Dunkelziffer entscheidend - Männer narzisstischer als Frauen? Spezialistin gibt überraschende Antwort
Narzissmus ist eine echte Störung, die tiefgreifende Auswirkungen hat. Chris Oeuvray, Spezialistin für Narzissmus, enthüllt, was hinter dem Phänomen steckt und wie wir damit umgehen können. Dabei geht es auch um Hot Spots, berufe und Geschlechterverteilung.
Häufig ist von Männern als Narzissten die Rede. Gibt es wirklich mehr männliche Narzissten als weibliche?
Oft wird angenommen, dass Männer häufiger narzisstisch sind als Frauen. Doch das Bild könnte verzerrt sein. In den Statistiken tauchen vor allem die sogenannten grandiosen Narzissten auf – selbstbewusst, dominant und nach außen hin stark. Diese Eigenschaften passen eher in das klassische Bild eines männlichen Narzissten.
Verdeckte Narzissten, die eher still, manipulativ und passiv-aggressiv agieren, werden übersehen. Interessanterweise zeigt sich, dass verdeckter Narzissmus häufiger bei Frauen vorkommt, was bedeutet, dass viele weibliche Narzissten bisher in den Statistiken unterrepräsentiert sind. Wenn man das berücksichtigt, ist es sehr wahrscheinlich, dass es genauso viele weibliche wie männliche Narzissten gibt.
Das führt zu einer weiteren wichtigen Erkenntnis: Genauso viele Männer wie Frauen sind Opfer von narzisstischem Missbrauch. Auch Männer, die in Beziehungen mit narzisstischen Frauen gefangen sind, leiden unter emotionaler Manipulation, Kontrolle und psychischer Gewalt. Diese betroffenen Männer haben ebenso das Recht auf Schutz und Unterstützung wie weibliche Opfer. Narzissmus betrifft alle Geschlechter – und das Leid, das damit einhergeht, sollte niemand allein tragen müssen.
Wie viele Menschen leiden wirklich an einer narzisstischen Störung?
Die narzisstische Persönlichkeitsstörung (NPS) ist ein Begriff, der gerne mal überstrapaziert wird. Tatsächlich leiden nur etwa 3-5 Prozent der Bevölkerung an dieser klinisch diagnostizierbaren Störung – das klingt überraschend wenig, wenn man bedenkt, wie viele selbstverliebte Menschen uns im Alltag begegnen.
Nicht jeder, der narzisstische Züge zeigt, leidet auch wirklich an NPS. Während viele Menschen gelegentlich nach Bewunderung streben oder sich gern ins Rampenlicht stellen, sind das noch keine Anzeichen für eine echte Störung. Die Symptome der NPS sind tiefgehender: Ein stetes extremes Bedürfnis nach Anerkennung und ein stark übertriebenes Gefühl der eigenen Bedeutung.
Ausschlaggebend ist jedoch der Mangel an Empathie. Narzissten können keine Empathie empfinden. Nie. Sie wissen zwar sehr genau, wie andere ticken, was sie brauchen, welche Sehnsüchte sie haben, und wie man diese Menschen entsprechend manipulieren kann. Sie lesen andere wie Trüffelhunde ihren geliebten Pilz.
Also, wenn Sie das nächste Mal jemanden treffen, der sich ständig in den Vordergrund drängt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es kein echter Narzisst ist, sondern jemand, der einfach ein bisschen Aufmerksamkeit braucht.
Welches sind die Hot Spots für Selbstverliebte?
Narzissten lieben es, im Rampenlicht zu stehen – und sie wissen genau, wo sie das am besten bekommen. Doch wo treiben sich diese Meister der Selbstinszenierung am liebsten herum?
Social Media: Hier blühen Narzissten auf wie Blumen in der Sonne. Plattformen wie Instagram und TikTok sind perfekte Bühnen für Selbstverliebte. Sie posten die schönsten Fotos, sammeln Likes wie Trophäen und jagen nach Bestätigung. Wer braucht schon wahre Freunde, wenn man Follower hat?
