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E-Autos werden erst nachhaltig, wenn man ihre Batterien recyceln kann — das planen VW, Tesla, Daimler und Co. auf dem Gebiet

Northvolt recycelt nicht nur ausrangierte Stromspeicher, sondern auch Fehlproduktionen.
Northvolt recycelt nicht nur ausrangierte Stromspeicher, sondern auch Fehlproduktionen.

Wenn man nur die lokalen Emissionen und die reine Energieeffizienz betrachtet, ist der Elektroantrieb mit Abstand die klimafreundlichste Art ein Auto anzutreiben. Wenn da nur die energieintensive Produktion der Stromspeicher nicht wäre. Der schwedisch-chinesische Autobauer Volvo hat den CO2-Fußabdruck des XC40 Recharge mit dem des konventionell angetriebenen Schwestermodells XC40 verglichen. Die Mitte November veröffentlichten Ergebnisse geben ein eher zwiespältiges Bild ab.

Wenn man den aktuellen EU-Strommix zugrunde legt, emittiert das Elektro-SUV über seine Lebensdauer von 200.000 Kilometern 44 Tonnen CO2. Bei seinem Pendant mit Verbrennungsmotor fallen dagegen 59 Tonnen CO2 an. Bei dem aktuellen weltweiten Strommix befindet sich der CX40 Recharge gegenüber dem Benziner allerdings erst ab einer Laufleistung von 110.000 Kilometern im Vorteil. Die Elektro-Version schleppt nämlich einen riesigen CO2-Rucksack mit sich herum. Bei der Produktion des E-Autos werden fast siebzig Prozent mehr CO2 in die Luft geblasen, als bei der Fertigung des normalen XC40.

E-Autos haben einen großen CO2-Fußabdruck

Wenn der Antriebsstrom allerdings ausschließlich aus erneuerbaren Quellen, wie beispielsweise der Windkraft stammt, sinken die Emissionen des Fahrzeugs über den Lebenszyklus auf 27 Tonnen. So wäre das Fahrzeug schon nach 49.000 Kilometern klimafreundlicher als ein Benziner. Es dürfte allerdings noch sehr lange dauern, bis der Anteil regenerativer Energien am Strommix bei hundert Prozent liegt.

Da batteriebetriebene Fahrzeuge derzeit oftmals geleast oder im Rahmen eines Auto-Abos an die Kunden herausgegeben werden, stellt sich die Frage, ob sie in naher Zukunft überhaupt die Laufleistung erreichen können, ab der sie theoretisch klimaverträglicher sind. Als Gebrauchtwagen sind E-Autos aktuell nämlich nur schwer an den Mann oder die Frau zu bringen, weil die staatlichen Förderungen den Kauf eines elektrischen Neuwagens im Vergleich deutlich attraktiver machen.

Bei der Produktion der Elektroversion des Volvo XC40 wird 70 Prozent mehr CO2 emittiert.
Bei der Produktion der Elektroversion des Volvo XC40 wird 70 Prozent mehr CO2 emittiert.

Die Produktion der Batterien ist das Problem

Dass bei der Fertigung eines E-Autos deutlich mehr Kohlenstoffdioxid emittiert wird, hat mehrere Gründe. Zum einen führt der oftmals deutlich höhere Aluminiumanteil am Materialmix zu einem größeren Energiebedarf. Das Leichtmetall wird auch für die Stromspeicher verwendet, die für die enormen Emissionen hauptverantwortlich sind. Laut Volvo werden allein bei der Fertigung der 78 kWh großen Lithium-Ionen-Batterie zwischen vier und fünf Tonnen des Treibhausgases in die Luft geblasen. Bei den anderen Herstellern sieht es nicht besser aus. Am meisten CO2 fällt bei der Förderung, dem Transport und der Weiterverarbeitung der nötigen Rohstoffe an.

Lithium wird zwar meist in Südamerika oder in Australien gewonnen, die Weiterverarbeitung des leichtesten Metalls erfolgt jedoch großteils in China. Bei den anderen enthaltenen Rohstoffen sieht es ähnlich aus. Graphit wird beispielsweise nicht nur im Reich der Mitte abgebaut, sondern dort auch weiterverarbeitet. Die Autobauer versuchen derzeit ihre Lieferketten zu optimieren und den CO2-Fußabdruck der Batterien so zu verkleinern.

Das Recycling bringt gleich drei Vorteile mit sich

Eine noch effektivere Methode ist jedoch das Recycling der Batterien. Die Wiederaufbereitung der Rohstoffe schützt nämlich nicht nur das Klima und ist ein großer Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft, sondern beseitigt auch zwei weitere Probleme, die der E-Mobilität seit jeher anlasten. Zum einen reduziert sie den Bedarf an Rohstoffen, die teils unter menschenunwürdigen und umweltschädigenden Bedingungen geschürft werden. Vor allem die Kinderarbeit in den Kobalt-Minen des Kongo wird von E-Auto-Kritikern immer wieder bemängelt. Der Kobalt-Anteil in den Zellchemien der aktuellen E-Autos wurde bereits stark reduziert und könnte schon in wenigen Jahren bei Null liegen.

Europa und die USA setzen aber auch aus einem weiteren Grund große Hoffnungen in das Recycling. Es bringt potenziell Kostenersparnisse und reduziert zusätzlich die wirtschaftliche Abhängigkeit von China. Laut Simon Moores, dem Gründer des branchenspezifischen Preis-Informationsdienstes "Benchmark Mineral Intelligence", stammten2019 rund 80 Prozent der Batterierohstoffe aus der Volksrepublik. Mittlerweile entstehen zwar auch in Europa die dringend benötigten Fertigungsanlagen, wie beispielsweise die brandenburgische Lithium-Raffinerie von Rock Tech Lithium. Gleichzeitig wachsen aber die chinesischen Branchenriesen weiter.

Northvolts Recyclinganteil liegt bei 95 Prozent

Mitte November vermeldete das schwedische Unternehmen Northvolt, an dem der Volkswagen-Konzern mit zwanzig Prozent beteiligt ist, einen echten Durchbruch auf dem Gebiet. Die Skandinavier haben in ihrem Forschungslabor eine Lithium-Ionen-Batterie hergestellt, dessen Inhaltsstoffe fast vollständig aus ausrangierten und recycelten Stromspeichern stammte. Konkret geht es um die Metalle Kobalt, Nickel und Mangan, die komplett wiederverwertet werden konnten.

Mit dem neuen Recycling-Verfahren "Revolt" können laut dem Unternehmen 95 Prozent der in den Batterien enthaltenen Rohstoffe so aufbereitet werden, dass sie qualitativ wieder neuwertig und uneingeschränkt einsatzfähig sind. In zwei Jahren möchten die Schweden es in einem größeren Maßstab einsetzen. Für 2023 plant der Batteriezellhersteller die Inbetriebnahme seiner hauseigenen Recyclinganlage, in der Rohstoffe für Akkus mit einer Kapazität von zusammengenommen 30 Gigawattstunden aufbereitet werden können.

Bis 2030 soll der Anteil wiederverwerteter Materialien in den Northvolt-Zellen auf 50 Prozent steigen. Im selben Zuge dürfte auch der CO2-Rucksack der Volvo-Batterien schrumpfen. Die beiden schwedischen Unternehmen haben im vergangenen Sommer verkündet, dass sie ein Joint Venture gründen und bei den Stromspeichern zukünftig zusammen arbeiten wollen.

Northvolt baut nächstes Jahr in Schweden ein großes Recyclingwerk, das 2023 in Betrieb genommen werden soll.
Northvolt baut nächstes Jahr in Schweden ein großes Recyclingwerk, das 2023 in Betrieb genommen werden soll.

