Eiskalter Kämpfer, der Barfuß-Jubel, der Untröstliche... - Beim DFB-Drama brennen sich vier Szenen in mein Herz, die ich nicht vergessen werde
Mit einem großen Kampf verabschiedet sich die deutsche Nationalmannschaft aus der EM im eigenen Land. Im Viertelfinale ist gegen Spanien Schluss. Nach einem epischen Drama! Abseits der Tore haben sich vier besondere Momente in das Herz unseres Reporters vor Ort gebrannt.
Deutschland scheitert in einem epischen EM-Viertelfinale an Spanien . 120 Minuten imposanter Kampf, am Ende versetzt „La Furia Roja“ der deutschen Elf den entscheidenden Schlag. Die drei Tore sind mächtiges Auf und Ab der Emotionen, das wird mir im Gedächtnis bleiben.
Es gibt aber auch vier weitere Momente, die etwas in mir ausgelöst und sich in mein Herz gebrannt haben.
1. Der fassungslose Havertz
Kai Havertz, der Untröstliche. Der 25-Jährige hatte die meisten Torabschlüsse im Spiel, vom Glück geküsst war er an diesem Abend aber nicht.
Sinnbildlich: In der 83. Minute spielt Spanien-Keeper Unai Simon dem Angreifer einen zu kurz geratenen Abstoß genau in die Füße. Havertz versucht aus großer Entfernung über den hinausgeeilten Torwart ins leere Tor zu lupfen, setzt den Ball aber auf das Tor.
Er dreht sich danach um, schlägt die Hände ungläubig vors Gesicht, reibt sich die Augen. Der Stürmer kann seinen Fehlschuss selbst kaum glauben, er weiß sofort, was für eine riesige Chance er in dem Moment vergeben hat. Kaum vorzustellen, was da in seinem Kopf vorgeht. Der Mann, der sonst selten Emotionen zeigt, wirkt völlig verzweifelt. Herzzerreißend.
Havertz bleibt glücklos, scheitert wenige Minuten später erneut aus kurzer Distanz an Simon. Schon vorher im Spiel lässt er zwei aussichtsreiche Chancen liegen.
Zwar rettet Florian Wirtz die Mannschaft dann doch noch in die Verlängerung, dort nimmt das deutsche Pech aber noch dramatischere Züge an.
2. Sanés Barfuß-Jubel
Vorerst aber noch das Tor von Wirtz: Wahnsinn, was in diesem Moment im Stadion los war. Eine Stimmungsexplosion! In der Jubel-Arie der deutschen Mannschaft passieren so viele Dinge zeitgleich.
Der Leverkusener Torschütze eilt zur Gegentribüne, wo die Familien der Stars sitzen und jubeln, die Mitspieler rasen ihm jubend nach. Auf der anderen Seite des Feldes stürmt die gesamte Trainer- und Ersatzbank aufs Feld.
Als sich der Rasen wieder lichtet, sehe ich einen einzelnen Spieler, der noch immer vor der deutschen Kurve die Fans animiert und anpeitscht. Leroy Sané, der nach einem eher blassen Auftritt schon zur Pause ausgewechselt wurde - wohl auch wegen einer Verletzung. Er springt euphorisch und barfüßig hin und her.
Eine ausdrucksstarke Szene, die zeigt, wie groß der Zusammenhalt in dieser Mannschaft ist, wie sehr sich die Spieler füreinander gefreut haben und wie groß der Drang war, die deutschen Fans zu begeistern.
3. Kimmich, der eiskalte Kämpfer
111. Minute, es ist jetzt nur noch Kampf, überall auf dem Feld wird um jede Aktion gefightet. Joshua Kimmich geht voran – und wie. Eine missglückte Flanke von Thomas Müller läuft der spanische Außenverteidiger Marc Cucurella (ja, der mit dem Handspiel) erst locker ab, dann kommt Kimmich angerauscht. Und wie. Selbst so einen verunglückten Ball gibt er nicht auf. Mit einem harten Check streckt er den Spanier im Sprung nieder, der muss sich kurz schütteln.
Kimmich macht in Stuttgart ein unheimlich starkes Spiel. In dieser Aktion wird der Kämpfer in ihm deutlich. Als er dann am Boden liegenden Spanier vorbeiläuft, schaut er nur mit einem eiskalten Blick nach vorn. Immer weiter. Brrrrrgh.
4. Kroos wie einst Schweinsteiger
Wenige Momente später sackt Toni Kroos im Mittelfeldzentrum zu Boden. Nichts geht mehr beim deutschen Regisseur. Die Beine des 35-Jährigen wollen ihn nicht mehr tragen. Er muss behandelt werden, verlässt für einen Moment das Feld.
Weil Julian Nagelsmann bereits alle Wechsel ausgeschöpft hat, gibt es keinen Ersatz mehr für Kroos. Also schleppt er sich selbst wieder auf den Rasen, kämpft weiter.
Ich erinnere mich in dem Moment an 2014, als Bastian Schweinsteiger im Finale gegen Argentinien mit einem Cut am Auge schon so gut wie ausgewechselt worden war, sich dann aber blutend zurückkämpfte. Ein Bild für die Geschichtsbücher. Leider bleibt am Ende ein trauriges Bild von Kroos hängen.