Diese 7 Filmklassiker fallen beim Sexismus-Test durch
Wie kann es sein, dass im Jahr 2024 immer noch so viele Filme produziert werden, in denen Frauen unterrepräsentiert oder einfach nur sexistisch dargestellt werden? Eigentlich dachten wir, die Filmindustrie hätte mittlerweile mal aus ihren Fehlern gelernt. Aber nein, es gibt immer noch viele Filme, die nur so vor Male Gaze triefen. Nerv. Häufig merkt man nicht mal, dass vermeintlich moderne Filme dann doch veraltete Rollenbilder propagieren. Der Bechdel-Test will diese Umstände transparent machen und prüft Filme auf ihren Sexismus-Gehalt. Das Ergebnis: ernüchternd. Viele Filmklassiker können diesen Test nicht bestehen und gelten laut dem Bechdel-Test als sexistisch.
Laut Bechdel-Test: Wenn diese Punkte nicht erfüllt sind, sind Filme sexistisch
Der Bechdel-Test misst, wie stark Frauen in Filmen repräsentiert sind und überprüft, welche Rolle sie darin spielen. Ursprünglich wurde er von der Comic-Autorin Alison Bechdel in einem ihrer Werke vorgestellt, im Laufe der Jahre dann von vielen Feminist*innen aufgegriffen, sodass er heute ein populärer Indikator für den Sexismus-Gehalt medialer Inhalte ist – auch, weil der Test so einfach durchzuführen ist. Sobald Filme eines dieser drei Merkmale nicht erfüllen, werden sie laut dem Bechdel-Test als sexistisch eingestuft:
Merkmal 1: Es gibt mindestens zwei weiblich gelesene Charaktere.
Merkmal 2: Die weiblich gelesenen Charaktere müssen miteinander sprechen.
Merkmal 3: Das Gespräch darf sich nicht nur um Männer drehen.
Mittlerweile wurde der Bechdel-Test noch um eine vierte Anforderung an mediale Inhalte erweitert:
Merkmal 4: Die weiblich gelesenen Charaktere müssen einen Namen haben.
Nur Inhalte, die alle drei, je nach Auslegung sogar alle vier Merkmale erfüllen, werden als nicht-sexistisch gewertet. Alle anderen Filme – und das sind erstaunlich viele – können den Bechdel-Test nicht bestehen, obwohl seine Anforderungen nicht gerade hoch sind. Wie sinnvoll dieser Sexismus-Test wirklich ist, sei mal so dahingestellt. Immerhin ist das Auswahlverfahren, welche Inhalte nun als sexistisch gelten oder nicht, ziemlich grobmaschig. Gerade deshalb ist es aber auch so erschreckend, wie viele Filmklassiker dennoch durchfallen. Diese sieben Filme sind laut dem Bechdel-Test – und zu unserer Überraschung – sexistisch:
Diese Filmklassiker sind nach dem Bechdel-Test sexistisch
Selbst Filme, bei denen wir gar nicht gedacht hätten, dass sie sexistisch sind, fallen bei dem Bechdel-Test durch – und das, obwohl er sich nur auf die Repräsentanz von weiblich gelesenen Charakteren konzentriert und noch nicht mal die inszenierten Rollenbilder auseinandernimmt (dann würden noch vieeeeel mehr Filme als sexistisch gelten, glauben Sie uns). Wird also mal höchste Zeit, Tabularasa zu machen. Nicht, weil Sie jetzt die folgenden Filmklassiker nicht mehr schauen dürfen, auf keinen Fall. Verbieten wollen wir Ihnen und uns nichts. Trotzdem schadet es nicht, sich gewisse Fakten vor Augen zu führen – zum Beispiel, dass diese sieben Filmklassiker die Tendenz haben, sexistisch zu sein, und es nicht mal schaffen, den Bechdel-Test zu bestehen:
1. Avatar
20th Century StudiosYouTube
Eigentlich sollte man ja meinen, dass Avatar – Aufbruch nach Pandora frei von sexistischen Tendenzen ist. Immerhin handelt es sich um den erfolgreichsten Film aller Zeiten, der vor gut 15 Jahren in die Kinos kam. Ist also noch gar nicht so lange her. Trotzdem fällt der Filmklassiker knapp durch den Bechdel-Test. Es gibt zwar mehrere weiblich gelesene Darstellerinnen, wirklich unterhalten tun die sich aber leider nicht. Mehr als Blicke oder Halbsätze werden hier nicht ausgetauscht. Einzige Ausnahme ist Neytiri (Zoë Saldaña), die sich mit ihrer Mutter unterhält, damit wären Merkmal eins und zwei erfüllt. Allerdings reden sie in diesem Gespräch ausschließlich über den männlichen Hauptdarsteller Jake (Sam Worthington), was wiederum gegen Merkmal drei spricht. Laut dem Bechdel-Test wird der erste Avatar-Teil also als sexistisch eingestuft. Zumindest zeigt er, dass das Geschlechterverhältnis hier nicht ausgewogen ist.
