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Maria Schrader gewinnt Emmy für «Unorthodox»

Die deutsche Regisseurin Maria Schrader (M) freut sich über den Emmy für «Unorthodox».
Die deutsche Regisseurin Maria Schrader (M) freut sich über den Emmy für «Unorthodox».

Drei große Abräumer und eine Menge Politik: Die Emmy Awards konnten wegen der Corona-Pandemie erstmals nur online vergeben werden. Aus deutscher Sicht gab es Grund zum Jubeln - bei einer Serie mit Berlin-Bezug.

Los Angeles (dpa) - Die Regisseurin Maria Schrader hat mit der Netflix-Serie «Unorthodox» einen Emmy gewonnen. Damit bekam beim wichtigsten US-Fernsehpreis zum ersten Mal eine Deutsche den Preis für die beste Regie einer Miniserie.

Schrader erzählt darin die Geschichte einer ultra-orthodoxen Jüdin, die vor ihrem Ehemann aus New York nach Berlin flüchtet. Die 54-jährige Schrader hörte in einer Live-Schalte, umgeben von Mitgliedern des Teams, von ihrem Emmy. «Ich bin sprachlos», sagte sie.

In den vier Folgen auf Jiddisch, Englisch und Deutsch geht es um Esther («Esty»), eine Jüdin aus der Religionsgemeinschaft der Satmarer in Brooklyn. Es ist eine Welt mit strengen Glaubensregeln: Frauen müssen sich zum Beispiel die Haare abrasieren und Perücken tragen. Während ihrer Periode dürfen sie nicht von ihren Männern berührt werden. Esty freut sich zunächst auf die Ehe, aber vieles ist anders als erwartet.

Die in New York spielenden Szenen basieren lose auf dem 2012 erschienenen Buch «Unorthodox» von Deborah Feldman. Der Handlungsstrang in Berlin ist dagegen fiktiv. Die Hauptrolle spielt die israelische Schauspielerin Shira Haas, das Drehbuch stammt von Anna Winger («Deutschland 83») und Alexa Karolinski («Oma & Bella»). Die aus der Region Hannover stammende Schrader ist sowohl als Schauspielerin («Aimée & Jaguar») als auch als Filmemacherin («Vor der Morgenröte») bekannt. «Unorthodox» wurde international viel beachtet - die «New York Times» nannte die Emanzipationsgeschichte «atemberaubend».

Die drei großen Emmy-Abräumer waren am Sonntagabend das Drama «Succession» um die kaputte Familie eines Medienmoguls, die freundliche Toleranz-Comedy «Schitt's Creek» und die auf einem realen Massaker an Schwarzen im US-Süden beruhende Comicverfilmung «Watchmen».

In der Königskategorie des Abends entschied sich dann der Produzent und Drehbuchautor Jesse Armstrong für eine ungewöhnliche Rede. Er wolle einigen «Nichtdank» aussprechen, sagte Armstrong bei der Bekanntgabe des Preises für die beste Dramaserie an «Succession». Ein «Nichtdank» gehe an das Virus und an Donald Trump und Boris Johnson für deren «lausige und unkoordinierte Antwort» darauf, sagte er. Ein «Nichtdank» gehe auch an alle Nationalisten auf der Welt und «an alle Medienmogule, die sie an der Macht halten», erklärte der Brite.

Seine opulent ausgestattete Serie handelt vom alternden Patriarchen Logan Roy und wie dessen Kinder um die Nachfolge in seinem Medienkonzern kämpfen. Sie wurde mit sieben Preisen ausgezeichnet. Dass während der Verleihung des Hauptpreises kurz im Hintergrund das Telefon klingelte, blieb eine der wenigen Pannen - «Zimmerservice, vermutlich», witzelte Armstrong.

Ansonsten war deutlich häufiger der US-Präsident das Thema vieler Gags und ernster Anspielungen. Zu Beginn sprach Moderator Jimmy Kimmel zunächst vor applaudierenden Stars, gab dann aber preis, dass dies Aufnahmen der Vorjahre waren und er nahezu allein auf der Bühne im Staples Center stehen werde. «Natürlich haben wir kein Publikum», sagte der Komiker. «Das hier ist keine MAGA-Rally», ergänzte Kimmel als Seitenhieb auf die «Make America Great Again»-Wahlkampfreden, die US-Präsident Donald Trump trotz Infektionsrisikos während der Corona-Pandemie vor Tausenden Anhängern hält.

Danach ging Kimmel hinter die Bühne in einen Raum voller Monitore mit Schalten zu rund 100 Nominierten. Mit der Vergabe des ersten Preises begann dann der Siegeszug von «Schitt's Creek» in den Comedy-Kategorien - mehr als 70 Minuten dauerte es, bis überhaupt irgendeine andere Sendung einen Preis erhielt. Bis dahin gewann in allen sieben wichtigen Sparten die warmherzige Serie über die extravagante Familie Rose, die nach Problemen mit den Steuerbehörden in ein kleines Dorf zieht, das der Vater einst als Spaß dem Sohn geschenkt hatte.

«Im Kern handelt unsere Serie davon, welche Veränderungen Liebe und Akzeptanz auslösen», sagte Daniel Levy, der Preise als Regisseur, Autor und Nebendarsteller erhielt. «Und das ist etwas, das wir heute mehr als je zuvor brauchen», ergänzte er, bevor er die Zuschauer engagiert aufrief, am 3. November wählen zu gehen. Außer ihm wurden auch Catherine O'Hara und Eugene Levy für ihre Hauptrollen und Annie Murphy für die beste weibliche Nebenrolle ausgezeichnet. Inklusive der Preise für die beste Comedyserie, sowie für bereits an den Vorabenden vergebenen Preisen für Casting und Kostüme kam «Schitt's Creek» auf neun Awards.

Bei den Emmys für Fernsehfilme und Miniserien war «Watchmen» mit insgesamt elf Preisen der große Abräumer. In ihren Reden erinnerten die Macher an ein dunkles Kapitel der US-Geschichte, das der Serie zugrunde liegt: Beim Massaker von Tulsa waren laut mancher Schätzungen im Jahr 1921 bis zu 300 Schwarze umgebracht worden. «Dieses Land vernachlässigt seine eigene Geschichte oft zum eigenen Nachteil», sagten die Drehbuchautoren Damon Lindelof und Cord Jefferson.