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Ein deutschtürkischer Fernsehsender ist eine gute Idee

Neue Idee: Ein TV-Sender für Deutschtürken (Bild: dpa)
Neue Idee: Ein TV-Sender für Deutschtürken (Bild: dpa)

Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir schlägt einen weiteren öffentlich-rechtlichen Sender vor: eine Art deutschtürkisches arte – und erhält dafür Schelte. Warum eigentlich?

Ein Kommentar von Jan Rübel

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Vielleicht gilt auch für die deutsch-türkischen Beziehungen ein alter Sinnspruch aus der Küche: Nichts wird so rasch gegessen, wie es gekocht wird. Allzu schnell ist irgendjemand beleidigt, allzu rasch kursiert die Angst, irgendjemanden zu verprellen. Dabei sind die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sowie die zwischen Deutschen und Deutschtürken viel stabiler und lebendiger als es momentan Anschein hat.

Daher wird mancher Vorschlag verworfen, der einen guten Kern in sich trägt. Da ist zum Beispiel Cem Özdemir, der Vorsitzende und Spitzenkandidat der Grünen hat eine interessante Idee aufgeworfen: die Gründung eines deutschtürkischen Fernsehsenders. „Wir brauchen einen Türkei-Pakt zwischen allen Parteien“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Innenpolitisch bedeutet das, Deutschtürken hier auch medial und kulturell zu integrieren, wir brauchen einen deutsch-türkischen Fernsehsender, eine Art deutsch-türkisches Arte.“

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Hintergrund ist, dass unter Deutschtürken Fernsehkanäle aus der Türkei eine gewisse Beliebtheit erfahren; diese Medien sind zum Teil stark vom Staat kontrolliert und verbreiten Nachrichten im Sinne der Regierung in Ankara, also Propaganda.

Dass Rassisten keinen Wohlgefallen an solch einem Sender finden, überrascht nicht. Jetzt auch noch diese Extrawurst für die da. Soll jetzt jede Minderheit ihr eigenes TV kriegen, werden sie nörgeln, bald auch noch die Mallorquiner in Deutschland? Gut, all jenen aus der gefühlten „Mehrheit“ wird man es nicht recht machen. Abgesehen davon, dass ein Vorschlag, etwa für US-Amerikaner oder Franzosen solch einen Sender einzuführen, längst nicht derart kritisch begleitet würde.

Aber auch auf professioneller Ebene gibt es Einwände. Die Idee sei eine Art grüner Bevormundung, heißt es. Die Türken würden als „fehlgeleitet“ stigmatisiert, eine Form von Staatspropaganda helfe da nicht.

Doch wo steckt in Özdemirs Gedanken die Idee einer Propaganda? Im Kleinen funktioniert es schon längst und hatte bereits Erfolg, wie die Geschichte von „Radio Multikulti“ zum Beispiel zeigt. Warum nicht auch im Großen starten?

Ist Qualität ein Problem?

Der Vorwurf der Bevormundung zieht nicht. Auch Grüne dürfen Vorschläge unterbreiten, ohne gleich als Besserwisser dazustehen. Die Frage wäre natürlich, wie so ein Sender aussehen könnte. Und da sprudeln die Ideen nur so.

Die deutschtürkischen Gemeinden sind lebendig und vielfältig. Viele Kulturschaffende sind aktiv und könnten ein kreatives Programm auf die Beine stellen. Es ginge eben nicht darum, ein von deutschen Regierungszensoren choreographiertes Programm unters Volk zu werfen, sondern eine Plattform zu schaffen – für Qualität. Und für lebendige mediale Kommunikation zwischen Deutschtürken, wo viele ihren Platz hätten: AKP-Anhänger und Laizisten, Kurden und Aleviten. Es könnten Sendungen entstehen, die für ein kurzes Ende der Sprachlosigkeit zwischen verfeindeten Gruppen sorgen – kurz: Solch ein Sender wäre ein großer Gewinn.

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