„Die SPD ist die Dramaqueen der Politik“: Der Zickzackkurs um die große Koalition bei „Hart aber fair“

Zu Gast bei Frank Plasberg: Malu Dreyer (SPD), Peter Altmaier (CDU), Ferdos Forudastan, Wolfgang Kubicki (FDP) und Wolfram Weimer. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)
Zu Gast bei Frank Plasberg: Malu Dreyer (SPD), Peter Altmaier (CDU), Ferdos Forudastan, Wolfgang Kubicki (FDP) und Wolfram Weimer. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Klappt es jetzt mit einer großen Koalition oder doch nicht? Unter dem Motto „Erst verhandeln, dann zerreden: Wie soll daraus je eine Regierung werden?“ diskutierte Frank Plasberg mit Vertretern aus Politik und Feuilleton.

Es ist eine Berg- und Talfahrt für die Sozialdemokraten. Nachdem SPD-Chef Martin Schulz unmittelbar nach Bekanntwerden des Ergebnisses der Bundestagswahl im vergangenen September angekündigt hatte, seine Partei in die Opposition zu schicken, sah letzte Woche alles doch etwas anders aus: Schulz begab sich in Sondierungsgespräche mit CDU und CSU. Alle Seiten sprachen nach der Gesprächsrunde von einem großen Erfolg. Eine große Koalition – eine weitgehend ungeliebte, aber für viele die einzig realistische Option – scheint nun erneut in Reichweite. Allerdings ist längst nicht jeder in der Riege der Sozialdemokraten für eine Fortsetzung der GroKo: So stimmte der Berliner Landesverband mit einem deutlichen Ergebnis dagegen. Und auch SPD-Vize Ralf Stegner und der Vorsitzende der Jusos, Kevin Kühnert, kritisierten die Option. Die Zukunft der Verhandlungen scheint ungewiss, der Kurs der Partei unklar und gespalten.

„Wie soll die SPD die Bürger für eine neue große Koalition begeistern, wenn sie sich selbst nicht einmal […] ein bisschen freuen können?“, fragte Moderator Frank Plasberg. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer konterte hingegen mit einer positiven Sicht der Dinge: „Ich bin Mitglied einer sehr lebendigen Partei und darauf bin ich auch stolz. Dass keiner in der SPD ein Interesse daran hatte, die große Koalition fortzusetzen, ist allen hinlänglich bekannt. Dass wir eine neue Ausgangssituation haben, nachdem uns Jamaika die Scherben vor die Füße geworfen hat, ist auch bekannt. Deshalb finde ich, dass wir in den letzten Tagen nach einem Bundesparteitag sehr erfolgreich und intensiv verhandelt beziehungsweise sondiert haben – und wir sind auch zu Ergebnissen gekommen, von denen ich sage, sie sind eine gute Grundlage, um in Koalitionsverhandlungen zu gehen. Genau das empfehle ich meiner Partei. Aber für mich ist genauso selbstredend, dass Sondierungen Sondierungen sind und Koalitionsverhandlungen Koalitionsverhandlungen.“

Auch der Chef des Bundeskanzleramts, Peter Altmaier, gab sich diplomatisch: „Wir haben eine Woche hart verhandelt, bis an die Grenze zum Teil der Belastbarkeit jedes einzelnen. Das, was wir als Sondierungspapier beschlossen haben, das steht, […] und ich habe auch niemanden in der SPD gefunden, der das infrage stellt, nachverhandeln, neu verhandeln will.“ „Das habe ich aber anders gehört“, entgegnete Plasberg – worauf Altmaier die etwas gespaltene Stimmung der Sozialdemokraten gegenüber einer großen Koalition mit Zweckoptimismus etwas zu relativieren versuchte: „Ich gehe auch davon aus, dass das funktionieren wird. Wir haben ein Ergebnis erreicht, das sozial sehr ausgewogen ist. Wir haben mit der SPD auf Augenhöhe verhandelt.“ Für die Chefverhandler der SPD gelte es nun, auf dem Parteitag aufzustehen und die Parteimitglieder zu überzeugen.

FDP-Politiker Wolfgang Kubicki (l.) ließ kein gutes Haar an den Gesprächen zwischen SPD und CDU. Auch Publizist Wolfram Weimer zeigte sich skeptisch. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)
FDP-Politiker Wolfgang Kubicki (l.) ließ kein gutes Haar an den Gesprächen zwischen SPD und CDU. Auch Publizist Wolfram Weimer zeigte sich skeptisch. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

„Sie müssen aufhören, die Menschen für dumm zu verkaufen“, appellierte FDP-Politiker Wolfgang Kubicki in Richtung der Koalitionsbefürworter beider Großparteien. Offensichtlich erleichtert, nicht mehr in den Verhandlungen zu stecken, erklärte er: „Ich bewundere, das muss ich wirklich sagen, einen wesentlichen Teil Ihrer Partei, der sich weigert, […] wesentliche, fundamental für sie wichtige Dinge auf dem Altar einer möglichen Koalition zu opfern.“ Damit spielte Kubicki auf das Thema der Flüchtlingsobergrenze an und implizierte, die SPD sei hier zu großen Teilen in die Knie gegangen. Dreyer zeigte sich nur wenig begeistert von Kubickis Einschätzung und riet ihm, weniger auf CDU und SPD und mehr auf seine eigene Partei zu schauen.

Kritik an den Sozialdemokraten kam von der Innenpolitik-Chefin der „Süddeutschen Zeitung“, Ferdos Forudastan. Die SPD sei „die Dramaqueen der Politik“, das Hin und Her der Partei sei unverständlich und kontraproduktiv. Auch Publizist Wolfram Weimer fand harte Worte gegenüber der SPD: Die Partei sei „schwer traumatisiert“, was auch einen gewichtigen Einfluss auf eine künftige Regierung haben könnte. Schulz, so der Publizist, hätte bereits am Wahlabend zurücktreten müssen.

Betont diplomatisch gab sich Altmaier: Er habe Respekt vor dem Ringen innerhalb der Partei und glaubt an eine „Einigung zugunsten der GroKo“. Diese Einschätzung teilte auch Forudastan: „Das klappt knapp.“

Malu Dreyer erklärte letztlich, sie werde am Sonderparteitag der SPD für Koalitionsgespräche werben – auch, wenn sie selbst nicht für eine GroKo ist. In einem waren sich alle Beteiligten schließlich einig: Es dürfte noch eine ganze Weile spannend bleiben.