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Donald Trumps Finale: Kommt das vorzeitige Ende?

Offiziell sind es nur noch 13 Tage, bis Donald Trump das Weiße Haus verlässt. Doch der Sturm auf das Kapitol hat gezeigt, was unter Trump möglich ist. Wie geht es in den nächsten zwei Wochen weiter?

13 Tage noch, dann geht die Amtszeit von US-Präsident Donald Trump zu Ende. (Bild: REUTERS/Carlos Barria)
13 Tage noch, dann geht die Amtszeit von US-Präsident Donald Trump zu Ende. (Bild: REUTERS/Carlos Barria)

Am 20. Januar wird Joe Biden als neuer US-Präsident vereidigt, das steht trotz der gewaltsamen Ausschreitungen der Trump-Anhänger fest. Doch was passiert in den knapp zwei Wochen bis dahin? Wird Trump die letzten Tage seiner Amtszeit als Präsident verbringen, oder auf den letzten Drücker aus dem Weißen Haus gejagt? Und haben die schockierenden Vorfälle vom vergangenen Mittwoch rechtliche Konsequenzen für Trump und seine treuesten Anhänger?

Es waren unglaubliche Bilder, die aus Washington DC am Mittwoch um die Welt gingen. Ein aufgebrachter Mob stürmte das symbolträchtige Kapitol, in dem gerade die formelle Bestätigung der Präsidentschaftswahl durchgeführt werden sollte. Stundenlanges Chaos folgte. Der designierte und am Abend nach den Unruhen endgültig bestätigte neue US-Präsident Joe Biden sprach von einem “beispiellosen Angriff auf die Demokratie”. In der Folge starben vier der Trump-Anhänger, auch ein Polizist erlag seinen Verletzungen. Der Chef der Kapitols-Polizei von Washington trat angesichts der desolaten Sicherheits-Strategie am Tag darauf zurück. Die Welt blickte mit einer Mischung aus Faszination, Schrecken und teilweiser Häme auf den Niedergang der selbsterklärten Vorzeige-Demokratie. Im Zentrum des Chaos: Donald Trump.

Social-Media-Sperre für Trump

Trump hatte seine Anhänger bei deren Demonstration zuvor vom Podium aus buchstäblich zum Marsch auf das Kapitol aufgefordert. “Kämpft wie verrückt”, rief er ihnen zu, kurz bevor hunderte seiner Anhänger gewaltsam in das Senatsgebäude eindrangen, unter ihnen zahlreiche Neo-Nazis und Qanon-Verschwörer. Trump konnte sich lediglich verspätet zu einem halbgaren Video-Tweet durchringen, in dem er davon sprach, dass die Kapitol-Stürmer “sehr speziell” seien, er sie liebe und er wisse, dass sie betrogen worden seien. Twitter und Facebook sperrten Donald Trumps Accounts daraufhin vorübergehend, auch Youtube löschte sein Video vom Mittwoch.

Das Kapitol unter Belagerung. Erst nach Stunden gelang es den Sicherheitskräften, das Gebäude zu räumen. (Bild: Probal Rashid/LightRocket via Getty Images)
Das Kapitol unter Belagerung. Erst nach Stunden gelang es den Sicherheitskräften, das Gebäude zu räumen. (Bild: Probal Rashid/LightRocket via Getty Images)

Rückhalt der Republikaner schwindet

Top-Demokraten wie Chuck Schumer und Nancy Pelosi, demokratische Sprecherin des Hauses und direktes Ziel der Attacken, fordern jetzt eine sofortige Amtsenthebung des Präsidenten. Dem schließen sich zahlreiche Politiker und US-Medien auch aus dem konservativen Spektrum an. Auch der Rückhalt unter den Republikanern schwindet für Trump. Adam Kinzinger schloss sich als erster Parteigenosse den Forderungen nach der Anwendung des 25. Verfassungszusatzes an, ihm folgten weitere Republikaner wie Charlie Crist, Ted Lieu und Marylands Gouverneur Larry Hogan.

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Selbst treueste Anhänger wie Lindsey Graham, Senator von South Carolina, wenden sich von Trump ab: “Ich mache nicht mehr mit”, sagte Graham gegenüber US-Medien, bevor auch er deutlich betonte, dass Biden und Kamala Harris die Wahl im November gewonnen hätten. Mehrheitsführer und Trump-Anhänger Mitch McConnell hatte sich schon vor den Unruhen vom Präsidenten distanziert, nun trat auch noch seine Frau von ihrem Amt als Verkehrsministerin zurück. 17 Demokraten des Justizausschusses unterschrieben einen Brief an Mike Pence, in dem sie die sofortige Absetzung des Präsidenten fordern.

Zu wenig Zeit für ein Impeachment?

