„Wenn es eine einmalige Sache war“ - Fremdgegangen auf der Wiesn? Sexualtherapeutin würde das nicht beichten

Ein Paar küsst sich vor dem Riesenrad auf dem Oktoberfest in München<span class="copyright">dpa/Andreas Gebert</span>
Ein Paar küsst sich vor dem Riesenrad auf dem Oktoberfest in Münchendpa/Andreas Gebert

Auf der Wiesn fließt das Bier in Strömen und senkt bei dem ein oder anderen auch schon mal die Hemmschwelle. Bussis, Fremdknutschen oder sogar ein One-Night-Stand – ist das Oktoberfest eine Fremdgeh-Falle? Ja, sagt Paar- und Sexualtherapeutin Beatrice Wagner im Interview mit FOCUS online. Ihre Tipps verrät sie hier.

FOCUS online: Die Wiesn-Zeit in München hat wieder begonnen. Viel Bier, viel Geschmuse – ist das Oktoberfest eine Fremdgeh-Falle?

Beatrice Wagner: Total! Übrigens genau wie die Weihnachtsfeier (lacht) ! Nein, tatsächlich ist es natürlich ein Unterschied, ob man gepflegt mit der Freundin ein Hendl isst oder wild im Festzelt feiert. Ich habe letztens einen Video-Mitschnitt aus einem Zelt gesehen, das grenzt schon fast an eine Massen-Orgie. Es kann schwer sein, sich dem zu entziehen. Also ja, die Gefahr ist da - und für viele groß.

Was raten Sie: Wiesn-Seitensprung beichten oder lieber verschweigen?

Wagner: Ich bin sonst immer für Offenheit, aber hier würde ich es nicht erzählen – wenn es denn eine einmalige Sache war. Das verletzt den Partner nur unnötig und er leidet. Wenn es doch rauskommt, dann ehrlich entschuldigen und die Verletzung des Partners wertschätzen, nicht herunterspielen!

Also lässt sich ein Wiesn-Seitensprung wieder kitten?

Wagner: Ja. Die Reue muss spürbar sein und das Versprechen, dass es ein einmaliger Ausrutscher war, auch. Und wichtig: Auf keinen Fall intime Details erzählen, auch wenn der Partner das vielleicht im ersten Moment fordert. Aber die Bilder verletzen und bleiben im Kopf.

Haben Sie das auch in Ihrer Praxis erlebt? Dass Paare Sie gezielt nach der Wiesn aufsuchen, weil dort betrogen wurde?

Wagner: Ich bekomme es auf jeden Fall mit, auch wenn die Klienten jetzt nicht nach der Wiesn sturmklingeln (lacht) . Aber Seitensprünge passieren dort schon.

Wo genau beginnt eigentlich Fremdgehen?

Wagner: Das muss jedes Paar für sich selbst herausfinden und besprechen. Knutschen kann meiner Meinung nach genauso verletzend sein wie Sex. Flirten und dem Gegenüber zeigen, dass man unter anderen Umständen vielleicht offen wäre, also den eigenen Marktwert erkunden, finde ich in Ordnung. Aber wie gesagt: Die Spielregeln legt jedes Paar für sich selbst fest.

Wer betrügt häufiger: Männer oder Frauen?

Wagner: Früher hätte ich gesagt, die Männer. Mittlerweile glaube ich aber, dass es eher ausgeglichen ist. Frauen reden nur nicht so darüber. Männer brüsten sich ja gerne mit Eroberungen und gelten dann allgemein als Frauenheld. Frauen müssen dagegen immer noch mit Verurteilung und Stigmata rechnen, wenn sie offen über viele Sex-Partner besprechen. Es ist unfair.

Kann aus einem betrunkenen Wiesn-Flirt auch die große Liebe werden?

Wagner: Natürlich! Für die große Liebe gibt es nur richtige Momente. Und angetrunken einen schönen Abend verbringen - das vergoldet das Erlebnis doch und bildet einen schönen Anfangsmythos. Also am besten nicht sturzbetrunken sein, sonst kriegt man nicht mit, wenn die große Liebe vor einem steht.