Ehemaliger „Spiegel“-Autor Matthias Matussek: Protest gegen Kanzlerin Merkel
Matthias Matussek zählt zu den prominentesten Rednern bei der letzten Montags-Demo in Hamburg, zu der auch Reichsbürger, Hamburgs früherer NPD-Chef Torben Klebe und rechtsextreme Vertreter erschienen waren.
Vor einigen Jahren schrieb Matussek noch für Medien wie „Spiegel“ und „Welt“, jetzt skandiert der wortgewandte Journalist „Merkel muss weg“ und „Lügenpresse“. Am Hamburger Dammtor gab er am Montagabend auf zwei Bierkästen stehend seine Meinung zur Flüchtlingspolitik ab.
„Von einer muslimischen Erfindergeneration habe ich noch nie gehört. Was die erfunden haben, haben sie gefunden: Öl. Und davon kaufen sie sich zusammen, was sie brauchen: Waffen, Regierungen, Kunst, Technologie”, rief Matussek in seiner Rede ins Publikum, das mit zustimmenden Rufen reagierte.
„Von einer muslimisch Erfindergeneration habe ich noch nie gehört“ – „Die Gegendemonstranten wären in anderen Ländern schon einen Kopf kürzer“. So hetzt #Mattusek in #Hamburg auf der #MerkelmusswegDemo pic.twitter.com/bVk3e8MyYi
— Jürgen Klöckner (@herrkloeckner) 19. März 2018
„Junge Krakeeler“, wie Matussek die anwesenden Gegendemonstranten nannte, wären in muslimischen Ländern bereits einen Kopf kürzer – christliche Werte, aber auch Religionsfreiheit müssten in Deutschland geschützt werden. Beobachter und der Verfassungsschutz vermuten laut der News-Seite „Huffington Post“, dass die Demo unter anderem von Rechtsextremisten organisiert wurde.
Matthias Matussek galt früher als Marxist – zudem führte der spätere Bestsellerautor und Journalist in den Sechzigern ein Kommunenleben. Eine 180-Grad-Wendung sorgte dafür, dass er sich nun der Identitären Bewegung zugehörig fühlt. Die völkisch orientierte Gruppierung fordert unter anderem den Schutz der „europäischen Kultur“, die durch Islamisierung gefährdet sei. Von dem Vorwurf, Rechtsextremismus zu fördern, distanziert sich Matussek allerdings – auch wenn seine Worte durchaus andere Interpretationen zulassen.
Der #Matussek ruft in #Hamburg auf der #Merkelmussweg #Demo zum „Widerstand“ auf pic.twitter.com/Q9HPHCbgPE
— Jürgen Klöckner (@herrkloeckner) 19. März 2018
Im Netz sorgt der Auftritt Matusseks für Unverständnis und Kritik. Unter anderem schreiben die Twitter-Nutzer dazu:
Ich glaube, er hat das mal selbst in einem Artikel beschrieben. Ob links oder rechts, ist ihm demnach scheinbar egal – Hauptsache gegen “die da oben” und das sind seiner Meinung nach aktuell wohl die “bösen Linken” unter Führung von Frau Merkel…
— Marcel (@Der_Mazze) 19. März 2018
Das ist nicht nur Fremdschämen. Es ist widerlich zu sehen, wie sehr salonfähig es geworden ist die alten Parolen wieder rauszukramen. Einfach nur traurig.
— A serious bee (@aseriousbee) 19. März 2018
Alte Männer, deren Felle schon lange den Bach runter sind, und die dann verzweifelt noch mal richtig was los machen wollen, sind eines der widerlichsten & peinlichsten Dinge, die die Menschheit hervorgebracht hat. #Matussek #Fremdscham
— Andreas (@aerorbital) 19. März 2018
Auch inhaltlich müsse sich Matussek bei seiner Rede über muslimische Erfinder Fehler eingestehen, finden weitere Twitter-User.
Muslime haben Wissenschaft betrieben und Dinge erfunden und das schon sehr lange bevor Alfred Nobel überhaupt ein Funkeln im Auge seines Vaters war. Weiße Christen haben den Nahen Osten bis in die dritte Welt zurück destabilisiert.
— Br4tWuRsT (@YungPatrick139) 19. März 2018
Unsere Ziffern wurden vmtl. im 9. Jhd. in Bagdad erfunden, zur selben Zeit forschte der muslimische Gelehrte al-Chwarizmi zu Algebra, dem jüdischen Kalender, Astronomie, Geografie, Sonnenuhren uvm.
Die Gitarre geht v.a. auf die arabische Oud zurück.— Chronik gegen Rechts (@Chronik_ge_Re) 20. März 2018
Zwei Nobelpreisträger der muslimischen Welt: Abdus Salam (1979 für Forschung in der Elementarteilchenphysik) & Ahmed Zewail (1999 für Forschung in der Femtochemie)
— Chronik gegen Rechts (@Chronik_ge_Re) 20. März 2018
Andere glauben, dass Matthias Matussek mit dem Auftritt vorrangig Werbung für sein neues Buch „White Rabbit“ machen möchte:
Na ja, der wittert seine Chance. Ekelhaft, erbärmlich, aber bestimmt gute Promo für sein Buch.
— Michael Reis-Mueller (@m_reismueller) 19. März 2018
Seine Stelle als Autor bei der „Welt“ verlor Matussek 2015 wegen eines umstrittenen Facebook-Kommentars zu den Terroranschlägen in Paris. Darin hieß es: „Ich schätze mal, der Terror von Paris wird auch unsere Debatten über offene Grenzen und eine Viertelmillion unregistrierter junger islamischer Männer im Lande in eine ganz neue frische Richtung bewegen“ – dazu ein lachender Smiley. Nach einer Verbalattacke in einer Konferenz mit „Welt“-Chefredakteur Jan-Eric Peters wurde ihm daraufhin fristlos gekündigt.