Donald Trump will bei den Zinsen mitreden: Zerstört er die US-Fed, wie wir sie kennen?
Donald Trump will durchregieren. Dafür nimmt er auch bewährte Institutionen ins Visier – wie die US-Notenbank Fed. Weltweit ist die Fed das Vorbild einer unabhängigen Zentralbank. Ihre zentrale Aufgabe ist es, ein Zinsniveau festzulegen, bei dem die Inflation niedrig und die Beschäftigung hoch ist. Die Fed ist zudem die oberste Bankenaufsicht. Die Politik darf dabei – aus guten Gründen – nicht mitreden. Trump will das nicht akzeptieren. Schon in seiner ersten Amtszeit setzte er die Fed unter Druck. In seiner zweiten Amtszeit könnte er Notenbank, wie wir sie kennen, zerstören.
Der Konflikt dürfte schnell eskalieren. Trumps Pläne in der Wirtschaftspolitik werden nach einhelliger Einschätzung von Ökonomen die Inflation anheizen – allein schon durch seine Zollpläne, die wie ein Preisaufschlag auf Importe wirken. 20 Prozent auf alles. Eine unabhängige Fed würde darauf mit einem härten Zinskurs reagieren. Trump hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er nicht gewillt ist, dies kampflos hinzunehmen. Die Fed könnte ein erstes Schlachtfeld für den Feldzug der Trump-Republikaner gegen die Institutionen der liberalen Demokratie in den USA werden.
Darum sind unabhängige Notenbanken wichtig
In wenigen Fragen sind Ökonomen so einig, wie darin, dass es gut ist, die Notenbanken dem direkten Zugriff von Regierungen zu entziehen. Um die langfristig optimalen Zinsen zu finden, müssen sie oft Entscheidungen treffen, kurzfristig schmerzen. Zum Beispiel durch höhere Kreditkosten, weniger Wachstum oder eine vorübergehend höhere Arbeitslosigkeit.
Die Wirtschaftsgeschichte ist gespickt mit Warnungen: Jüngste Beispiele sind die Türkei oder Venezuela. In der Türkei setzte Präsident Erdogan trotz bereits steigender Preise Zinssenkungen durch, um seine Wiederwahl zu sichern. Die Inflation stieg auf über 80 Prozent. In Venezuela kann die Regierung die Zentralbank anweisen, Geld zu drucken, um ihre Ausgaben zu finanzieren. Das Land stürzte in eine Hyperinflation.
Im Präsidentschaftswahlkampf sorgte Trump mit zwei Attacken auf die Unabhängigkeit der Fed für Unruhe. Im April sickerten Pläne seines Teams durch, Schlüsselpositionen der Fed mit Gefolgsleuten Trumps zu besetzen. Im August sagte Trump selbst: „Ich bin der Meinung, dass der Präsident zumindest ein Mitspracherecht bei den Entscheidungen der Fed haben sollte“. Auch ihre Vorschläge zur Aufsicht von Banken sollten vom Weißen Haus geprüft werden.
So ist die Fed vor Trump geschützt
Das Federal Reserve System der USA wurde 1913 begründet. Dazu gehören das Federal Reserve Board in Washington, 12 regionale Federal Reserve Banken und das Federal Open Market Committee, das über die Zinsen entscheidet. Dem FOMC gehören die Mitglieder des Boards und vier Leiter der regionalen Banken an. Ähnlich ist die Europäische Zentralbank (EZB) aufgebaut, wie zuvor auch die Bundesbank.
Das Board bilden sieben Mitglieder, darunter der Vorsitzende Jerome Powell. Sie alle werden vom Präsidenten vorgeschlagen, müssen aber vom Senat bestätigt werden. Trump ernannte während seiner Präsidentschaft vier Vorstandsmitglieder und machte auch Jerome Powell zum Vorsitzenden der Fed. Er war dabei auf die Zustimmung der Mehrheit der Demokraten im Senat angewiesen.
