Den Elfmeter kann man geben, aber …

Die Elfmeterentscheidung im Pokal-Halbfinale zwischen Werder und Bayern erhitzte die Gemüter

Auch auf die Gefahr hin, halb Fußball-Deutschland in Rage zu versetzen: Den Elfmeter zum entscheidenden 3:2 für den FC Bayern im Pokal-Halbfinale bei Werder Bremen kann man geben.

Wie Theodor Gebre Selassie im Zweikampf mit Kingsley Coman nach dem ersten harmlosen Rempler noch einen Schubser folgen lässt, ist zumindest ungeschickt.

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Das heißt allerdings nicht, dass man den Elfmeter geben sollte. Coman legt sich den Ball zu weit vor, geht dann viel zu leicht zu Boden.

Und auch wenn immer wieder von verschiedenen Seiten argumentiert wird, die Spielsituation dürfe keinen Einfluss auf die Entscheidung haben, was ein Elfmeter sei und was nicht: Natürlich muss ein Schiedsrichter Umstände wie Ergebnis oder Spielminute berücksichtigen - allein schon, um sich selbst zu schützen.

In der Schlussphase nur glasklare Elfmeter

Einfache Schiedsrichter-Schule: Im Zweifel immer die Entscheidung treffen, die die geringeren Konsequenzen nach sich zieht.*

Geht der Ball nach einem Pressschlag über die Torauslinie, gibt es einen Abstoß und keinen Eckball - denn entsteht daraus ein Tor, ist Ärger programmiert.

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Steht ein Spiel kurz vor Schluss auf der Kippe, gibt es nur noch einen Elfmeter, wenn die Situation glasklar ist. Ein nicht gegebener Elfmeter ist meistens weniger entscheidend als ein zu Unrecht verhängter.

Gerade vor diesem Hintergrund hat Schiedsrichter Daniel Siebert einen gravierenden Fehler gemacht - und die Möglichkeiten des Video-Assistenten aus irgendwelchen Gründen nicht ausgeschöpft.

Denn glaubt man den Aussagen der Bremer Spieler, hat Siebert argumentiert, Gebre Selassie habe Coman "unten" getroffen. Die Fernsehbilder zeigen jedoch eindeutig, dass das nicht der Fall war.

Offenbar Wahrnehmungsfehler bei Siebert

Vermutlich schaltete sich der Video-Assistent nicht in die Entscheidungsfindung ein, weil aus seiner Sicht angesichts des Schubsers keine klare Fehlentscheidung vorlag und Siebert die Szene eindeutig wahrgenommen hatte.

Offenbar unterlief ihm dabei jedoch ein gerade bei diesem Tempo vollkommen menschlicher Wahrnehmungsfehler. Das kann passieren - hätte durch eine kurze, präzise Nachfrage beim Video-Assistenten allerdings korrigiert werden können.

Hat Siebert die Entscheidung in dem Glauben getroffen, es habe einen Kontakt an Bein oder Fuß gegeben, und diese Einschätzung nicht vom Video-Assistenten bestätigen lassen, dann war der Elfmeterpfiff tatsächlich nur eines: eine Fehlentscheidung.

* Der Autor ist selbst seit über zehn Jahren als Schiedsrichter im Amateur-Fußball aktiv.