Elektrischer Transit: Post und Ford bauen gemeinsam Tausende E-Transporter

Noch vor drei Jahren haben alle großen Automobilhersteller in Deutschland abgewunken.

Daran muss man sich immer noch gewöhnen. Da sitzen zwei Spitzenmanager der Deutschen Post und des Autoherstellers Ford einträchtig in der DHL-Niederlassung im Kölner Stadtteil Ehrenfeld nebeneinander, präsentieren den ersten Großraum-Elektro-Transporter, den Street Scooter XL, auf der Basis eines handelsüblichen Ford Transit – doch der Post-Vorstand übernimmt das Kommando. DHL ist den Autoherstellern voraus „Wir stehen am Anfang einer gewaltigen Entwicklung“, sagt Jürgen Gerdes, der sich in der Rolle des Autobauers sichtlich wohlfühlt. „Bis Ende 2018 werden wir 2500 dieser Fahrzeuge in unserem Street Scooter-Werk in Aachen produzieren, die wir ausschließlich für uns einsetzen werden.“ Dabei ist Gerdes von Hause aus gar kein Autobauer, sondern Vorstand des größten Logistik-Unternehmens der Welt, das sich Mitte 2010 zwangsweise selbst „auf die Reise in Sachen Street Scooter“ begeben musste, weil es damals kein deutscher Autohersteller erwägenswert fand, sich überhaupt mit der Entwicklung von Klein-Lieferwagen mit Elektroantrieb zu beschäftigen. Sieben Jahre später kann die Deutsche Post die Nachfrage kaum befriedigen. Die drohenden Diesel-Fahrverbote in vielen Großstädten befeuern das Geschäft. Die kleinen Modelle des gelben Street Scooter, der Work und der Work L, sind längst ein Renner. Zusammenarbeit mit Ford ist ein Erfolg Im September will Gerdes bekanntgeben, an welchem Standort in Nordrhein-Westfalen die Post ein zweites Werk eröffnen wird. In der bisher einzigen Street-Scooter-Fabrik in Aachen wird gerade der Zwei-Schicht-Betrieb eingeführt. „Wenn wir an beiden Standorten voll produzieren, könnten wir pro Jahr 30.000 Fahrzeuge ausliefern.“ Dass der zweite Standort Köln sein könnte, scheint nicht ausgeschlossen. „Köln-Niehl wird es nicht sein“, sagt der Post-Vorstand. Dort laufen in der Fiesta-Produktion täglich bis zu 1850 Einheiten vom Band. Post-Vorstand Gerdes lobt die Kooperation mit Ford über den grünen Klee. Sie sei beim Bau des Street Scooter XL sehr gut verlaufen, beide Seiten seien „begeistert“, deshalb sei es sinnvoll, mit Ford „über weitere Aktivitäten nachzudenken“. Das ist ganz im Sinne von Steven Armstrong. „Wir finden es sehr aufregend, mit diesem aktuellen Projekt dazu beizutragen, aus Nordrhein-Westfalen, der Heimat von Ford in Europa, eine Keimzelle der Elektromobilität zu machen“, sagt der Europa-Chef und dass es in Zeiten „tiefgreifender Veränderungen für alle Autohersteller unerlässlich ist, sich erfolgreich Partner speziell im Bereich der Tech-Startups zu suchen.“ Luftqualität soll verbessert werden Man habe den Anspruch, „zusammen mit unseren Partnern und Spezialisten eine Führungsrolle bei der Verbesserung der Luftqualität in unseren Städten und bei intelligenten Konzepten im Nutzfahrzeugbereich zu übernehmen“. Ford investiere weltweit 4,5 Milliarden Euro in die Entwicklung von Elektroautos. 