Die Amtszeit der Gouverneure beträgt 14 Jahre. Auch dies soll sie auch kurzfristigen politischen Deals heraushalten. Die Amtszeiten laufen gestaffelt im Zweijahresrhythmus ab, das nächste Mal 2026. Der Vorsitzende der Fed wird für eine vierjährige Amtszeit ernannt. Powells Amtszeit als Vorsitzender läuft im Mai 2026 aus.
Zinsen der Fed: Einmischung hat Tradition
Präsidenten haben schon häufig versucht, die Fed-Chefs zu beeinflusse. Richard Nixon drängte Arthur Burns vor Nixons Wiederwahlkampagne 1972 erfolgreich dazu, die Geldmenge zu erhöhen, was die Inflation über Jahre anschob. Als der legendäre Fed-Chef Paul Volcker die Zinsen erhöhte, zitierte Ronald Reagan ihn ins Weiße Haus und wollte ihn anweisen, die Zinssätze vor der Wahl 1984 nicht zu erhöhen. George Bush forderte Alan Greenspan über die New York Times auf, die Zinsen zu senken.
Bill Clinton änderte dies nach Darstellung des Publizisten Jordan Weissman im Atlantic . Er folgte der Anregung seiner Wirtschaftsberater, dass sich Präsidenten zu Entscheidungen der Zentralbank nicht einmal äußern sollten. Auch George W. Bush und Barack Obama hielten sich weitgehend daran.
Donald Trump nicht. Nach einer ersten kleinen Zinserhöhung der Fed 2018 griff er die Fed öffentlich scharf an. Trump machte Powell direkt für fallende Aktienkurse verantwortlich, nannte ihn einen „Feind“ Amerikas, vergleichbar mit Chinas Staatschef Xi Jinping.
Trump versuchte sogar, Powell loszuwerden und durch loyale Gefolgsleute zu ersetzen, zuletzt Judy Shelton, die offen für eine „Koordinierung“ der Fed-Entscheidungen mit der Politik eingetreten war. Sie wurde schließlich vom demokratisch dominierten Senat abgelehnt – nachdem mehr als 100 Ökonomen in einem offenen Brief gegen ihre Wahl protestiert hatten.
Setzt Trump einen Gefolgsmann bei der Fed ein?
Doch bei der Wahl 2024 hat Trump nicht nur die Präsidentschaft zurückgewonnen. Die Republikaner holten auch die Mehrheit im Senat von den Demokraten.
Trump hat damit viel bessere Chancen, einen Gefolgsmann als Nachfolger Jerome Powell durchzusetzen. Dass er Powell keine neue Amtszeit geben will, Auch weitere Posten in den Gremien der Zentralbank werden während Trumps zweiter Amtszeit zu besetzen sein.
Der renommierte Ökonom Adam Posen, der Leiter des Peterson Institute for International Economics sagte es so: „Wenn Sie einen Verrückten ernennen, können Sie ihn umgehen. Wenn man mehr als einen ernennt und sie zu Spitzenkräften ernennt, sieht die Sache schon anders aus.“
Überall auf der Welt geraten unabhängige Institutionen wie Gerichte oder Notenbanken unter Druck populistischer und autokratischer Politiker. In der Linken ist die Forderung nach einem „Primat der Politik" verbreitet. Rechte Populisten argumentieren meist direkter. Trumps designierter Vizepräsident JD Vance etwa sagte bei CNN: „Wir haben so viele Bürokraten, die so viele wichtige Entscheidungen treffen. Wenn dem amerikanischen Volk die Zinspolitik nicht gefällt, sollte es jemanden wählen, der diese Politik ändert."
An diesem Donnerstag entscheidet die unabhängige Fed das nächste Mal über die Leitzinsen. Ihre Vertreter haben mehrfach deutlich gemacht, dass sie sich dabei allein von wirtschaftlichen Daten leiten lassen. Ökonomen und Analysten erwarten einhellig eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte. Für die folgende Fed-Entscheidung am 12. Dezember wird eine weitere Zinssenkung erwartet. Im Januar wird dann Donald Trump als Präsident in seine zweite Amtszeit eingeführt.