Werbung

Verzweifelte Suche nach Überlebenden in Sierra Leone

Rettungskräfte bergen ein Opfer. Die Zahl der Todesopfer ist noch unklar. Eine Quelle befürchtet, dass bis 500 Menschen ums Leben gekommen sind. Foto: IFRC/AP/dpa
Rettungskräfte bergen ein Opfer. Die Zahl der Todesopfer ist noch unklar. Eine Quelle befürchtet, dass bis 500 Menschen ums Leben gekommen sind. Foto: IFRC/AP/dpa

In Freetown suchen Angehörige und freiwillige Helfer im Geröll nach Verschütteten. Die Lage ist verzweifelt, oft fehlt es an Räumgerät. Die Fluten erschweren die Rettungsarbeiten.

Freetown (dpa) - In einem Wettlauf gegen die Zeit suchen freiwillige Helfer nahe der Hauptstadt des westafrikanischen Staates Sierra Leone nach Überlebenden des gewaltigen Erdrutsches.

Die Rettungsarbeiten wurden an vielen Orten erschwert, weil Räumgerät fehlte und wegen weiterer Überschwemmungen vor allem im Westen der Stadt. Nach Krankenhausangaben wurden allein am Dienstagvormittag 80 weitere Leichen registriert. Die Behörden planen die Einrichtung von Massengräbern. Unter den Toten sind auch ein Mitarbeiter der Hilfsorganisation Save the Children und seine beiden Kinder.

In ersten Schätzungen ist von hunderten Opfern und mindestens 3000 Obdachlosen die Rede. In einer Twitter-Botschaft des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz heißt es: «Freiwillige vom Roten Kreuz halfen, 71 Menschen aus Schlamm und Geröll zu befreien; die Lage bleibt schlimm.» Auch die Vereinten Nationen (UN) begannen, sich mit Lebensmittelhilfe und medizinischer Betreuung an den Rettungsarbeiten zu beteiligen. Auf Facebook veröffentlichte die für Sierra Leone zuständige UN-Abteilung Fotos, auf denen das Ausmaß der Zerstörung zu sehen ist. Einige der Helfer versuchen dabei, im weiter strömenden Regen Geröll mit bloßen Händen wegzuräumen.

In einigen westlichen Bezirken fiel der Strom aus, als unterspülte Leitungsmasten wegbrachen. «Das Land braucht jetzt schnelle und unbürokratische Unterstützung bei Versorgung der Betroffenen; die Weltgemeinschaft darf das Land nicht im Stich lassen», forderte der Bundestagsabgeordnete Uwe Kekeritz (Grüne). Er sprach sich zugleich für besseren Klimaschutz aus: «Denn die Abholzung der Wälder in und um Freetown hat die Hänge destabilisiert und zur Katastrophe beigetragen.»

Der Erdrutsch passierte am Montag im Regent-Distrikt nahe der Hauptstadt Freetown, als nach heftigen Regenfällen Teile eines aufgeweichten Hügels abbrachen. Das Rote Kreuz ermutigte die Anwohner angesichts weiter bestehender Gefahr, die Region zu verlassen. Viele Straßen sind von Wassermassen überflutet, was Bergungsarbeiten zusätzlich erschwert. Zu den zerstörten Häusern gehört auch der Neubau des Informationsministers von Sierra Leone, Mohamed Bangura. Nach Angaben des nationalen Rundfunks wurden einige seiner Angestellten beim Einsturz des Gebäudes unter den Trümmern begraben.

Viele der Opfer sind grässlich verstümmelt. Ihre exakte Zahl ist angesichts der weiter unklaren Situation nach wie vor nicht bekannt. Während ein örtlicher Rotkreuz-Sprecher am Dienstagmorgen von 205 bestätigten Toten und 71 Verletzten sprach, berichteten örtliche Medien von weit mehr als 350 Toten. Darunter sind mehr als 100 Kinder, die bereits aus den Fluten geborgen wurden. Die Zahlen dürften noch steigen, da in der Hauptstadt Freetown noch immer zahlreiche Menschen als vermisst gelten. Zudem regnet es weiter.

Eine Quelle im Gesundheitsministerium sprach bereits am Montagabend von bis zu 500 Toten. «Es ist möglich, dass Hunderte tot unter dem Geröll liegen», sagte Vizepräsident Victor Foh an der Unglücksstelle. In mehr als 1000 verschütteten Häusern würden weitere Opfer befürchtet. Präsident Ernest Koroma sprach von einer «nationalen Tragödie». Infolge der Überschwemmungen besteht das Risiko, dass Krankheiten wie Cholera ausbrechen und sich schnell verbreiten. Die Hilfsorganisation Aktion gegen den Hunger versorgt die Betroffenen in Freetown mit sauberem Trinkwasser und kümmert sich um die Hygiene.