Die U.S. Army stellt Online-Truppen auf – und kämpft demnächst bei “Fortnite”

Mitglieder des US-amerikanischen Militärs können künftig auch virtuell aktiv werden. (Symbolbild: AP Photo)
Mitglieder des US-amerikanischen Militärs können künftig auch virtuell aktiv werden. (Symbolbild: AP Photo)

Die U.S. Army hat Schwierigkeiten, neue Rekruten zu finden. Immer weniger junge Leute entscheiden sich dafür, den Dienst an der Waffe anzutreten. Deshalb greift das Heer der Streitkräfte der Vereinigten Staaten zu einer ungewöhnlichen Maßnahme: Es will Nachwuchs mobilisieren, indem es ein Videospiel-Team aufstellt.

Wie das Portal “Stars and Stripes” berichtet, will die Army durch die digitale Maßnahme junge Leute dort abholen, wo sie ihre meiste Zeit verbringen: vor dem Computer. Die Streitkräfte würden deshalb nach aktiven Soldaten, Reservisten und Veteranen suchen, um an Videospiel-Turnieren teilzunehmen.

Wenige Interessenten, ungeeignete Anwärter

Es sei schwierig, Nachwuchs zu finden: Während die Arbeitslosenzahlen niedrig seien, würden gleichzeitig immer weniger Amerikaner zwischen 17 und 24 Jahren den Anforderungen des Heeres gerecht werden. Schuld daran seien schlechte Fitness oder Drogenmissbrauch.

Um attraktiver für Nachwuchs zu werden, wirbt das Militär nun auf diversen Social-Media-Kanälen für die virtuelle Truppe, so beispielsweise auf Facebook und Reddit. Das Videospiel-Team soll Teil der Marketing-Abteilung der U.S. Army sein und regelmäßig zu Events reisen, um gegen andere Spieler anzutreten. Alle anfallenden Kosten würden dabei gedeckt werden. Zudem verdienen die Spieler offenbar Geld:

“Wenn du aufgenommen wirst, wirst du ein Teil eines kleinen Kreises sein, der Geld verdient, indem er an Wettkampfspielen teilnimmt. Wir bieten dir eine einmalige Gelegenheit, also hilf uns, es weiterzuerzählen.”

Wie Polygon.com berichtet, werden virtuelle Truppen unter anderem für Fortnite, Tekken, Call of Duty und FIFA gesucht. Mit einem Online-Formular können sich interessierte Mitglieder der Army für das Team bewerben und dabei ihre Lieblingskonsolen und favorisierten Spiele angeben.

“Ich hatte die Chance, für die E-Sports-Konferenz im Sheraton […] nach Los Angeles zu reisen! Schnelle Fragen und Antworten zu E-Sports mit Staff Sergeant Ryan Meaux, um zu erklären, was passieren wird.”

Ryan Meaux, Staff Sergeant bei der U.S. Army, sagt in einem Facebook-Video von einer Soldatin, dass man mit der Aktion die Marke der Armee fördern, Aufmerksamkeit erregen und letztendlich mehr Menschen rekrutieren wolle.

Auch die Bundeswehr versuchte im vergangenen Jahr, auf digitalem Wege mehr junge Leute anzuwerben: Im Rahmen einer Reality-Serie über den Einsatz in Mali schaltete sie den sogenannten “MaliBot”, der mehrmals täglich über den Facebook-Messenger Updates aus dem Kriegsgebiet sendete, wie “Spiegel Online” berichtete.

“Im Kriegsgebiet gibt es keinen Reset-Knopf”

Nicht bei jedem kommen die Online-Marketingstrategien allerdings gut an. Tristan Green, ein amerikanischer Navy-Veteran, äußerte seine Kritik an den Werbemaßnahmen des US-Militärs im Interview mit “The Next Web”: “Das Militär hat eine unangenehme Angewohnheit, junge Erwachsene anzuwerben, indem es sie überzeugt, dass Krieg nicht so schlimm ist. Dieses Mal ist die Nachricht, die die Armee sendet, dass Spieler und Krieger nicht so verschieden sind. Es stellt sich die Frage, warum sie ihre FSP-Fähigkeiten nicht für eine Runde nutzen und für zwei Jahre verpflichten? Und die offensichtliche Antwort ist, dass es keinen Reset-Knopf im Kriegsgebiet gibt.”

Auch in Deutschland wurden im vergangenen Jahr kritische Stimmen laut, als die Bundeswehr mit “MaliBot” nach “Die Rekruten” eine weitere Reality-Serie ankündigte. Politiker Tobias Lindner störte sich besonders an den enormen Kosten von 6,5 Millionen Euro, die für die Produktion und die begleitende Werbekampagne anfielen. “Statt verantwortlich künftige Staatsbürger in Uniform zu werben, produziert das Verteidigungsministerium für viel Geld Eigenwerbung auf dem Niveau einer Scripted-Reality-Serie, die man sonst nur von Privatsendern kennt”, so der Bündnis 90/Die Grünen-Politiker gegenüber “Spiegel Online”.

Der Linken-Abgeordnete Alexander Neu wurde in dem Interview deutlicher: “Die Serie suggeriert eine Art Abenteuerreise. Doch Soldat zu sein, bedeutet im Zweifel auch zu töten, getötet oder versehrt zu werden.” Dies habe man aber ausgeblendet. “Ich hoffe sehr, dass ich junge Menschen von dieser Kampagne nicht beeindrucken lassen.”