Drei Konzerte wegen Terrorgefahr abgesagt - Swifts Glitzer-Bubble ist geplatzt – das zeigt, warum sie sich nicht gegen Trump stellt
Der Terroranschlag in Wien auf ein Taylor-Swift-Konzert konnte verhindert werden. Angerichtet haben die Terroristen dennoch etwas. Sie haben den „Safe Space“ zerstört, den dieses Konzert für viele darstellt. Die vereitelten Anschläge erklären auch, warum sie sich bislang nicht zur US-Wahl geäußert hat.
Im Video oben: Experte sagt, warum Islamisten gezielt Anschläge auf westliche Kultur-Events planen
„Wir haben uns noch nie eingemischt.“ Papa Swift hat eine ganz klare Meinung. Nein, seine Tochter soll sich nicht politisch äußern. Sie soll sich nicht einmischen. Sie soll nicht sagen, dass die Positionen der republikanischen Politiker und Politikerinnen in ihrer Heimat allem widersprechen, woran Swift glaubt. Es ist 2018. Es geht um die Senatswahlen in Tennessee.
Taylor Swift ist liberal. Sie ist für die Gleichstellung von Frauen. Sie ist für das Recht auf Abtreibung. Sie ist für die Freiheit jeglicher sexuellen Orientierung. Sie ist gegen Waffen. Aber sie spricht nicht darüber. Denn sie ist groß geworden als Country-Sängerin. Sie ist beliebt, in ganz Amerika. In allen Staaten – auch in denen, in denen republikanisch gewählt wird. Papa Swift fürchtet, das würde die Zahl der Fans halbieren, die im nächsten Jahr zu ihrer Tour kommen. Ganz abgesehen vom Sicherheitsrisiko.
„Ich muss auf der richtigen Seite der Geschichte stehen“
„Stellt euch mal vor, sie schreiben 'Taylor Swift äußert sich gegen Trump'“, warnt auch ihr Manager. „Das ist mir egal!“, entgegnet Swift. „Wenn ich schlechte Presse dafür kriege, dass ich sage, gebt keinem homophoben Rassisten dieses Amt, dann kriege ich halt schlechte Presse dafür. Es ist mir wirklich total egal.“
Sie sei „traurig“, dass sie es nicht schon vor zwei Jahren getan habe, bevor Donald Trump Präsident geworden war. „Ich muss auf der richtigen Seite der Geschichte stehen.“ Mit Tränen in den Augen blickt sie ihren Vater an. „Papa, du musst mir verzeihen, dass ich das tue. Denn ich werde es tun.“
Sie tut es also. Es folgt ein Instagram-Post . In dem sich Swift klar für den demokratischen Senats-Kandidaten in Tennessee ausspricht. Die Reaktionen sind immens. Sowohl die von Befürworten als auch die von politischen Gegnern. Die Wahlbeteiligung steigt an, gerade bei Jüngeren. Es ist die Rede vom „Swift Lift“. Und ja, selbst Trump reagiert . Er möge ihre Musik nun „zu 25 Prozent weniger“, sagt er in einem Interview. Wohl zu verkraften.
Alles, was Taylor Swift tut, ist durchdacht
Die Szene stammt aus der auf Netflix erschienenen Dokumentation „Miss Americana“ aus dem Jahr 2020, und seitdem ist viel passiert. Taylor Swift ist mittlerweile 34 Jahre alt. Sie ist die wohl erfolgreichste Sängerin unserer Zeit. Füllt Stadien auf der ganzen Welt. Warum? Nun, das ist eigentlich ganz einfach zu erklären. Sie schafft etwas, das sonst keine schafft. Zumindest nicht in dieser Größe. Sie schafft eine unfassbare Verbundenheit. Mit ihren schlauen, kreativen Textzeilen. Mit ihren kleinen Hinweisen, die sie darin versteckt und über die ihre Swifties auf der ganzen Welt gemeinsam rätseln. Um welchen Exfreund geht es, wenn sie von einem Schal singt? Warum zeigt die Uhr, die sie um den Hals trägt, kurz nach 12?