13 neue Fahrzeuge sollen in fünf Jahren auf den Markt kommen. „Deutschland wird einen hohen Stellenwert genießen“, sagt Armstrong. Gerdes nickt. Auf dem Hof steigen beide Manager einträchtig in den ersten von 2500 E-Transportern, die bis Ende 2018 für die Post gebaut werden und die jeder Laie eindeutig als Ford identifizieren wird – auch wenn die berühmte Pflaume, das Markenzeichen des Automobilherstellers, auf dem Grill fehlt. Dort prangt stattdessen das eher schlichte Street Scooter-Logo. Genau diesen XL-Transit braucht die Post dringend, weil die kleineren Versionen bei den Zulassungszeiten in den Fußgängerzonen der Innenstädte nicht zwischendurch zum Nachladen fahren könnten. Post will spätestens 2050 emissionsfrei unterwegs sein „Wir haben in Rekordzeit ein faszinierendes Fahrzeug auf die Räder gestellt“, sagt Gerdes. „20 Kubikmeter Fassungsvermögen, ein Motor, der uns mit einer ausreichenden Reichweite sicher durch die Einsatzgebiete führen wird und ein Design, bei dem wir unseren Mitarbeitern auch in ergonomischer Hinsicht zumuten können, 200 Mal pro Tag ein- und auszusteigen. Darauf sind wir sehr stolz.“ Die Post will spätestens im Jahr 2050 emissionsfrei unterwegs sein. Dazu müssen 47.000 Fahrzeuge auf Elektroantrieb umgestellt werden. Geschätzt 10.000 davon dürften auf der Transit-Plattform fußen. Pro Jahr und Fahrzeug können mit dem XL-Scooter rund fünf Tonnen Kohlendioxid und 1900 Liter Diesel eingespart werden. Immerhin – ab sofort sitzt Ford mit im Boot. Aber mit welchen Komponenten eigentlich? Jörg Beyer, seit Februar Geschäftsführer der Produktentwicklung bei Ford, bemüht sich, den großen Anteil des Autobauers herauszustreichen. Der E-Transporter sei eine gemeinsame Entwicklung. Fahrwerk, Fahrerhäuschen, Chassis, Achsen stammen aus dem Transit-Werk im türkischen Kocaeli, wo jährlich rund 320.000 Transit mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren vom Band laufen. Bogen soll nicht überspannt werden Im Street Scooter-Werk in Aachen würden lediglich der elektrische Antriebsstrang und der Aufbau komplettiert. „Die Karosserie, das Fahrwerk, die Antriebsbatterie, der Aufbau, die gesamte elektronische Architektur für die Airbags, für die Sicherheitseinrichtungen und die Warnanlagen: Das ist alles Ford. Die Interaktion mit dem elektrischen Antriebsstrang muss ja funktionieren. Das Gaspedal aus der Türkei muss der Batterie ja irgendwie mitteilen, jetzt schick’ mal so und so viel Strom da hin.“ Gerade mal ein Jahr haben Ford und Street Scooter für die Entwicklung des neuen Transporters benötigt. „Einer der großen Vorteile in der Zusammenarbeit war, dass die Streetscooter Work und Work L schon lange erprobt sind. Die Antriebskomponenten dieser Fahrzeuge finden sich in modifizierter Form im Work XL wieder“, sagt Beyer. Natürlich habe Ford das Interesse, bei einer Vermarktung des Elektro-Transit über die Post hinaus federführend mitzuwirken. „Wir wollen den Bogen nicht überspannen. Wir sehen ein großes Potenzial. Die Produktionskapazitäten werden sich weiter entwickeln. 2018 allein 2500 Fahrzeuge für die Post, potenziell werden es natürlich mehr sein.“ Dass der Autobauer ein Interesse daran habe, den Wagen auf Dauer als Teil der eigenen Produktpalette anzubieten, sei eine Frage von Gesprächen. Die hätten begonnen. „Natürlich haben wir die Möglichkeit, das Fahrzeug in Zukunft auch für Ford zu branden. Aber das ist heute nicht das Thema.“ Street Scooter Work XL Der Transporter hat je nach Batteriegröße eine Reichweite von 80 bis 200 Kilometer, ist bis zu 85 km/h schnell. Der Motor leistet bis zu 150 Kilowatt, die von einer Lithium-Ionen-Batterie und einem Synchronmotor erzeugt werden. Der Wagen muss 200 Stopps und Anfahrvorgänge am Tag bewältigen, ist an 300 Tagen im Jahr im Einsatz und soll zwölf Jahre halten....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta