Drama um Unterkunft in Bayern - Ukraine-Flüchtlinge sollen Hof räumen: „Kosten sind Steuerzahler nicht zumutbar“

26 Ukraine-Flüchtlingen droht auf dem Seiml-Hof in Bayern die Zwangsräumung. Dem zuständigen Landratsamt wird vorgeworfen, die Bedürfnisse der Bewohner zu vernachlässigen. Die Geflüchteten haben nun Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht.

Einigen Bewohnern des Seiml-Hofs im bayerischen Ilzham bei Traunstein - konkret: 26 Ukraine-Flüchtlingen - steht die Zwangsräumung bevor. Laut einem Bericht des „Oberbayerischen Volksblatts“ (OVB) hat sich das Landratsamt Traunstein zu diesem drastischen Schritt entschieden.

Der Grund: Schon im September 2023 kündigte die Behörde den Beherbergungsvertrag, den sie 2022 mit dem Hof abgeschlossen hatte.

„Die fühlten sich nicht mehr zuständig“, sagte Fabian Wiese, Geschäftsführer der „Seiml-Hof GmbH“, der Zeitung. Die untergebrachten Ukrainer „sollten sich jetzt eigene Wohnungen suchen“.

Flüchtlingen wurde der Beherbergungsvertrag plötzlich gekündigt

Das wollten die Betroffenen offenbar nicht so stehen lassen: Sie reichten laut dem Bericht kurzfristig Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein. So kommt es, dass sie immer noch auf dem Seiml-Hof leben.

Der steht laut seiner Webseite nicht nur für eine ökologische Landwirtschaft, sondern ist auch ein Inklusionsbetrieb. Was die Ukrainer betrifft, sagte Wiese dem „OVB“: „Da sind Menschen mit schweren psychischen Problemen dabei, viele Kinder und manche behindert.“

Mit der Vertragskündigung im September 2023 entfiel zwar die finanzielle Unterstützung für den Hof. Trotzdem blieben die Ukraine-Flüchtlinge dort, einige sind laut Wiese inzwischen sogar als Dolmetscher, Pädagogen oder landwirtschaftliche Helfer am Seiml-Hof angestellt.

Hofleiter zweifelt an geeigneter Unterbringung der Geflüchteten durch Landratsamt

Zur Beschwerde, die sie nun beim Verwaltungsgericht eingereicht haben, sagt er: „Die Ukrainer haben sich einige Monate Aufschub erkämpft.“ Am Seiml-Hof hofft man laut „OVB“ auf eine „Leistungsvereinbarung“ mit der Regierung von Oberbayern - also, dass wieder Geld fließt.

Außerdem seien Zweifel aufgekommen, ob das Landratsamt Traunstein die Flüchtlinge, die jetzt noch auf dem Gelände wohnen, angemessen unterbringen könne.

Für Landrat Siegfried Walch (CSU) unverständlich: „Seit Monaten werden adäquate und gute Alternativen angeboten – selbstverständlich auch mit der notwendigen Betreuung für diejenigen mit besonderen Bedürfnissen", erklärt er auf Anfrage von FOCUS online in einer schriftlichen Stellungnahme.

Und weiter: „Diese Angebote wurden jedoch immer wieder abgelehnt. Klar ist: Ein Umzug ist keineswegs unzumutbar – insbesondere nicht, wenn man kostenlos wohnen darf. Es darf nicht immer nur darum gehen, ob ein Flüchtling umziehen will oder nicht. Sondern es muss darum gehen, ob die Gesamtsituation gegenüber der aufnehmenden Gesellschaft und dem deutschen Steuerzahler vertretbar ist.“

„Bei solchen Verträgen fließen 60.000 bis 70.000 Euro pro Monat“

Der Vertrag mit dem Seiml-Hof sei wegen der „extrem hohen Kosten dieser Beherbergungsverträge, die in der Notsituation nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine abgeschlossen wurden“, gekündigt worden, erklärt der Landrat.

„Bei solchen Verträgen in vergleichbarer Größenordnung fließen 60.000 bis 70.000 Euro pro Monat – das macht klar, warum der Vermieter so engagiert dafür kämpft, dass die Bewohner bei ihm bleiben. Aber dem Steuerzahler sind diese Kosten nicht zumutbar.“

Walch betont, dass es in der Verantwortung des Landratsamts liege, die Verträge, die nach Start der Ukraine-Invasion geschlossen wurden, zu beenden - „wie im Fall des Seiml-Hofs“.

„Dem Inhaber der Immobilie stand und steht es jederzeit frei, eigene Mietverträge zu regulären Mietkonditionen mit den Bewohnern abzuschließen. Dies hat er bislang immer abgelehnt. Es geht also wohl weniger um die Menschen als mehr um die Konditionen.“

FDP-Politikerin kritisiert scharf Drama um Inklusionshof

Scharf kritisiert wird Walch von der FDP-Bundestagsabgeordneten Sandra Bubendorfer-Licht. Sie zeigte sich gegenüber dem „OVB“ fassungslos: „Es ist unverständlich, warum das Landratsamt Traunstein die behinderten Flüchtlinge von einem ausgewiesenen Inklusionsbetrieb abziehen will.“

Bubendorfer-Licht bezeichnete die Situation als „Drama“ und schlug einen „Runden Tisch“ vor, um eine Lösung zu finden. Den Vorschlag lehnt Landrat Walch jedoch ab.

Er schreibt: „Natürlich kann es sein, dass der Eigentümer juristisch dagegen vorgeht und den Prozess in die Länge zieht, aber klar ist: Es wird keine neuen Vertragsverhältnisse mit dieser Unterkunft geben.“