Ed Sheeran: Rebell im Kapuzenpulli

Ed Sheeran sanmmelt Fußballbildchen. Foto: Herbert P. Oczeret

«Wenn irgendwer Fußball-Bild Nummer 402, 629 und 637 hat, lasst es mich wissen», schrieb Ed Sheeran zum WM-Start an seine Fans auf Twitter. «Das sind die letzten, die mir fehlen, und ich hab Doppelte.»

Ein Popstar, der wie ein Kind Sticker sammelt und öffentlich nach Tauschpartnern sucht? Das mag überraschen - doch es passt zu Sheeran. Schon bei der Abschlussfeier der Olympischen Spiele 2012 trat der Engländer vor einem Millionenpublikum ungerührt im Kapuzenpulli auf. Der 23-jährige Rotschopf schert sich wenig um Konventionen und Erwartungen - das gilt auch für seine Musik, wie das neue Album «x» unterstreicht.

«x» soll als Multiplikationszeichen gelesen werden; der Titel ist damit eine logische Fortsetzung des Debüts «+», mit dem Sheeran 2011 der internationale Durchbruch gelang. Reihte er darauf verschiedene Stile aneinander, so will er sie nun potenzieren - als musikalischer Multiplikator rast der 23-Jährige zwischen den Genres hin und her und schafft so eine neue Mischung aus Folk, Hip-Hop und Grime.

Für die Lead-Single «Sing» etwa ließ er sich von Star-Produzent Pharrell Williams («Happy») die Feinheiten der R&B-Beats erklären. Zwischendurch schmetterte er Liebeslieder mit Singer-Songwriter Passenger, rockte mit der Band Snow Patrol, und entdeckte mit US-Rapper The Game den Gangsta-Hip-Hop für sich - mit letzterem veröffentlicht er Ende des Jahres Berichten zufolge sogar ein gemeinsames Album. Quasi nebenbei schrieb Sheeran vor einem Jahr noch den Titelsong für den Kino-Blockbuster «Der Hobbit 2».

Sheerans Schlüsselinstrument für diesen Genre-Mix ist ein sogenanntes «loop pedal»: Mit dem Aufnahmegerät kann er verschiedene Tonspuren wie Gesang, Gitarre und Beats live übereinanderlegen - egal, ob er auf der Bühne steht oder im Studio. Das macht ihn zu einer chamäleonhaften Ein-Mann-Band.

Drei Jahre lang hat Sheeran damit am neuen Album gearbeitet, den Anfang machte der Titel «One». Das sei der letzte Song über «eine bestimmte Person», von der das ganze erste Album gehandelt habe, sagt Sheeran - gemeint ist angeblich seine Ex-Freundin. «Das Lied hat die Tür dazu geschlossen und die Tür für das neue Album geöffnet.» «I'm A Mess» hingegen - frei übersetzt: Ich bin am Boden - entstand erst vor ein paar Monaten unter der Dusche. «Da war so viel los, beruflich wie persönlich, und mein Kopf war einfach so ausgequetscht», erzählt Sheeran. «Das ist definitiv einer der Songs, die von Herzen kommen.»

Den kommerziellen Erfolg scheint die stilistische Vielfalt zu beflügeln: Mit «Sing» landete der Engländer erstmals einen Nummer-1-Hit in seinem Heimatland. «Das feiere ich mit Chicken Wings und [der Sitcom] 'Family Guy'», schrieb er danach auf Twitter. So geht Fannähe 2.0: Knapp 30 000 Beiträge hat Sheeran in dem Netzwerk bereits gepostet, im Schnitt 16 am Tag. Sein Image als Normalo auf der großen Pop-Bühne ist Sheeran offenbar einige Mühe wert.

So ist wohl auch seine Erklärung des Songs «Tenerife Sea» zu verstehen, der nach der Verleihung der Grammy-Awards entstand. «Für meine damalige Freundin und mich war das eine völlig andere Welt», blickt Sheeran zurück. «Also haben wir uns gefragt: 'Willst du nicht lieber gehen, einen Burger holen und im Hotel James Bond schauen?' Das haben wir dann auch gemacht.»

Musikalisch mag Ed Sheeran ein Rebell sein, das zeigt das neue Album. Aber ein Rebell, der auch mal die Füße hochlegt.

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