"Disinformation Dozen" verbreiten Falschmeldungen zu Covid-Impfungen

Zwölf Influencer*innen sind für millionenfach geteilte Beiträge auf Facebook, Twitter und Instagram verantwortlich, die Falschaussagen oder Panikmache zur Covid-19-Impfung beinhalten.

Online kursieren viele Desinformationen über Covid-19-Impfstoffe. (Symbolbild: Getty)
Online kursieren viele Desinformationen über Covid-19-Impfstoffe. (Symbolbild: Getty)

Das Desinformations-Dutzend: So wird eine Gruppe von US-amerikanischen Influencer*innen genannt, die kampagnenartig Fehlinformationen über Covid-19-Impfungen auf ihren Social-Media-Kanälen verbreiten. Das Problem: Sie erreichen und beeinflussen damit mehr als 59 Millionen Menschen – und sie profitieren finanziell davon.

65 Prozent aller impfkritischen Beiträge

Bereits im März hat das „Center for Countering Digital Hate“ (CCDH), eine gemeinnützige Organisation, die zu Hassrede und Desinformationen im Digitalen forscht, eine Studie zu den „Disinformation Dozen“ herausgegeben.

Darin heißt es, dass auf die zwölf Influencer*innen rund 65 Prozent aller Twitter-, Facebook- und Instagram-Beiträge, die sich gegen Covid-19-Impfungen richten, zurückgehen. Sie sind damit, so bezeichnet sie die Huffington Post, Desinformations-Superspreader.

Beinahe jeder fünfte Beitrag enthält Desinformationen, Lügen oder Aussagen, die aus dem Kontext gerissen wurden. Untersucht hat das CCDH dazu 812.000 Beiträge in den drei sozialen Netzwerken im Zeitraum zwischen dem 1. Februar 2021 und dem 16. März 2021.

Keine relevante Expertise

Obwohl die Influencer*innen damit wiederholt gegen bestehende Community-Richtlinien verstoßen haben, gibt es kaum Konsequenzen. Nur drei aus dem Dutzend wurden zwischenzeitlich auf entweder Twitter, Instagram oder Facebook gesperrt. Neun publizieren hingegen weiterhin auf allen drei Netzwerken. Nur selten werden ihre Beiträge als Desinformation oder irreführend gekennzeichnet.

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Das CCDH schreibt dazu: „Wir befinden uns mitten in der tödlichsten Gesundheitskrise seit über einem Jahrhundert in den USA. Durch schnelle Impfungen könnten wir die Pandemie besiegen. Es kommt deshalb darauf an, dass die Öffentlichkeit sich impfen lassen will. Aber es gibt diese kleine Gruppe von Personen, die keine relevante medizinische Expertise besitzt, sich aber ihre eigenen Taschen damit füllt, die Gefahr von Covid-19 herunterzuspielen und Desinformationen über die Sicherheit von Impfstoffen zu verbreiten.“

Bei den Influencer*innen handelt es sich um Ärzt*innen und Unternehmer*innen, die „alternative Gesundheitsverfahren“ propagieren, die selbst Nahrungsergänzungsmittel gegen Covid-19 verkaufen oder Bücher zum Thema. NPR, der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den USA, beschreibt es so: „Für diese Impfgegner*innen sind Desinformationen Teil ihres Geschäfts.“

Eine zweite Studie bekommt viel Aufmerksamkeit

Das CCDH hat im März führende Politiker*innen und Vorstandsmitglieder der drei sozialen Netzwerke informiert und empfohlen, die zwölf Influencer*innen zu sperren. Doch wenig ist passiert.

Am vergangenen Donnerstag hat das CCDH nun eine zweite Studie („The Sequel“) zum „Disinformation Dozen“ veröffentlicht, die die bisherigen Ergebnisse bestätigt. Darin heißt es: „Die Untätigkeit der sozialen Netzwerke hat dazu geführt, dass im vergangenen Monat 105 Beträge mit Desinformationen über Covid-19-Impfungen insgesamt 29 Millionen Mal angesehen wurden.“

Der Report hat viel mediale Aufmerksamkeit erhalten. Und wohl auch zum Umdenken bei den sozialen Netzwerken geführt. Am gleichen Tag noch, das berichtet NPR, hat Facebook einige der Accounts des „Disinformation Dozen“ gesperrt und zahlreiche ihrer Beiträge, die Lügen enthalten, gelöscht. Außerdem wurden bestehende Accounts eingeschränkt: Sie können vorerst nicht mehr weiterempfohlen werden, ihre Sichtbarkeit wurde gesenkt und sie können ihre Beiträge nicht mehr bewerben.

Entgegen die eigene Logik

Das Zögern, gegen reichweitenstarke Profile und Nutzer*innen vorzugehen, erklärt sich mit der eigenen Logik der sozialen Netzwerke. Denn die wollen, dass Nutzer*innen möglichst viel Zeit auf ihren Plattformen zubringen. Es ist also das Ziel, dass sie mit Beiträgen intensiv interagieren – sie liken, teilen und kommentieren.

Das „Disinformation Dozen“ hilft den sozialen Netzwerken mit ihren reichweitenstarken Beiträgen somit beim Geschäftsmodell. Das CCDH schreibt dazu passend: „Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Plattformen in 95 Prozent der Fälle, wenn ihnen Beiträge mit Covid-19-Desinformationen gemeldet werden, nicht handeln.“ Im Gegenteil gebe es Hinweise, dass zumindest Instagrams Algorithmus Beiträge mit ähnlichen Desinformationen in der Folge sogar sichtbarer mache und damit mehr Nutzer*innen anzeige.

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