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Diese Filmemacherin will Tampons aus Algen herstellen

Gründerin Ines Schiller und ein „Tangpon“: Farblich unterscheidet es sich nicht von herkömmlichen Tampons
Gründerin Ines Schiller und ein „Tangpon“: Farblich unterscheidet es sich nicht von herkömmlichen Tampons

Am Anfang ihrer Idee, Tampons aus Algen zu produzieren, stand Ines Schillers Faszination für die kleine grüne Pflanze. Als die Sozialunternehmerin in Südafrika eine Weiterbildung zum Marine-Guide machte, habe eine Dozentin sie für Algen begeistert, erzählt sie: „Es war immer in meinem Hinterkopf, mal irgendwas mit Algen zu machen.“

Die Pflanze ist sehr nährstoffreich und wird deshalb als Superfood gehandelt. In den vergangenen Jahren boomten Produkte mit Algen, von Smoothies bis Algen-Pulver. Schiller aber wollte die Pflanze im Nonfood-Bereich einsetzen, auch um ihren Nutzen als nachhaltiges Rohmaterial aufzuzeigen. Algen können nämlich innerhalb kürzester Zeit viel Biomasse zulegen, so schnell, dass die UN sie schon in den 1970ern als Lösung gegen den Welthunger ins Spiel brachte.

So kam Ines Schiller schließlich auf Periodenprodukte: „Es gibt in dem Bereich wirklich nichts, was wirklich nachhaltig ist und trotzdem gut funktioniert.“ Also greife man eben doch wieder zum „Schlechtes-Gewissen-OB“, wie Schiller das nennt. Das will die Sozialunternehmerin ändern und hat im vergangenen Jahr ihr Startup Vyld gegründet, mit dem sie nun die Algen-Tampons produzieren will. Oder auch „Tangpons“, wie Schiller sie nennt. Auch eine erste Pre-Seed-Finanzierung konnte sie bereits abschließen, ein mittlerer sechsstelliger Betrag sei dabei zusammengekommen. Es investierten mehrere Impact-Fonds wie etwa Purpose Ventures oder The Case for Her, auch Business Angels wie der Blinkist-Mitgründer Sebastian Klein beteiligten sich.

Vom Indie-Film zum Algen-Tampon

Bevor sie ins Tampon- und Algen-Business einstieg, hat die 36-jährige Schiller schon viele Dinge ausprobiert: Die studierte Philosophin und Neurowissenschaftlerin schrieb und drehte mehrere preisgekrönte Indie-Filme. Doch das Filmemachen reichte ihr irgendwann nicht mehr, sie wollte mehr in die „echte Welt“. Also gründete sie die Initiative „Mein Grundeinkommen“ mit, die ein Pilotprojekt zum bedingungslosen Grundkommen anstieß: 122 Personen erhalten drei Jahre lang 1.200 Euro im Monat zu ihrer freien Verfügung.

Meeresbiologie habe sie schon immer interessiert, erzählt sie. Parallel zur Grundeinkommens-Initiative arbeitete sie bei dem Biotech-Startup Bluu Biosciences mit, das aus Fischzellen künstlichen Fisch herstellt. Und nun also die Algen.

Aktuell sind die Tampons noch in der Entwicklung. Die meisten Periodenprodukte auf dem Markt bestünden größtenteils aus Viskose oder Baumwolle, sagt Schiller. Dieses Material will Vyld durch Algenfasern ersetzen. Algen werden auch schon im medizinischen Bereich verwendet, sogenannte Alginate dienen als Wundauflagen vor allem für stark nässende Wunden. Daran will Vyld anknüpfen und eigene Algenfasern für die Tampons entwickeln. Dafür arbeitet das Startup bereits mit verschiedenen Forschungsinstituten zusammen. Grün sind die Fasern am Ende aber dennoch nicht: „Bei einem Periodenprodukt machen die weißen Fasern ja tatsächlich Sinn, damit man sieht wie vollgesaugt es schon ist.“ Auch lasse die Farbe ihrer Menstruationsflüssigkeit so Rückschlüsse auf die Gesundheit zu.

Ende dieses Jahres, so hofft Schiller, soll das Produkt in Serienreife gehen. Für die Produktion will die Unternehmerin zusätzlich eine Crowdfunding-Kampagne starten. Produzieren möchte sie in Deutschland oder Europa, auch die Algen plant die Gründerin aus Europa beziehen. Bislang kommen die meisten Algen aus Asien. Der größte Produzent ist bislang China, gefolgt von Indonesien und Japan, sagt Schiller.

Noch ist ihr Team klein, zwei weitere Mitarbeiterinnen beschäftigt sie. Doch bei den Periodenprodukten soll es nicht bleiben. Wenn es nach der Gründerin geht, sollen bald noch weitere Produkte dazukommen. Von Windeln, Inkontinenzeinlagen oder andere Textilien – alle natürlich auf Algen-basiert.

Preis zunächst ähnlich hoch wie CBD-Tampons

Der Algen-Tampon wird zunächst deutlich teurer sein als herkömmliche Tampons aus der Drogerie. Preislich werde man sich vermutlich an CBD-getränkten oder probiotischen Tampons orientieren, die es aktuell schon im Premiumsegment gibt. In Deutschland sind CBD-Tampons noch nicht zugelassen, die britische Firma Your Daye verkauft etwa zwölf CBD-Tampons für elf Pfund, also etwas mehr als 13 Euro.

Der Markt um Periodenprodukte wird in Deutschland von ganz großen Playern wie etwa OB dominiert. In den vergangenen Jahren drängen auch andere Perioden-Startups wie etwa The Female Company auf den Markt, um sich als Alternative zu etablieren. „Doch auch die versuchen, mit OB-Preisen zu konkurrieren“, sagt Schiller. Für Vyld zunächst utopisch. Doch auch Schiller hofft, sich im Laufe der Zeit an diese Preise anzugleichen. „Der Preis für Viskose und Baumwolle steigt schon heute durch die Schwierigkeiten, die die Klimakrise für deren Anbau mit sich bringt. Gleichzeitig werden Algen billiger, weil mehr produziert werden“, sagt sie.