Elbüberquerung in Dresden - Die eingestürzte Carolabrücke ist kein Wunder, sondern eine nationale Blamage

Hier fährt erstmal nichts mehr: Bis auf Weiteres bleibt die Brücke komplett gesperrt.<span class="copyright">Robert Michael/dpa</span>
Hier fährt erstmal nichts mehr: Bis auf Weiteres bleibt die Brücke komplett gesperrt.Robert Michael/dpa

Keiner war‘s, keinen interessiert’s – dabei ist der Einsturz der Elbüberquerung in Dresden mit der Carolabrücke die nächste nationale Blamage. Deutschland beschäftigt sich vielleicht noch mit seiner Vergangenheit, aber nicht mit seiner Zukunft. Ein Kommentar.

  • Im Video oben: Dramatische Aufnahmen: Video zeigt Einsturz der Carolabrücke in Dresden

Am Tag zwei nach dem Brückeneinsturz von Dresden geht Deutschland wieder zur Tagesordnung über. Es gibt ja genug Themen: Migration, VW, Ukraine. Nur das Ausland reibt sich einmal mehr verwundert die Augen: „Bridge collapses in Dresden“ – die Schlagzeile und die Bilder dazu eilen um die Welt. „Shocking moment“ bemerkt die britische Daily Mail und weist daraufhin, dass 130.000 Brücken in Deutschland vor Jahrzehnten gebaut seien und möglicherweise ein bisschen altersschwach sind. Offenbar gruselt man sich anderswo mehr als hierzulande vor dem, was da in Dresden gerade abgegangen ist.

Deswegen ist es am Tag zwei nach dem Einsturz der Carolabrücke von Dresden Zeit, auch im eigenen Land diese drei Erkenntnisse zu teilen, die uns allesamt erschüttern sollten.

Carolabrücke: Erkenntnis Nummer eins

Niemand ist es gewesen. Als Ursache nennen die ersten Begutachter: Korrosion . Das klingt wie höhere Gewalt. Kann man eben nichts machen. Tatsächlich hat offenbar bereits vor Monaten eine Routineüberprüfung der Brücke ergeben, dass ihr Zustand „nicht ausreichend“ sei. Wer bitte hat nach einem solchen Urteil die Brücke zur weiteren Benutzung freigegeben? Es muss hier andere Verantwortliche als jene rostigen Mächte geben, die bisher genannt wurden.

Erkenntnis Nummer zwei

Die Meldung vom Brückeneinsturz in einer Großstadt ist nach 24 Stunden aus der Welt. Kaum einer, außer denen vor Ort, interessiert sich mehr dafür. Ist ja Gott sei Dank niemand zu Schaden gekommen. Man preist noch ein wenig das Wunder, dass die Brücke um drei Uhr nachts eingestürzt ist, wo wirklich niemand unterwegs war. Aber das war’s dann auch.

Erkenntnis Nummer drei

Das ist die größte Katastrophe: In Sachsens Landeshauptstadt stürzt eine der wichtigsten Elbüberquerungen in sich zusammen, weil sie nicht rechtzeitig gewartet wurde. Die Stadt gibt Millionen aus, um sich als herausgeputzte Metropole der Vergangenheit zu präsentieren. Allein die sensationelle Wiedererrichtung der eigentlich nicht mehr vorhandenen Frauenkirche hat knapp 200 Millionen Euro gekostet, die auch durch eine einmalige Aktion der Bürger zustande gekommen sind. Semperoper, Hofkirche, Residenzschloss ergänzen das pittoreske Elb-Ensemble. Investitionen in die Zukunft aber hat die Stadt offensichtlich vernachlässigt. Die eingestürzte Carola-Brücke in Dresden wird damit zum Symbol für Deutschland. Wir pflegen das, was war. Aber wir kümmern uns nicht um das, was kommt.