Die Branche hat das Potenzial des Recycling entdeckt

Northvolt steht in Sachen Batterierecycling nicht alleine da, sticht aber mit seinem hohen Recylinganteil und der weit fortgeschrittenen Forschung heraus. Mittlerweile widmet sich ein Großteil der Branche dem Thema, sowohl die Zulieferer, als auch die Autobauer. Renault hat beispielsweise im Frühjahr eine Allianz mit dem Entsorgungsunternehmen Veolia und dem Chemiekonzern Solvay geschlossen.

Daimler hat vor wenigen Tagen verlauten lassen, dass der Autobauer ab 2023 ebenfalls im großen Stil Batterie-Rohstoffe recyceln möchte. Das neugegründete Tochterunternehmen Licular, von dem jeweils eine Hälfte Mercedes-Benz und Daimler Truck gehört, möchte schon 2023 im badischen Kuppenheim den Betrieb aufnehmen. Bisher befindet sich das Projekt aber noch in der Planungsphase. Mercedes Premium-Erzrivale BMW lagert das Recycling der Batterien dagegen aus. Hier arbeiten die Bayern mit Northvolt, aber auch mit den Niedersachsen von Duesenfeld und dem belgischen Recylingkonzern Umicore zusammen.

Volkswagen betreibt eine Pilotanlage

Obwohl Volkswagen an Northvolt beteiligt ist und mit den Schweden eine Kooperation bei der Produktion von Batteriezellen hat, nimmt Deutschlands größter Autobauer die Wiederverwertung der Rohstoffe selbst in die Hand. Am Standort Salzgitter haben die Wolfsburger im Januar eine Pilotanlage errichtet. Neben den begehrten Rohstoffen in den Zellen, sollen auch die Außenhülle, die Verpackung der Module, sowie die Verkabelung recycelt werden. Diese bestehen aus Aluminium, Kupfer und Kunststoff.

Da VW, wie die meisten Hersteller, erst Ende des Jahrzehnts mit größeren Mengen ausrangierter E-Auto-Batterien rechnet, sollen anfangs nur rund 3.600 Akkus pro Jahr zerlegt werden. Wenn ihre Restkapazität aber noch einigermaßen gut ist, möchte der Konzern sie stattdessen als mobile Stromspeicher, beispielsweise für Ladesäulen, verwenden.

Ein Tesla-Manager hat ein Recycling-Startup gegründet

Auch Tesla widmet sich dem zukunftsentscheidenden Batterierecycling. In seinem "Impact Report" für vergangenes Jahr hat der Elektroauto-Vorreiter öffentlich gemacht, dass im letzten Quartal die erste Ausbaustufe der eigens entwickelten Batteriezell-Recyclinganlage in der Gigafactory 1 installiert wurde. Am Standort Nevada haben die Amerikaner eine Recyclingquote von 92 Prozent erreicht. Bevor Elon Musks Autobauer sein eigenes Recyclingprogramm gestartet hat, hat Tesla bei der Wiederverwertung mit externen Unternehmen zusammengearbeitet.

JB Straubel, Teslas langjähriger Technik-Chef, hat nach seinem formellen Ausstieg bei dem Autobauer vor drei Jahren sogar sein eigenes Recyclingunternehmen für E-Auto-Batterien gegründet. Obwohl "Redwood" damals nur 130 Mitarbeiter hatte, sammelte das Startup im vergangenen Sommer bei einer Finanzierungsrunde 700 Millionen Dollar ein. Laut der US-Ausgabe von Business Insider sei das Unternehmen danach rund 3,7 Milliarden Dollar wert gewesen.

Dies zeigt, dass das Batterierecycling nicht nur eine wichtige Klimaschutzmaßnahme, sondern mitunter auch finanziell interessant ist. Für die Autobauer sowieso, da der Elektroantrieb damit erst wirklich nachhaltig wird. Und Nachhaltigkeit lässt sich angesichts des aktuellen Zeitgeists eben auch bestens vermarkten. Bei einem hohen Recycling-Anteil in der Branche dürfte dem endgültigen Durchbruch der E-Mobilität also kaum noch etwas im Wege stehen.