Diversitäts-Diskussion: Die ARD und das "Frauenproblem"

Hat die ARD ein “Frauenproblem”? So jedenfalls titelte die Bild am Sonntag. Jetzt meldet sich der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow zu dem Thema.

Der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow äußerte sich in einem Interview zu den umstrittenen Aussagen seines Programmdirektors. (Bild: Oliver Berg/dpa)
Der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow äußerte sich in einem Interview zu den umstrittenen Aussagen seines Programmdirektors. (Bild: Oliver Berg/dpa)

Die ARD-Anstalten müssen sich gerade des Vorwurfes erwehren, in den eigenen Reihen nicht sehr auf Diversität zu achten. Anlass für diese Diskussion war ein Interview des ARD-Programmdirektors Volker Herres, das er im Juni der Bild am Sonntag (BamS) gegeben hatte. Dort hatte der 62-jährige Herres gesagt, ihm falle kein weibliches Pendant zu Kai Pflaume ein: “In der Showunterhaltung trifft man nicht viele Frauen an.” Falls er jemanden übersehen habe, dürfe man sich aber gerne bei ihm melden. Kein Wunder, dass vor allem viele weibliche Moderatorinnen nicht sehr begeistert von den Aussagen des Programmdirektors waren. Aus ihren Reihen gab es umfangreiche Kritik an der Wahrnehmung Herres.

Nun meldete sich auch der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow zu dem Thema zu Wort. In einem Interview mit dem Fachmagazin Journalist sagte Buhrow über Herres’ Interview: “Das war wahrscheinlich kein Punktgewinn.” Doch Herres habe inzwischen klargestellt, dass die Aussage nicht so gemeint gewesen sei, wie sie aufgefasst wurde. Stattdessen wies Buhrow lieber auf die Polit-Talks hin, bei denen zwei von drei von Frauen moderiert seien. Dazu habe man im Wissenschaftsbereich Mai Thi Nguyen-Kim, worüber er sehr glücklich sei.

WDR als Diversitäts-Flaggschiff

WDR-Intendant Buhrow ist sich sicher: “Wir haben genug vorzuweisen, auch wenn eine solche Äußerung das mal etwas verdeckt.” Er selbst sehe im WDR das Flaggschiff der Diversität. Schließlich habe er dort eine Intendantin und eine Chefredakteurin gehabt: “Ich hatte wirklich viele weibliche Chefs. Das war für mich kein Unterschied. Es gibt nur gute und schlechte Chefs.”

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Ob diese Auffassung nach dem entlarvenden Herres-Interview von den Frauen im Sender auch so geteilt wird, ist eher fraglich. Zu den Kritikerinnen gehörte unter anderem Eva Schulz, die selbst ein ARD-Format moderiert. Sie zeigte sich auf Twitter “entsetzt” über dessen Aussagen.

Auch Comedy-Star Carolin Kebekus reagierte in ihrer Show, die seit Mai in der ARD zu sehen ist, mit einem sarkastischen Interview mit Kollegin Janin Ullmann und einem “Werbespot” für mehr Frauen im Fernsehen.

Immerhin: Diesen Spot teilten ARD und WDR auf ihren Twitter-Accounts. Die öffentlich-rechtlichen Sender waren sichtlich um schnelle Schadensbegrenzung bemüht. In einem Statement hieß es nach der Veröffentlichung des BamS-Interviews: “Selbstverständlich hält Herr Herres Frauen für geeignet, Unterhaltungsshows zu präsentieren.” Er wünsche sich sogar ausdrücklich eine Samstagabend-Moderatorin. “Voraussetzung ist, dass Sendeplatz, Format und Moderation perfekt zusammenpassen.” In dem Journalist-Interview betonte Buhrow nun, die Hälfte seiner Geschäftsleitung sei weiblich. Auch beim rbb, Radio Bremen und im MDR gibt es eine Intendantin an der Spitze. Bezogen auf alle elf ARD-Anstalten ist das allerdings immer noch eine deutliche Minderheit.

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