2. Star Wars
Classic TrailerYouTube
Die ersten drei Star Wars-Episoden – IV, V und VI – können den Bechdel-Test ebenfalls nicht bestehen. Auch wenn George Lucas schon 1977 mit seiner kongenialen Idee ein wahres Filmimperium geschaffen und nicht an inhaltlichen Details gespart hat, ist ihm eine Sache leider entgangen: Frauen scheinen in derStar Wars-Welt kaum einen Platz zu haben. Immerhin besteht das Universum praktisch nur aus Männern. Erst mit den Pre- und Sequel-Episoden wurde hier was für die Sichtbarkeit getan. Star Wars: Das Erwachen der Macht besteht den Bechdel-Test beispielsweise mit Bravour und wird – anders als die anderen Filmklassiker – nicht als sexistisch gewertet.
3. Herr der Ringe
Andar_KYouTube
Man mag doch meinen, dass in über zehn Stunden Film irgendwann mal zwei namentlich genannte, weiblich gelesene Figuren auftauchen, die sich dann auch noch miteinander unterhalten. Bei der Herr der Ringe-Trilogie sucht man vergeblich nach weiblichen Hauptdarstellerinnen, die noch etwas anderes als Männer im Kopf haben. In allen drei Filmen gibt es nur eine kurze Szene, die den Bechdel-Test bestehen würde (siehe Video). Ansonsten segeln alle drei Teile gnadenlos durch. Wir lieben Herr der Ringe, keine Frage. Wir würden die Trilogie aber noch mehr lieben, wenn ein paar coole weibliche Charaktere mit am Start wären.
4. Lola rennt
ARD PlusYouTube
Lola rennt mit Franke Potente und Moritz Bleibtreu war ein erfolgreicher deutscher Action-Thriller aus den späten 90er-Jahren, der national sowie international für Aufsehen sorgte. Die Erzählweise war anders (die Handlung wird dreimal neu erzählt), die Schauspielenden talentiert, der Vibe des neuen Berlins ansteckend. Auch wenn wir es bei Lola mit einer weiblichen Hauptdarstellerin zu tun haben, die stark, selbstbewusst und modern ist, kann der Filmklassiker den Bechdel-Test nicht bestehen. Problem ist nämlich: Lola spricht mit keiner anderen Frau. Stellt sich die Frage, wie zutreffend das Label "sexistisch" in diesem Fall wirklich ist.
5. Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2
Warner Bros. DEYouTube
Auf die Idee, dass Harry Pottersexistisch sein könnte, sind wir bislang noch nicht gekommen. Was seine Autorin mittlerweile für menschenunwürdige Äußerungen von sich gibt, ist eine Sache, auf die Filme lassen wir allerdings nichts kommen. Weiblich gelesene Charaktere gibt es in der Zauberwelt ja genug. Namen haben Hermine, Ginny und Professor McGonagall auch. Doch in Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2 fehlen die männerunabhängigen Interaktionen. Deshalb hat der Bechdel-Test den Filmklassiker als sexistisch eingestuft. Sätze wie "Diesen Zauberspruch wollte ich immer schon mal sagen" von McGonagall an Molly Weasley, reichen da leider nicht, um den Sexismus-Test zu bestehen.
6. La La Land
Lionsgate MoviesYouTube
Die Story um den Jazzpianisten Seb Wilder (Ryan Gosling) und die aufstrebende Schauspielerin Mia Dolan (Emma Stone) aus dem Jahr 2016 hat Millionen Menschen in die Kinos getrieben. La La Land wurde mit zahlreichen Preisen geehrt – darunter Golden Globes, Oscars und andere renommierte Filmpreise. Den Bechdel-Test konnte der Filmklassiker aber trotzdem nicht bestehen, zumindest wenn man ihn ganz streng auslegt. Es gibt weiblich gelesene Charaktere, ja, und die reden auch miteinander. Wirkliche Namen, sodass sie das Publikum benennen könnte, haben sie aber bis auf die Hauptdarstellerin nicht. Das vierte Merkmal, das nicht-sexistische Filme laut dem Bechdel-Test ausmachen, konnte La La Land also nicht erfüllen. Sollte man also im Kopf behalten. Sehenswert ist der Filmklassiker natürlich trotzdem.
7. Challengers
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Challengers hat uns in diesem Jahr gut durch den Sommer gebracht und einen regelrechten Mode-Hype ausgelöst, was Tenniscore angeht. Immerhin erfreute sich die Geschichte um die Dreiecksbeziehung zwischen Tashi (Zendaya), Patrick (Josh O'Connor) und Art (Mike Faist) großer Beliebtheit und war zugegebenermaßen auch ziemlich heiß. Den Kritiker*innentest hat der Filmklassiker also bestanden, den Bechdel-Test allerdings nicht. Und das, obwohl Zendaya darin – ihres Zeichens grandios – die Hauptrolle einer jungen Tennisspielerin verkörpert. Begründet liegt dieses Urteil ganz einfach darin, weil die Gespräche zu anderen weiblich gelesenen Darstellerinnen ausbleiben. Den Film müsste man laut dem Bechdel-Test also eigentlich als sexistisch bezeichnen, diesem Urteil würden wir uns allerdings nicht unbedingt anschließen. Nicht jeder Filmklassiker ist automatisch sexistisch, nur weil durch den Bechdel-Test fliegt – und definitiv nicht jeder Film ist nicht-sexistisch, nur weil er durchkommt, das darf man nicht ganz unkritisch sehen. Trotzdem zeigt der Bechdel-Test auf, wie unterrepräsentiert weibliche Darstellerinnen in Filmen auch heute immer noch sind. Und das muss sich die Filmindustrie jetzt mal hinter die Löffel schreiben und endlich was ändern.