Die wahre Geschichte von Scorceses "Killers of the Flower Moon" mit Leonardo DiCaprio

Bei den Filmfestspielen von Cannes schlägt der neue Film von Martin Scorcese und Leonardo DiCaprio hohe Wellen. Der dunkle Western beruht auf einem grausamen Kapitel der US-amerikanischen Geschichte.

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Der "Killers of the Flower Moon"-Regisseur und sein Cast auf dem Roten Teppich von Cannes: Robert De Niro, Martin Scorsese, Lily Gladstone und Leonardo DiCaprio (von links). (Bild: REUTERS/Yara Nardi)

Im vergangenen November ist Star-Regisseur Martin Scorsese 80 Jahre alt geworden. Bei den Filmfestspielen in Cannes präsentierte er nun seinen neuen Film "Killers of the Flower Moon". Darin arbeitet er mit zum wiederholten Male mit seinen Lieblingsstars zusammen. Robert De Niro, mit dem er unter anderem "Taxi Driver" und "The Irishman" drehte und Leonardo DiCaprio ("Departed", "Wolf of Wall Street"). Die beiden Hollywood-Stars begeben sich für den Western in ein düsteres Kapitel der US-amerikanischen Geschichte.

Die wahre Geschichte von "Killers of the Flower Moon"

Denn "Killers of the Flower Moon" basiert auf wahren Geschehnissen. Der US-Journalist David Grann hat sie für sein Buch "Das Verbrechen: Die wahre Geschichte hinter der spektakulärsten Mordserie Amerikas" bereits 2017 minutiös recherchiert. Das Drehbuch nutzte seine Erkenntnisse als Vorlage. Dreieinhalb Stunden nimmt sich Scorsese, um die Geschichte nachzuerzählen. DiCaprio sagte bei einem Interview am Rande der Premiere in Cannes: "Es war ein Wagnis, diese unglaubliche Geschichte aufzuspüren, die wirklich eine Abrechnung mit unserer Vergangenheit ist."

Verbrechen gegen die indigene Bevölkerung

Der Film führt zurück in die 1920er Jahre in den US-Bundesstaat Oklahoma. Dieser war der indigenen Bevölkerung Anfang des 19. Jahrhunderts als Reservat zugewiesen worden. Im "Trail of Tears", dem "Zug der Tränen" mussten daraufhin in den Jahren nach 1830 unzählige "Native Americans" etwa die Choctaw, Cherokee oder Muskogee ihre angestammten Heimatregionen verlassen, um in Oklahoma neu zu siedeln. Doch wie viele andere Versprechen der weißen US-Regierung hielt auch dieses nicht lange an. Nur wenige Jahre nach der Zwangsumsiedlung wurde auch Oklahoma am für weiße Siedler freigegeben.

Späte Entschuldigung von Barack Obama

Die traumatischen Folgen blieben lange ein weitestgehend verschwiegenes Verbrechen der US-Geschichte. Erst im Jahr 2009 entschuldigte sich mit Barack Obama erstmals ein Präsident für das entstandene Leid bei der indigenen Bevölkerung.

Die Osage-County Morde

Scorsese Film setzt nun etwa 100 Jahre nach dem "Trail of Tears" ein. Das Verbrechen, zu dem der Journalist Grann recherchiert hat ist eine beispiellose Mordserie, die sich in den frühen Zwanziger Jahren in Osage County in Oklahoma abspielte. Nachdem Öl unter dem Land der Osage entdeckt wurde, wurden mehrere wohlhabende indigene Landbesitzer ermordet. Offiziell sollen es etwa 20 Opfer gewesen sein. Doch Grann vermutet, dass insgesamt mehr als 100 indigene Menschen in Oklahoma ermordet wurden, um an das Öl in ihrem Land zu kommen.

Diese antike Aufnahme zeigt Mitglieder der Osage im 19. Jahrhundert. (Bild US Navy and Army/ Getty)
Diese antike Aufnahme zeigt Mitglieder der Osage im 19. Jahrhundert. (Bild US Navy and Army/ Getty)

Genau sagen lässt sich das deshalb so schwierig, weil an der Ermordung und der Vertuschung der Morde eine ganze Reihe einflussreicher weißer Personen beteiligt waren. Verurteilt wurde nach einer FBI-Untersuchung schließlich der Rinderfarmer William Hale, allerdings nur für einen einzigen Mord. Der skrupellose Millionär wird im Film von De Niro verkörpert. Er gilt als der Strippenzieher hinter der Mordserie, die von 1921 bis 1926 andauerte.

Dabei nutzte er die Hilfe seines naiven Neffen Ernest Burkhart (DiCaprio), dessen Frau Molly (Lily Gladstone) als Angehörige der Osage Anspruch auf Land mit größerem Ölvorkommen hatte. Sowohl deren Schwägerin als auch einen weiteren Cousin brachten Burkhart und Hale um. Für diesen letzten Mord mussten beide Gefängnisstrafen absitzen, wurden aber vorzeitig begnadigt. Die grausame Geschichte ist ein Lehrstück in strukturellem Rassismus und verdrängter Geschichte, die bis heute in den USA nachwirkt.

An der Seite von DiCaprio: Mit Yancey Red Corn, Chief Standing Bear und Tantoo Cardinal (von links) sind drei Vertreter*innen der Osage mit nach Cannes gereist. (Bild: Marc Piasecki/FilmMagic)
An der Seite von DiCaprio: Mit Yancey Red Corn, Chief Standing Bear und Tantoo Cardinal (von links) sind drei Vertreter*innen der Osage mit nach Cannes gereist. (Bild: Marc Piasecki/FilmMagic)

Verbrechen im Spotlight von Hollywood

Da die kompletten Ausmaße der Mordserie und der Erpressungen nie gänzlich aufgeklärt werden konnte, klagten Vertreter der Osage Nation im Jahr 2000 gegen die US-Regierung. Elf Jahre später kam es schließlich zu einer Einigung, in der das US-Innenministerium den Osage sowohl 380 Millionen US-Dollar Entschädigung zahlen musste, als auch Zusagen gab, das zuständige behördliche System zum Management der Öl-Gewinne anzupassen und zu verbessern.

Der Hollywood-Film wirft nun noch einmal das Scheinwerferlicht auf dieses ungeheuerliche Verbrechen und zeigt, wie weit die Folgen bis in die heutige Zeit ausstrahlen. Zu den Filmfestspielen in Cannes war auch Standing Bear, der Oberste Häuptling der Osage, angereist. Er sagte laut "dpa": "Mein Volk hat sehr gelitten. Die Auswirkungen sind bis heute zu spüren." Doch das Filmteam habe dazu beigetragen, dass man Vertrauen zurückgewinnen könne.

In Deutschland wird die Apple-Produktion ab dem 19. Oktober 2023 im Kino zu sehen sein, bevor sie dann über den hauseigenen Streaming-Service Apple TV ausgestrahlt wird.

Im Video: Erster Teaser: So episch wird Martin Scorseses XXL-Film "Killers of the Flower Moon"