#Dorfkinder: Social-Media-Kampagne von Julia Klöckner geht nach hinten los
Mit der Social-Media-Kampagne #Dorfkinder wollte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner für ländliche Regionen werben. Doch statt über Lösungen debattierten Betroffene schnell nur noch über die bestehenden Probleme auf dem Land.
Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner (CDU), hat diese Woche eine Social-Media-Kampagne gestartet. Unter dem Hashtag „#Dorfkinder“ möchte sie für die ländlichen Regionen Deutschlands werben, den Blick auf Menschen lenken, „die Tag für Tag daran mitwirken, die Dörfer und Landgemeinden voranzubringen“ und die eine „Debatte über das Leben auf dem Land anstoßen“.
#Dorfkinder
Danke für die Aufmerksamkeit, denn darum geht es uns:
Die Dörfer ins Gespräch bringen.
Wir unterstützen #Dorfkinder und ehrenamtlich Engagierte, um gemeinsam etwas zu verbessern.
Wie und wo? Mit vielen Modellprojekten & dem #Dorfwettbewerb ⇨ https://t.co/tidwmlzohu pic.twitter.com/lkWUnSobLb— BMEL (@bmel) January 20, 2020
Eine Debatte, ja, die hat Klöckner mit Start ihrer Kampagne ausgelöst. Aber wohl nicht zu den Themen, die sie eigentlich setzen wollte. Wie etwa den Aufruf zum bundesweiten Dorfwettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, an dem im vergangenen Jahr laut Ministeriums-Seite knapp 1.900 Dörfer bis 3.000 Einwohner und Einwohnerinnen teilgenommen haben. Davon gewannen 30 Dörfer Preisgelder zwischen 5.000 und 15.000 Euro für vielversprechende Dorf-Konzepte, bestehendes bürgerschaftliches Engagement oder innovative Projekte. Auch das Projekt „Hauptamt stärkt Ehrenamt“, mit dem Klöckner und ihr Ministerium in Zukunft Strukturen zur Stärkung des Ehrenamts auf dem Land verbessern möchte, fand keinen Eingang in die Debatte.
Reaktionen fielen anders aus, als erhofft
Stattdessen drehte sich #Dorfkinder um die bestehenden Probleme auf dem Land: schlechte Infrastruktur, schlechtes Internet, schlechter öffentlicher Personennahverkehr, schlechter Zustand der Schulen.
Wie #dorfkinder die Kampagne sehen: pic.twitter.com/AxnCGum1N7
— Clara Nathusius (@CNathusius) January 20, 2020
Unsere Julia mal wieder...
- #Dorfkinder haben häufig keine Grundschule im Dorf.
- Dorfkinder sind oftmals von der digitalen Welt abgeschnitten.
- Dorfkinder sind auf #Elterntaxis angewiesen, weil kein ausreichender #ÖPNV besteht. /TN #Klöckner #CDU pic.twitter.com/PCd67kR00A— UnionWatch (@watch_union) January 20, 2020
Was #Dorfkinder wollen:
- schnelles Internet
- eine guten, regelmäßigen ÖPNV mit Bus und Bahn
- Schulen, wo nicht der Putz von der Decke fällt
Was #Dorfkinder von der Bundesregierung kriegen:
- die schwarze Null
- share pics von der Landwirtschaftsministerin https://t.co/PVpMiJezPU— Sven Kindler 🇪🇺 (@sven_kindler) January 20, 2020
Zahlreiche Reaktionen handelten außerdem von Alltags-Erfahrungen auf dem Land. Immer wieder schrieben Twitter-Nutzerinnen und -Nutzer von Perspektivlosigkeit, Alkoholkonsum, offenem Rassismus.
Bei mir auf dem Dorf gab es einen, der immer, wenn er besoffen war „Deutschland den Deutschen“ gerufen und den Hitler-Gruß gemacht hat 🥰 #dorfkinder https://t.co/N1g00i5YxK
— Sophie Paßmann (@SophiePassmann) January 20, 2020
#Dorfkinder ertränken ihre eigene Perspektivlosigkeit so lange öffentlich in Aggression Gewalt und Alkohol bis sie endlich alt genug sind um sich ein Haus zu kaufen und das ganz privat an ihrer Familie auszulassen
— Pixie Apfelbaum (@pixieapfelbaum) January 20, 2020
#Dorfkinder ziehen in die Stadt, weil aufm Dorf niemand was gegen die Faschos macht, im Fußballverein und in der Feuerwehr nur gesoffen wird und schwul das beliebteste Schimpfwort ist, ohne Ende Geklüngelt wird und sich nicht mal die Jungen für besseren Netzausbau interessieren.
— B🐾 (@_blickwinkel_) January 20, 2020
Weitere Spaltung der Gesellschaft
Manche antworteten direkt in den Kommentaren unter den Beiträgen der Bundesministerin, dass die Kampagne leider nur zu „einer weiteren Spaltung der Gesellschaft in ‚Dorfkinder‘ und ‚Stadtkinder‘ geführt“ habe. Von Lösungen aber bislang keine Spur.
Kein Kommentar zu Lösungen
Die bot Klöckner auch wenig später nicht, als sie in knapper und sachlicher Weise auf die Aufregung reagierte. Sie betonte stattdessen, dass die Debatte ein „Anstoß für uns alle“ sei, die bestehenden Probleme auf dem Land anzugehen. Wie sie das allerdings vorhat, wie beispielsweise die notwendigen und weitreichenden Investitionen in ländliche Infrastrukturen mit den Sparplänen ihrer schwarzen-Null-Partei zusammengehen sollen, dazu hat sie sich nicht geäußert.
Unsere #Dorfkinder-Kampagne hat heute viel Aufmerksamkeit bekommen.
Das ist gut so, weil es mir ein großes Anliegen ist, dass das Leben auf dem Land attraktiver wird.
Ich hoffe, die Debatte von heute ist ein Anstoß für uns alle, um bestehende Probleme auf dem Land anzugehen.— Julia Klöckner (@JuliaKloeckner) January 20, 2020