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Digitalisierung mit Hindernissen

Im Zuge der Digitalisierung wollen auch die Stadtwerke ihre Geschäftsmodelle modernisieren. Doch sie klagen über Gesetze, die sie daran hindern.

Wenn am Dienstag und Mittwoch die Stadtwerke zum großen Branchentreff bei der Tagung des Verbands der Kommunalen Unternehmen (VKU) in Berlin zusammen kommen, wird es vor allem um eine Frage gehen: Wie können sie den Sprung ins Digitale Zeitalter schaffen?

Laut einer Umfrage des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft erwarten 47 Prozent der befragten 100 Unternehmen für die Zukunft starke bis sehr starke Veränderungen bei ihren Geschäftsmodellen. Doch die Unternehmen fühlen sich in ihren Bemühungen, mit der privatwirtschaftlichen Konkurrenz mitzuhalten, zunehmend behindert. Grund ist das Gemeindewirtschaftsrecht. Es setzt den Aktivitäten der kommunalen Unternehmen enge Grenzen. Die Firmen dürfen nur das machen, was zur Daseinsvorsorge dient. Allerdings ist die Auslegung, was dazu gehört, am Ende Sache von Einzelentscheidungen.

Die Zusammenarbeit zwischen Start-ups und Stadtwerken werde je nach Bundesland durch das Gemeindewirtschaftsrecht unterschiedlich stark eingeschränkt, kritisiert VKU-Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Dieser Nachteil ist für die Stadtwerke gegenüber den privaten Anbietern problematisch“. Die Digitalisierung verstärke diese Problem noch, da dabei von allen Marktteilnehmern Schnelligkeit und Flexibilität gefordert sei. Reiche fordert daher länderspezifische Änderungen im Gemeindewirtschaftsrecht.

Ein aktuelles Beispiel: Der südhessische Versorger Entega wollte einen Leuchtenhersteller kaufen, um sein Energieeffizienz-Portfolio auszubauen um auf diese Weise mit konkurrierenden Energieversorgern mithalten zu können. Zwar ging der Deal am Ende durch, bis dahin dauerte es jedoch mehrere Monate, weil zuerst unter anderem die Stadtverordnetenversammlung überzeugt werden musste. Die Entega fürchtet, dass ihnen in Zukunft noch öfter Steine in den Weg gelegt werden.

Um im Wettbewerb mit anderen privaten Anbietern bestehen zu können, scanne das Unternehmen den Markt derzeit auch nach Start-ups im Bereich Datennutzung und Digitalisierung, sagt Marie-Luise Wolff-Hertwig, Vorstandsvorsitzende der Entega. „Wenn man da nicht schnell zuschlagen kann, sondern erst monatelang auf eine Genehmigung warten muss, hat man am Ende das Nachsehen gegenüber anderen Interessenten.“

Die langwierigen Prozesse sind zudem ein großer Unsicherheitsfaktor für die kommunalen Unternehmen, wie das Beispiel eines Stadtwerks in in Nordrhein-Westfalen zeigt. Das Unternehmen will seinen Kunden als Zusatzleistung einen smarten Türöffner anbieten.

Die Idee: Per App bekommt etwa die Putzkraft einen Code zugesendet, mit dem sie innerhalb eines begrenzten Zeitraums Zugang zur Wohnung hat. Allerdings ist nicht sicher, ob diese Erweiterung genehmigt werden würde. Angesichts des finanziellen Planungsaufwands überlege man sich als Stadtwerk schon, ob man das Risiko eingeht, dass man so ein Projekt am Ende nicht machen dürfe, erklärt ein VKU-Sprecher.