischen Codes, welche das Bundeskriminalamt ermitteln wird, mit denen der geborgenen Leichenteile abgeglichen. Doch diese Arbeit wird sich noch über Wochen hinziehen. Die Maschine war mit einer Geschwindigkeit von 800 Stundenkilometern ins Massiv gekracht; eine Turbine wurde 400 Meter weit weg geschleudert. Helfer berichten nach Angaben der Zeitung „Le Figaro“, dass Körper- und Wrackteile am Berg „mehrere Meter tief vergraben seien“. Und die „Bild“-Zeitung meldet, das größte bisher gefundene Leichenteil sei etwa so groß sei wie ein Koffer. Die meisten Stücke aber seien kaum größer als eine Briefmarke. Rund zehn Tage haben die Bergungskräfte noch Zeit. Dann kann es sein, dass die Leichenteile dermaßen verwest sind, dass eine genetische Bestimmung nicht mehr möglich ist.

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