Rätselraten um Eisbär mit Graffito auf dem Fell

Die Markierung ist auf den Videobildern deutlich erkennbar (Bild: Screenshot)
Die Markierung ist auf den Videobildern deutlich erkennbar (Bild: Screenshot)

Alles halb so schlimm: Die Aufregung in sozialen Netzwerken um einen besprühten Eisbären ist unbegründet. Zunächst wurde wild spekuliert, dass es sich um einen bösen Scherz handeln müsse, den sich eine Person mit dem Tier erlaubt habe. Tatsächlich dient die Markierung lediglich der Identifizierung. Dem Tier geht es gut, die Farbe soll sich bald wieder abwaschen.

Ein Video, das einen Eisbären mit aufgesprühtem Graffito zeigt, sorgt in sozialen Netzwerken seit einigen Tagen für Empörung. In dem kurzen wie verwackelten Clip läuft das Tier durch eine graue Schneelandschaft, zwei Männer unterhalten sich im Hintergrund auf Russisch. Eindeutig zu erkennen ist ein schwarzer Schriftzug auf der rechten Seite des Bären: “T-34”. Verbreitet hat das Video am Montag der WWF-Mitarbeiter Sergei Kavry auf seiner Facebook-Seite. Er schrieb dazu: “Wieso? Wieso? Das Tier wird sich so nicht mehr verstecken und jagen können.” Nach eigenen Angaben hatte Kavry, der für WWF in der Tschukotka-Region im Nordosten Russlands arbeitet, das Video aus einer WhatsApp-Gruppe. Unklar war zunächst, woher es stammte. Das Video hat er mittlerweile von seiner Facebook-Seite gelöscht. Vermutlich, weil der wahre Grund für den Schriftzug bekannt geworden ist.

Wissenschaftliche Markierung oder makabrer Scherz?

Dabei hielten sich tagelang wilde Spekulationen. Eine davon teilte etwa der der russische Wissenschaftler Anatoly Kochnev. Er bekräftigte im Gespräch mit der staatlichen Nachrichtenagentur “RIA” zunächst die Sorge Kavrys: “Bis sich das Tier geputzt hat, wird eine erfolgreiche Jagd schwierig sein.”

Kochnev, der für das “Institute of Biological Problems of the North” (etwa: Institut für biologische Fragestellungen des Nordens) arbeitet, hielt es zudem für möglich, dass sich jemand einen Spaß mit dem Tier erlaubt haben könnte. Und einen makaberen dazu. Denn der Schriftzug T-34 wäre dann eine Referenz für einen sowjetischen Panzer, der ab dem Jahr 1940 gefertigt wurde. Der T-34 war mit über 50.000 Exemplaren der meistgebaute Panzer des Zweiten Weltkriegs.

Den wahren Grund für die Markierung brachte dann die Nachrichtenagentur “Severpress”, die für die nordrussische Region Jamal-Nenzen verantwortlich ist, ans Licht. Demnach hätten Teilnehmer einer wissenschaftlichen Expedition auf der entlegenen Nordpolarinsel Nowaja Semlja in einer dünn besiedelten Gegend einen Eisbären entsprechend markiert.

Gut genährt und keine Gefahr

Das Forscherteam aus Moskau wollte damit das Verhalten des Tieres erforschen. Das hatte zuvor die Müllhalde einer Siedlung auf der Insel nach Nahrung durchsucht. Die Markierung diente lediglich der Identifizierung: Die Forscher wollten damit herausfinden, ob dasselbe Tier wieder in die Siedlung zurückkehren würde.

Die Nachrichtenagentur “Severpress” zitiert dazu Ilya Mordvintsev, einen leitenden Forscher des Moskauer Instituts für ökologische und evolutionsbedingte Probleme. Die Forscher hätten demnach den Bären gefangen und betäubt. Und dabei bei Untersuchungen auch herausgefunden, dass das Tier gut genährt sei und deshalb keine Gefahr für Menschen darstelle. Die Forscher hätten es daraufhin in sicherer Entfernung der Siedlung markiert und wieder freigelassen. Die dazu eingesetzte Farbe würde sich nach zwei Wochen wieder ablösen. Die Nachrichtenagentur datiert die Videoaufnahme auf vergangene Woche.

Folgen des Klimawandels

Eisbären haben stark mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Weil die Temperaturen steigen, schmelzen laut “Utopia” ihre natürlichen Jagdreviere. Daher müssen sie immer größere Strecken zurücklegen, um an Nahrung zu gelangen. Dabei treffen sie häufiger auf besiedelte Gebiete, wie im arktischen Russland. Im vergangenen Februar erst trafen die Bewohner der Insel Nowaja Semlja schon einmal auf Eisbären. Damals handelte es sich aber um eine wahre “Invasion”, wie der “Telegraph” berichtet. Demnach seien 52 Bären in der Nähe von Siedlungen auf Nahrungssuche gewesen.