Alles, was Swift tut, ist durchdacht. Ja, es hat einen Sinn, dass die Uhr kurz nach 12 zeigt, denn an dem Abend, an dem sie diese trägt, verkündet sie ihr neues Album „Midnights“. Ach, und natürlich geht es um Jake Gyllenhall. Der hat ihren Schal schließlich immer noch.
Aber auch alles, was sie jenseits von ihren Spielereien tut, ist durchdacht. Oder anders gesagt: Muss durchdacht sein. Und das beinhaltet auch jegliche politische Äußerung. Das zeigen uns die aktuellen Ereignisse in Wien.
Jetzt ist klar, warum Taylor Swift sich nicht gegen Trump stellt
Ja, auch sechs Jahre später sind wieder Wahlen, Präsidentschaftswahlen sogar. Und ihre Fans warten auf ein Statement. Glauben, dass Taylor Swift die US-Wahl beeinflussen, womöglich sogar entscheiden kann. Noch schweigt sie allerdings. Die Frage, der Vorwurf, der auf Social Media herumschwirrt: Will sie etwa nicht mehr „auf der richtigen Seite der Geschichte“ stehen?
Die geplanten Terroranschläge auf das Konzert in Wien, das an diesem Wochenende stattfinden sollte, zeigen jedoch, dass Swifts Schweigen in politischen Angelegenheiten einen guten Grund hat. Taylor Swift zu sein, ist gefährlich. In der Öffentlichkeit zu stehen, ist gefährlich. Sich politisch zu äußern, ist gefährlich. Und zwar nicht nur für sie. Sondern auch für viele andere Menschen.
Natürlich haben islamistische Terroristen aus Österreich nichts mit Donald Trump zu tun. Dennoch ist es riskant, sich öffentlich mit einer ganzen politischen Bewegung anzulegen – vor allem als Künstlerin auf Welttournee, die Verantwortung trägt für Millionen von Fans. Swift weiß, dass sie mit jeder persönlichen Äußerung noch größere Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde, noch größere Wut auf eine Person, über die ohnehin jeder eine Meinung zu haben scheint. Dieses Risiko will sie gerade wohl nicht eingehen. Dieses Risiko erklärt ihr Schweigen. Erklärt, warum sie sich nicht gegen Trump stellt.
Taylor Swift war ein Safe Space
Dass Terroristen gerade eines ihrer Konzerte als Ziel eines Anschlags aussuchen, ist wohl kein Zufall. Eine riesige Tragödie konnte verhindert werden. Etwas angerichtet haben die Terroristen dennoch.
Denn ein Konzert von Taylor Swift ist nicht einfach irgendein Konzert. Wer das Glück hatte, ein Ticket für die Eras-Tour zu ergattern, weiß, was gemeint ist. Bei einem Taylor-Swift-Konzert, da glitzert alles. Da ist so viel rosa. So viele Regenbögen. So viele Pailletten. Da schenken sich Menschen gegenseitig Freundschaftsarmbänder, egal ob Mann oder Frau, egal ob alt oder jung. Armbänder, die sie seit Wochen, teils Monaten selbst gebastelt haben. Selbst die Polizisten, die dort für Ruhe und Ordnung sorgen sollen, tragen diese.
Beim Konzert wird Wasser verteilt. Auf dem Weg vom Stadion zur Bahn singen alle – angeführt wird der Chor von einem Bahn-Mitarbeiter. Bei einem Taylor-Swift-Konzert fühlt sich jeder sicher.
Taylor Swift war ein Safe Space. Ihre Musik. Ihre Stimme. Ihre Zeilen.
Den haben diese Terrorristen kaputt gemacht. Und das ist fatal.
Gerade in Zeiten, in denen so viele Menschen diesen Safe Space bräuchten. Gerade in Zeiten, in denen ein „homophober Rassist“, wie Swift ihn nennt, womöglich zum zweiten Mal zum mächtigsten Mann der Welt gewählt wird.