Erinnerungen an 1997 - Jetzt rollt das Oder-Hochwasser auf Deutschland zu

An der Oder in Brandenburg muss mit einer ernsteren Hochwasserlage in den kommenden Tagen gerechnet werden.<span class="copyright">Patrick Pleul/dpa</span>
An der Oder in Brandenburg muss mit einer ernsteren Hochwasserlage in den kommenden Tagen gerechnet werden.Patrick Pleul/dpa

Mit steigenden Pegelständen an der Oder wächst auch die Anspannung im Osten Brandenburgs. Die Hochwasserlage soll sich verschärfen. Südlich von Frankfurt (Oder) werden Erinnerungen ans Jahr 1997 wach.

Die Hochwasserwelle der Oder kommt näher: Während in Deutschlands Nachbarländern größtenteils schon Aufräumarbeiten laufen, bereitet sich Brandenburg auf eine ernstere Lage in der nächsten Woche vor. Denn die Hochwasserwelle der Oder bewegt sich aus Polen weiter flussabwärts Richtung Grenze.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) will sich am Samstag - einen Tag vor der Landtagswahl - in Frankfurt (Oder) ein Bild von den Vorbereitungen machen und mit Vertretern aus der polnischen Nachbarstadt Slubice sprechen.

So ist die Lage in Brandenburg und den anderen Hochwasserregionen

Brandenburg

Am Pegel Frankfurt (Oder) wird laut Staatskanzlei nach derzeitiger Prognose die zweithöchste Alarmstufe am Montag und Alarmstufe 3 am Dienstag erwartet. Richtwert dafür ist ein Wasserstand von sechs Metern. Der normale Stand ist dort etwa 2,10 Meter. Bei Alarmstufe 3 können Grundstücke, Straßen oder Keller überflutet werden. Bislang ist die niedrigste Alarmstufe 1 für Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt und Ratzdorf ausgerufen.

Am Pegel Ratzdorf, etwa 40 Kilometer südlich von Frankfurt (Oder), wird laut bisheriger Prognose des Landesumweltamtes am späten Montagabend mit dem Erreichen der Alarmstufe 3 gerechnet, am Dienstag mit der höchsten Stufe. Der Wasserstand soll dann auf über sechs Meter steigen, derzeit liegt er noch unter fünf Metern. Im Jahr 1997 hatte die Ortschaft Ratzdorf, wo Oder und Neiße zusammenfließen, eine Hochwasser-Katastrophe mit schweren Schäden erlebt.

Polen

Die Gebietsverwaltung der grenznahen Woiwodschaft Lebus hat Hochwasseralarm für die an der Oder gelegenen Regionen ausgerufen. Es wird erwartet, dass der Hochwasserscheitel am Sonntag die Kreisstadt Nowa Sol rund 80 Kilometer östlich der Grenze erreicht. Auch in Westpommern laufen die Vorkehrungen. In der Hafenstadt Stettin (Szczecin) nahm Regierungschef Donald Tusk an einer Sitzung des örtlichen Krisenstabs teil. Derzeit deute nichts auf ein „schwarzes Szenario“ hin, sagte Tusk. Man müsse aber gut vorbereitet sein.

Tusk ernannte den früheren polnischen Innenminister und jetzigen EU-Abgeordneten Marcin Kierwinski zum Sonderbeauftragten für den Wiederaufbau der Überschwemmungsgebiete im Südwesten des Landes. Im vom Hochwasser stark betroffenen niederschlesischen Breslau sei der Pegelstand zuletzt leicht gefallen, sagte der Leiter des Meteorologischen Instituts.

Österreich

In Österreich ist Ausmaß der Schäden durch das Hochwasser nun langsam sichtbar - und enorm. Ersten Berechnungen der Versicherungsbranche zufolge könnte sich die Schadenshöhe auf 600 bis 700 Millionen Euro belaufen. Laut dem Versicherungsverband (VVO) könnte im Extremfall auch die Milliardengrenze überschritten werden. Man sei nun vor allem um eine „rasche und unbürokratische Schadensabwicklung“ bemüht.

Die österreichische Bundesregierung hat unterdessen den Katastrophenfonds zur Beseitigung der Schäden auf eine Milliarde Euro aufgestockt. Vonseiten der EU kann das Land mit etwa 500 Millionen Euro Hilfe rechnen.

Tschechien

In Tschechien entspannt sich die Hochwasserlage. Die höchste Alarmstufe, bei der Gefahren für Leib und Leben oder größere Sachschäden drohen, galt nur noch an wenigen Stellen in Südböhmen. In den von Überflutungen am stärksten betroffenen Gegenden im Nordosten des Landes waren noch rund 19.000 Haushalte ohne Strom. Soziologen des Instituts Syri warnten, dass die Naturkatastrophe das Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich in Tschechien weiter verstärke. Die Unwetter hätten ausgerechnet die ärmsten Regionen am stärksten getroffen.

Slowakei

Die Slowakei verzeichnet ihren ersten Hochwassertoten. Damit steigt die Zahl der Todesopfer in den Hochwasserregionen auf insgesamt mindestens 24. Nachdem der Hochwasserpegel in Bratislava zurückgegangen war, wurde am Donnerstag in einem Altarm der Donau die Leiche eines ertrunkenen Mannes gefunden. Das bestätigte eine Polizeisprecherin der Nachrichtenagentur TASR. Der Fernsehsender TV Joj berichtete, bei dem Toten handle es sich um einen 53 Jahre alten Bewohner einer Ufersiedlung sogenannter Hausboote.