DSV will Stellen abbauen - Job-Angst bei DB Schenker: Ausgerechnet Politiker sorgen für personellen Kahlschlag
Die Deutsche Bahn wird ihre Logistik-Tochter DB Schenker Medienberichten zufolge für rund 14 Milliarden Euro an den dänischen Konkurrenten DSV verkaufen. Gewerkschaften fürchten, dass deswegen Tausende ihren Job verlieren könnten.
Was ist passiert?
Der Vorstand der Deutschen Bahn hat sich am Mittwoch nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters dazu entschieden, die Logistik-Tochter DB Schenker für rund 14 Milliarden Euro an den dänischen Konkurrenten DSV zu verkaufen. Die Dänen boten anscheinend die leicht höhere Summe gegenüber dem US-Finanzunternehmen CVC, das ebenfalls an einem Kauf interessiert war. Der Verkauf von Schenker muss jetzt noch auf einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung beschlossen werden, die in den kommenden Tagen einberufen werden soll.
Warum ist das wichtig?
Gewerkschaften kritisieren die Entscheidung heftig. Zuletzt appellierten auch viele Mitarbeiter an die Politik, Schenker nicht an DSV zu verkaufen. Der Grund ist, dass die Dänen das deutsche Unternehmen wohl nicht eigenständig weiterführen, sondern in ihren bestehenden Konzern integrieren werden. Das ergibt aus Sicht von DSV Sinn, weil sich beide Unternehmen in derselben Branche befinden. Für die Mitarbeiter von Schenker ist das aber eine Horrornachricht, denn logischerweise braucht DSV dann nicht etwa den kompletten Verwaltungsapparat von Schenker, weil es schon seinen eigenen hat. Auch in vielen anderen Bereichen würden Arbeitsplätze redundant. Gewerkschaften fürchten deswegen, dass durch den Kauf bis zu 5300 Jobs wegfallen könnten. Diese Zahl zitiert die Bild aus einem internen Papier von Ver.di. DSV habe demnach schon im Juli gegenüber der Gewerkschaft klargemacht, Schenker schließen zu wollen.
Was kann die Politik da machen?
Normalerweise wäre ein solcher Verkauf von Unternehmensanteilen eine rein privatwirtschaftliche Entscheidung. Die Deutsche Bahn kann ihre Tochtergesellschaften schließlich verkaufen, an wen sie will. Doch da die Bahn vollständig im Besitz des Staates ist, wird die Sache pikant. Der Aufsichtsrat, der den Verkauf nun abnicken muss, besteht zu großen Teilen aus Politikern. Sein Vorsitzender ist mit Werner Gatzer ein ehemaliger Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums. Außerdem gehören die Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar (Grüne), Dorothee Martin (SPD), Bernd Reuther (FDP) und zwei Staatssekretärinnen aus dem Bundeswirtschaftsministerium, Anja Hajduk, und dem Bundesverkehrsministerium, Susanne Henckel, dem Gremium an. Hinzu kommt mit Klaus-Dieter Hommel der Vorsitzende der Eisenbahngewerkschaft EVG. Zusammen hätten sie eine bequeme Mehrheit, die den Kauf verhindern könnte.
Warum verkauft die Deutsche Bahn Schenker überhaupt?
Dass DB Schenker verkauft werden soll, ist ausgemachte Sache. Die Bahn braucht Geld, um das Passagiergeschäft auszubauen. Schenker ist einer der profitabelsten Konzernbereiche und trägt rund ein Drittel zum Umsatz der Deutschen Bahn bei. Die Idee der Ampel-Parteien, die den Verkauf bereits vor zwei Jahren prinzipiell absegneten, ist, dass sich die Deutsche Bahn künftig ausschließlich auf den Personen- und Güterverkehr konzentrieren soll. Eine eigene Logistik-Tochter sei dafür nicht notwendig. Mit den 14 Milliarden Euro Einnahmen ließen sich viele Löcher an anderen Stellen der Bilanz stopfen und es wäre mehr Geld für die Sanierung oder den Neubau von Strecken vorhanden.
Ist es üblich, dass bei einem Verkauf Stellen abgebaut werden?
Konzerne kaufen ständig andere Unternehmen oder ganze Konzerne auf. Nicht immer fallen dabei Stellen weg. Das hängt immer davon ab, wie ein Konzern einen Zukauf in seine bestehende Struktur integriert. Belässt ein Konzern ein zugekauftes Unternehmen eigenständig, dann fallen durch den Kauf an sich keine Stellen weg. Berühmte Beispiele dafür sind etwa der Kauf von WhatsApp durch Facebook 2014 oder der Pixar-Studios durch Disney 2006. In beiden Fällen änderte sich nur der Besitzer des Unternehmens, aber wenig an der Struktur. Aus Deutschland wäre die Übernahme des Leihwagen-Anbieters Europcar durch Volkswagen 2021 ein gutes Beispiel.
Jobs kosten solche Übernahmen meist dann, wenn beide Unternehmen aus derselben Branche kommen. In Deutschland war das etwa beim Kauf der Postbank durch die Deutsche Bank von 2010 bis 2015 der Fall. Hier fielen 18.000 Arbeitsplätze weg. International passierte selbiges 2015 bei der von Warren Buffett initiierten Fusion der Lebensmittelriesen Kraft und Heinz, die ebenfalls Tausende Angestellte ihren Job kostete.
Wie geht es jetzt weiter?
Noch ist der Verkauf von Schenker an DSV nicht fest. Der Aufsichtsrat muss dem Beschluss des Vorstandes in den kommenden Tagen zustimmen. Bis dahin werden es die Schenker-Mitarbeiter wohl mit Protesten probieren. Wahrscheinlich ist es aber nicht, dass das Kontrollorgan dem Beschluss widerspricht. Das Angebot von CVC ist zwar nur leicht schlechter dotiert, doch die Amerikaner wollen bestimmte Milliarden-Zahlung an die Erreichung von Unternehmenszielen koppeln, was dem DB-Vorstand zu unsicher war. Dem dürfte der Aufsichtsrat wohl folgen.
Für die Mitarbeiter bedeutet das aber nicht, dass sie nach der Übernahme direkt entlassen werden. Ein Käufer muss nach deutschem Recht auch die Arbeitsverträge und Mitarbeiter mit übernehmen. Danach gelten für die Schenker-Mitarbeiter also dieselben Kündigungsschutzregeln wie für alle anderen Angestellten in Deutschland. Da Schenker zudem ein hochprofitables Unternehmen ist, sind betriebsbedingte Kündigungen so gut wie ausgeschlossen. Wenn DSV also Personal abbauen will, geht das nur über freiwillige Austritte mit wahrscheinlich gut dotierten Abfindungen oder Frührenten-Vereinbarungen.