"Er hielt 14 Tage durch": Krankenschwester gibt emotionalen Einblick aus der Corona-Station
Diese Krankenschwester erzählt auf Twitter emotional vom Sterben eines Corona-Patienten. In ihren Posts kommt das ganze Dilemma der aktuellen Debatte zum Vorschein.
Überall auf der Welt rückt das medizinische Personal in den Fokus. Und fast überall fühlt es sich überfordert und allein gelassen. Von der Politik, von grundsätzlichen Schwächen des Gesundheitssystems aber auch von den Menschen, die trotz aller Bemühungen um die Eindämmung der Pandemie keine Vorsicht walten lassen und sich nicht an die Hygienevorgaben halten.
Auch in Deutschland füllen sich die Intensivstationen aktuell dramatisch. Die Todesrate liegt höher als in der ersten Welle der Pandemie und hinter jeder Zahl steckt ein persönliches Schicksal. Nicht nur das der Infizierten, sondern auch das der Menschen, die sich um sie kümmern und gegen den Tod kämpfen. Eine Krankenschwester, die unter dem Namen Venlafaxin auf Twitter über ihren Arbeitsalltag berichtet, erzählt dort nun von einem besonders emotionalen Fall.
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Und wieder lagern meiner Kollegen und ich den kalten Körper eines 40 jährigen Familienvater in den Leichensack ein. Er hatte keine Vorerkrankungen, er hat sich an die Auflagen gehalten, er hat vor 6 Monaten noch ein Kind mit seiner Frau bekommen. Er hielt 14 Tage durch.
— Venlafaxin (@duloxetin) December 9, 2020
In weiteren Posts erzählt die Krankenschwester aus Westdeutschland, die dort auf der Intensivstation arbeitet, von dem Corona-Fall, der sie so berührt hat. “Und wieder stehe ich in einem leeren Zimmer und höre noch seine Stimme. Oder sehe wie er mit seiner Frau skyped. Atme nochmal tief durch und sage "Gute Reise", bevor ich den Patienten für den Abtransport in die Prosektur freigebe.”
Über 3.000 mal wurde ihr Bericht aus der Intensivstation retweeted, unzählige Kommentare sammelten sich darunter. Viele mit dankbaren, unterstützenden Worten aber auch manche, die ihr die ehrlichen Gefühle vorwarfen. Darum erklärte die Krankenschwester auch, warum sie sich entschieden hat, ihrem Frust auf Twitter Luft zu machen.
pflegende und Mediziner sind keine Maschinen, wir machen Fehler, wir fühlen mit dem Patienten mit, und wenn auch ein für uns aufopferungsreicher Kampf so tragisch endet, dann trauern wir. Ganz genau das, eben die Tatsache das wir mitfühlen macht die profession unseres Berufes aus
— Venlafaxin (@duloxetin) December 10, 2020
Die Posts machen deutlich, wie sehr das Pflegepersonal nach einem Jahr mit Corona und mitten in der zweiten Welle am Rande der Belastbarkeit steht.
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Ich kann das nicht ewig weitermachen. Ich merke wiedermal, wie diese Pandemie und im speziellen diese krankheit mir die Kraft nimmt. Ich kann nicht weiter Jeden Tag zum Dienst gehen, als wenn nichts wäre. Als wenn da keine skiuauber, querdenker, covidioten, etc wären.
— Venlafaxin (@duloxetin) December 9, 2020
Auf Nachfrage eines Users erklärte die Krankenschwester noch, wo sich der eigentlich gesunde Familienvater infiziert hatte. Es war über den Kontakt zu seiner Tochter, deren Mitschülerin mit dem Virus infiziert gewesen war.
Die sitznachbarin der Tochter in der Schule war infiziert.
Leider ist das etwas, was wir zurzeit sehr oft beobachten, dass das schulsystem uns eben infizierte im mittleren Alter beschert.— Venlafaxin (@duloxetin) December 10, 2020
Die Krankenschwester fügte noch hinzu: “Nein, das passiert nicht bei jedem Patienten in dieser Form, aber in jeden Fall fühlen wir etwas. Manchmal Dankbarkeit, dass dem Patienten die last des Kampfes genommen wurde, manchmal Trauer, manchmal Wut...” In ihrer Verzweiflung habe sie sogar überlegt, zu kündigen. Doch der Zuspruch, den sie auch auf Twitter von vielen Menschen erhielt, überzeugte sie dann doch, ihren wichtigen Job nicht aufzugeben. Sie werde sich aber “eine Weile rausnehmen ab Montag”, schrieb die Krankenschwester.
Allein am 10. Dezember sind in Deutschland 604 Menschen an Covid-19 gestorben, insgesamt hat sich die Zahl der Corona-Toten damit auf 21.064 erhöht. Angesichts solcher persönlichen Berichte wirkt das öffentliche Ringen um jede kleinteilige Maßnahme um so absurder.
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