Edward Snowden und die NSA-Affäre

Held oder Verräter? Whistleblower Edward Snowden bewegte die Menschen. (Bild: dpa)

Ist er Held oder Staatsfeind, Straftäter oder ehrenhafter Kämpfer für Freiheit und Transparenz? Der US-Amerikaner Edward Snowden hat schon als 30-Jähriger Geschichte geschrieben. Seine Enthüllungen über die Arbeit des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) brachten die US-Regierung in Bedrängnis und sorgten für politischen Zündstoff.

Ein junger Mann namens Edward Snowden hatte im Juni dieses Jahres den Stein ins Rollen gebracht. „Ich bin nicht anders als alle anderen. Ich habe keine besonderen Fähigkeiten. Ich bin der Junge, der im Büro sitzt, tagein, tagaus“, sagte Snwoden im Juni der britischen Zeitung „The Guardian“ in einem Hotelzimmer in Hongkong. Der schmächtige IT-Spezialist mit der schmalrandigen Brille war bis dato nicht weiter aufgefallen. Vor seiner Flucht lebte er mit seiner Freundin auf Hawaii und konnte sich als Systemadministrator bei der NSA-nahen Beratungsfirma „Booz Allen Hamilton“ über ein sechsstelliges Jahreseinkommen freuen. Snowden hätte ein angenehmes Leben in Wohlstand führen können. Doch er hatte andere Pläne.

Durch seine Arbeit hatte er Zugriff auf NSA-Dokumente, die als streng geheim eingestuft wurden. Die Informationen betrafen unter anderem das amerikanische Überwachungsprogramm „PRISM“ und das britsche Spähprogramm „Tempora“. Die von Snowden auf einem USB-Stick gespeicherten Daten beweisen, dass die USA und Großbritannien mindestens seit 2007 die Telekommunikation, insbesondere das Internet, auf globaler Ebene überwachen und in großem Umfang Daten auf Vorrat speichern.

Der Whistleblower übergab das brisante Material an den britischen „Guardian“, der den Skandal am 6. Juni 2013 öffentlich machte. Snowden blieb als Quelle zu diesem Zeitpunkt noch anonym. Er hatte sich vorsorglich nach Hongkong abgesetzt, entschied dann aber, seine Identität in einem Video-Interview mit dem „Guardian“ preiszugeben. Am 14. Juni erstattete das FBI Strafanzeige, ein internationaler Haftbefehl wegen Diebstahls von Regierungseigentum und Spionage wurde erlassen.

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Am 23. Juni verließ Snowden Hongkong und flog nach Moskau, wo er fünf Wochen lang im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo festsaß. Inzwischen haben die russischen Behören Snowden temporäres Asyl für ein Jahr gewährt. Er hält sich an einem unbekannten Ort in Moskau auf.

Monatelang spielte die deutsche Regierung die Bedeutung des NSA-Skandals herunter. Noch im August sagte Ronald Pofalla, der Chef des Bundeskanzleramtes: „Der Datenschutz wurde zu 100 Prozent eingehalten“. Im selben Monat äußerte sich auch Innenminister Hans-Peter Friedrich entspannt: „Alle Verdächtigungen, die erhoben wurde, sind ausgeräumt“. Die Regierungspolitiker behaupteten damals, die NSA-Affäre sei beendet.

Im Oktober platzte dann die Bombe: Angela Merkels Handy soll seit 2002 ausgespäht worden sein. Eine Unverschämtheit, ein Affront auch in Hinblick auf die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Deutschland. Merkel sagte: „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht“. US-Präsident Barack Obama wiegelte ab und versicherte, von der Abhöraktion nichts gewusst zu haben. Dementiert wurde aber nicht.

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Edward Snowden bezahlt einen hohen Preis für die Veröffentlichungen der Spähdaten, die die USA und Großbritannien in Erklärungsnot brachten. Er wird nie wieder das Land betreten können, in dem seine Familie und seine Freunde leben. Trotzdem sagte er am 1. November im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“: „Ich bereue nichts“. Schon im Juni hatte er mit dem „Guardian“ über seine Motivation gesprochen, mit den Daten an die Öffentlichkeit zu gehen: „Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich sage, und alles, was ich tue, jedes Gespräch, jeder Ausdruck von Kreativität, Liebe oder Freundschaft aufgezeichnet wird. So etwas möchte ich nicht unterstützen“.

Demonstranten feiern Snowden dafür weltweit als Held, sie fordern Asyl für ihn, manche gar den Friedensnobelpreis. Die Regierungen der USA und Großbritanniens indes bleiben unnachgiebig. In beiden Ländern verteidigte die Regierung die Überwachungsprogramme als unverzichtbar im Kampf gegen den Terror. Im US-amerikanischen Kongress stimmte eine Mehrzahl der Abgeordneten für die Telefon- und Internetüberwachung. Die Debatte um die Abwägung von Sicherheit und Freiheit geht weiter.