Netzwerkevents: Ob Business-Meetings, Konferenzen oder Influencer-Treffen – wo immer Netzwerke geschmiedet werden, sind Narzissten nicht weit. Sie genießen die Chance, sich in Szene zu setzen, Visitenkarten zu verteilen und ihren Erfolg zu präsentieren, auch wenn der ein bisschen aufgeblasen ist. Smalltalk? Nur, wenn es um sie geht.
Dating-Apps: Tinder & Co. sind für Narzissten wie ein süßes Buffet. Mit jedem Match, das sie sammeln, füttern sie ihr Ego. Charmant und charismatisch im Chat, nutzen sie die Apps, um Bewunderer zu finden – bis der nächste Bessere kommt. Langfristige Beziehungen? Eher nicht ihr Ding. Außer sie haben gerade Lust darauf.
Fitnessstudios: Hier geht es nicht nur um Muskeln. Narzissten lieben es, ihren Körper zur Schau zu stellen. Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist der Stärkste im ganzen Land? Das Fitnessstudio wird zum Catwalk, und jeder Hantelzug ein weiterer Schritt zur Selbstbewunderung.
Kurz gesagt: Narzissten sind überall dort, wo sie bewundert, anerkannt und bejubelt werden. Wo andere abschalten, schalten sie auf Rampenlicht!
Gibt es Berufe, in denen sich besonders viele Narzissten tummeln?
Narzissten lieben die Bühne – aber nicht nur im klassischen Sinn! Sie sind überall anzutreffen, nicht nur in Chefetagen, vor der Kamera oder als Influencer. Interessanterweise trifft man sie auch in sozialen Berufen, wo man sie vielleicht nicht sofort vermutet. Die sogenannten „Gut-Menschen“ – Menschen, die sich stark nach außen engagieren, können durchaus narzisstische Züge haben, denn hier gibt es ebenfalls Anerkennung und Bewunderung.
Ob im kulturellen, beruflichen oder sozialen Bereich: Narzissten finden überall ihre Bühne. Sie lieben es, sich zu präsentieren – ob als charmanter Chef, engagierter Aktivist oder sogar als Retter der Welt. Also, keine Branche ist sicher vor ihnen, denn Narzissten wissen genau, wie sie überall strahlen können.
Wie kann man einen Narzissten erkennen und wie geht man am besten mit ihm um?
Übermäßiges Bedürfnis nach Bewunderung:
Narzissten suchen ständig nach Bestätigung und Lob, sei es durch ihre Taten oder ihr Auftreten. Geben Sie Anerkennung, aber dosiert. Loben Sie konkrete Leistungen, ohne übertriebenes Lob zu verteilen.
Mangel an Empathie:
Sie zeigen wenig bis kein Mitgefühl und haben Schwierigkeiten, sich in andere hineinzuversetzen. Setzen Sie klare Grenzen und kommunizieren Sie Ihre eigenen Bedürfnisse, ohne auf Empathie zu warten.
Übertriebenes Selbstbewusstsein:
Narzissten halten sich für überlegen und betonen ihre besonderen Fähigkeiten oder Erfolge. Bleiben Sie sachlich und lassen Sie sich nicht von ihrem Ego beeindrucken. Stellen Sie Ihre eigenen Fähigkeiten nicht in den Schatten.
Kritikunfähigkeit:
Sie reagieren überempfindlich auf Kritik, selbst wenn sie konstruktiv ist, und neigen dazu, sofort defensiv zu werden. Äußern Sie Kritik behutsam und auf eine Art, die möglichst wenig Angriffsfläche bietet. Manchmal hilft es, Vorschläge statt Kritik zu formulieren. Lassen Sie sich nicht einschüchtern.
Manipulatives Verhalten:
Narzissten neigen dazu, Menschen subtil zu manipulieren, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Achten Sie darauf, sich nicht von Manipulation beeinflussen zu lassen. Bleiben Sie bei Ihren Werten und treffen Sie klare, bewusste Entscheidungen.
Indem Sie diese Erkennungsmerkmale frühzeitig wahrnehmen und wissen, wie Sie damit umgehen, können Sie sich besser schützen und gesunde Grenzen wahren.