„Erschreckende Verhörtechnik“: So können Ehen von der katholischen Kirche annulliert werden

Eine Ehe kann aus kirchlicher Sicht nicht geschieden werden. (Bild: Getty Images)
Eine Ehe kann aus kirchlicher Sicht nicht geschieden werden. (Bild: Getty Images)

Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden! Die Kirchengerichtsprozesse wurden 2015 zwar vereinfacht. Wer seine Ehe offiziell annullieren lassen möchte, hat allerdings noch immer einen steinigen Weg vor sich. Über die Methoden der Kirche ist bislang nur wenig an die Öffentlichkeit gelangt, doch jetzt packen Betroffene aus.

Für Angestellte einer katholischen Einrichtung kann eine Scheidung oder eine Wiederverheiratung zum Spießrutenlauf werden. Obwohl heutzutage jede dritte Ehe getrennt wird, erkennt die Kirche eine weltliche Scheidung noch immer nicht an. Wer dennoch eine neue Beziehung eingeht, der frönt aus Sicht der Geistlichen einen schändlichen Lebensstil – und kann deshalb gekündigt werden! „Die Kirche nutzt die Lebensnot von Menschen, um in ihrem Privatleben zu schnüffeln – aus obskuren Machtgründen, denn theologische Gründe fallen mir nicht ein. Kein einziger“, erklärt Elke Rogosky gegenüber dem „Spiegel“.

Ehen für ungültig erklären zu lassen, ist nicht einfach. (Bild: Getty Images)
Ehen für ungültig erklären zu lassen, ist nicht einfach. (Bild: Getty Images)

Die Kölnerin war bereits jahrelang geschieden, als sie ihren neuen Partner Peter Otto kennenlernte. Damit dieser seinen Job als Theologe und Pastoralreferent behalten konnte, mussten sie sich dem Kirchengericht stellen – sonst hätte man ihm gekündigt. Diverse Zeugen aus dem Familien- und Bekanntenkreis mussten über das Privatleben des Paares aussagen. „Es war erniedrigend“, so Rogoskys Fazit. Das Prozedere zog sich über drei Jahre lang hin, da mehrere Instanzen durchlaufen werden mussten. Das ist nicht nur nervenaufreibend, sondern auch teuer.

Auch Barbara Menzel, die mit einem geschiedenen Mann verheiratet war und sich an einer katholischen Schule bewarb, beschreibt im Interview die Verhörtechniken als „erschreckend“. Es wird laut „Spiegel“-Informationen beispielsweise abgefragt, ob beim ehelichen Sex verhütet wurde oder wie oft Verkehr stattfand. Unzucht und Ehebruch gelten schließlich als schwere Sünden. Die Angestellten, die sich einem Annullierungsverfahren stellen, werden zur Geheimhaltung verpflichtet – deshalb dringt darüber so wenig an die Öffentlichkeit.

Im Herbst 2015 sollte es dann endlich wichtige Neuerungen geben, um das Verfahren zu beschleunigen. Für die Ehereform wurde eine Sonderkommission abgestellt, und Papst Franziskus stellte in Rom letztlich zwei Apostolische Schreiben vor. Darin wird festgehalten, dass Ehen in einer Instanz von einem Ehegericht oder einem Bischof annulliert werden können. Es müssen demnach nicht mehr ganz so viele Instanzen wie bisher durchlaufen werden, und das Verfahren soll kostenlos sein. Es wird aber wohl kein Weg daran vorbeiführen, sein Privatleben in aller Gänze auszubreiten und sich mehr als intimen Fragen stellen zu müssen.