Der 25. Verfassungszusatz sieht vor, dass ein Präsident des Amtes enthoben werden kann, wenn er die Aufgaben nicht mehr ausführen kann. Gedacht ist dieser Zusatz eigentlich für den Fall, dass der Präsident im Koma liegt oder eine psychische Krankheit hat. In diesem Fall übernimmt der Vizepräsident sein Amt. Dieser ließ das Schreiben und mehrere Anrufe der Top-Demokraten allerdings bisher unbeantwortet.

Sollte Pence die Ausführung des 25th Amendment verweigern, gibt es noch eine zweite Möglichkeit. Die kompliziertere Methode, Trump noch vor dem 20. Januar des Amtes zu entheben, wäre ein erneutes Impeachment-Verfahren, wie es schon vor einem Jahr eingeleitet worden war. Da die Zeit dafür knapp wird, wäre dies aber vermutlich eher ein symbolischer Akt. Auch wenn die demokratische Abgeordnete Ilhan Omar noch am Tag der Unruhen angekündigt hatte, den Vorgang einzuleiten, könnten die 13 Tage bis zur Amtsübergabe zu knapp für ein Eilverfahren sein. Nancy Pelosi drängt dennoch zur Eile: “Jeder weitere Tag kann eine Horror-Show für Amerika sein”, warnte sie laut New York Times.

Klar scheint, dass eine politische Konsequenz in irgendeiner Form folgen muss. Laut Business Insider mehrt sich der Verdacht ausländischer Sicherheitsexperten, dass möglicherweise Sicherheitspersonal an dem Coup-Versuch beteiligt gewesen sein könnte. Stimmen diese Vermutungen, würde der unorganisierte Mob-Angriff noch einmal eine völlig neue Dimension bekommen. Tatsächlich waren viele Beobachter erstaunt, wie einfach es für die Angreifer war, in das Gebäude zu gelangen und wie lange es dauerte, bis das Kapitol wieder als gesichert erklärt wurde. Die Washington Post berichtete, dass es aus dem Pentagon vor den Pro-Trump-Protesten im Vorfeld der Unruhen stark regulierende Einschränkungen für die zuständigen Washingtoner Sicherheitskräfte gegeben habe. Den Einsatz der Nationalgarde schließlich gestattete nicht Trump, sondern sein Vize Mike Pence. Trump und sein Vize sollen inzwischen gar nicht mehr direkt miteinander reden. Dennoch sieht es bislang nicht so aus, als würde Pence ein Amtsenthebungsverfahren unterstützen.

Was passiert mit den Unterstützern?

Diejenigen, die am Sturm auf das Kapitol beteiligt waren, sollen nicht so ungeschoren davon kommen, wie es zunächst aussah. Die Empörung war auch deshalb so groß, weil der Sturm nahezu ungehindert stattfinden konnte und es verglichen mit etwa den “Black Lives Matter”-Demos sehr lange dauerte, bis die Polizei durchgriff. Das FBI hat bereits die Ermittlungen aufgenommen, es soll bereits dutzende Verhaftungen gegeben haben. Der zuständige Bundesstaatsanwalt von Washington stellte klar, er werde rechtliche Schritte gegen alle Verantwortlichen prüfen. Dazu gehören auch Trump und diejenigen Abgeordneten, die die Angriffe befeuerten. Seine Aufrufe zum Marsch auf das Kapitol könnten als Aufhetzung zu Gewalt ausgelegt werden. Das Ende der Präsidentschaft bedeutet auch den Verlust der Immunität. Trump soll deshalb erneut überlegen, ob er sich in einem nie dagewesenen Akt selbst vorbeugend begnadigt. Auch seine Kinder und seinen Anwalt Rudy Giuliani will er vermutlich so vor einer zukünftigen Strafverfolgung schützen.

Trump zwischen Wut und Resignation

Am Donnerstag gab sich Trump plötzlich versöhnlich, distanzierte sich von den gewalttätigen Protesten und versprach eine friedliche Machtübergabe an Biden und Harris. Insider aus dem Weißen Haus berichten indes von der Gemütslage des scheidenden Präsidenten. Sie beschreiben ihn als sauer auf alles und jeden, Medien und Mitarbeiter bekommen diesen Zorn zu spüren. Zwischen den Wutausbrüchen sei er zutiefst niedergeschlagen und versinke stundenlang vor seinem Fernseher. Daneben geht er höchstens noch seinem “Business as Usual” nach. Nur einen Tag nach dem historischen Sturm aufs Kapitol, der von vielen als Fanal der von ihm vorangetriebenen Spaltung des Landes gedeutet wurde, vergab Donald Trump die “Medal of Freedom”, die höchste zivile Auszeichnung der USA. Empfänger waren drei Golfspieler.

Im Video: So lief der Chaos-Tag in Washington ab