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Erste Dreharbeiten im All: Filmteam zwölf Tage auf ISS

Baikonur (dpa) - Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt ist ein Filmteam für Dreharbeiten zur Internationalen Raumstation ISS geflogen.

Die russische Schauspielerin Julia Peressild und der Regisseur Klim Schipenko erreichten am Dienstag per Expressflug nach mehr als drei Stunden den Außenposten der Menschheit. Live-Bilder der Raumfahrtbehörde Roskosmos zeigten, wie sich das Sojus-Raumschiff MS-19 langsam der Station näherte und trotz Problemen andockte. Russland gewinnt damit auch einen Wettlauf mit den USA.

Auf den letzten Metern fiel das automatische System zum Andocken an die ISS aus. Deshalb sei auf manuelle Steuerung umgeschaltet worden, ging aus Kommentaren von Experten bei der Übertragung hervor. Kosmonaut Anton Schkaplerow, der mit an Bord des Raumschiffes saß, übernahm die Steuerung. Es blieb damit bis zuletzt spannend - wie in einem Film. «Willkommen auf der ISS», twitterte Roskosmos dann.

Alles nach Plan

Stunden zuvor war die Rakete vom Weltraumbahnhof Baikonur in der Steppe von Kasachstan in Zentralasien in den wolkenlosen Himmel abgehoben. Alles sei nach Plan verlaufen, sagte Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin, der den Start persönlich verfolgte. Für Russland stand einiges auf dem Spiel: Eine Panne hätte für die stolze Raumfahrtnation einen erheblichen Imageschaden bedeutet.

Deshalb schaute selbst der Kreml gespannt nach Kasachstan. «Wir sind Weltraum-Pioniere», meinte Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. «Für unser Land sind solche Flüge, die unsere Errungenschaften populärer machen, sehr gut.» Wie teuer das Filmprojekt ist, dazu gab es zunächst keine offiziellen Angaben.

Für den Dreh 400 Kilometer über der Erde sind zwölf Tage vorgesehen. Platz ist in der Station reichlich vorhanden - auch wenn sich dort nun zehn Menschen aufhalten. Der 38-jährige Regisseur soll etwa in dem neuen Forschungsmodul «Nauka» (Wissenschaft) übernachten. Das Modul war erst im Sommer mit vielen Jahren Verspätung ins All gebracht worden. Es gibt damit nun vier Toiletten auf der ISS.

Weltraumdrama

Der als Weltraumdrama angekündigte Film hat den Arbeitstitel «Wysow» (Herausforderung). Der Streifen erzählt von einer Ärztin, die zur ISS fliegen muss, um dort einem erkrankten Kosmonauten das Leben zu retten. Nach Ansicht von Experten ist eine Operation im Weltall noch nicht möglich. Die Medizinerin wird von Peressild gespielt. Sie hatte sich in einem Casting unter gut 3000 Bewerberinnen durchgesetzt.

Zwei Kosmonauten bekommen ebenfalls eine Rolle in dem Streifen: Schkaplerow soll als Raumfahrer zu sehen sein, der die Ärztin in den Kosmos fliegt. Er hatte sich noch kurz vor dem Start beschwert, dass das Drehbuch ständig geändert worden sei. «Ich habe sowas noch nie gemacht. Das ist schwer für uns Laien.»

Den erkrankten Raumfahrer soll Oleg Nowizki verkörpern, der bereits seit April auf der ISS ist. Er soll am 17. Oktober mit den beiden Filmleuten zurück zur Erde fliegen. «Das Drehbuch ist so angelegt, dass sich die Kosmonauten selbst spielen», erklärte Schipenko, der zuvor bereits Regie bei einem Weltraum-Film geführt hatte.

Sein neuer Streifen ist nach russischen Angaben der erste Spielfilm, der im Kosmos gedreht wird und nicht vor Studiokulissen auf der Erde. Die USA planen ebenfalls einen Filmdreh auf dem Außenposten der Menschheit. Dafür war der US-Schauspieler Tom Cruise im Gespräch, der zur ISS fliegen sollte. Ein Datum gibt es aber noch nicht.

«Wissenschaftliches Projekt»

Roskosmos sieht den Film aber weniger als Produkt für einen gemütlichen Fernsehabend. Er sei zugleich ein «wissenschaftliches und pädagogisches Projekt». Damit soll auch der Beruf des Raumfahrers beworben und PR für die Branche gemacht werden. Er hoffe, dass nun mehr junge Spezialisten den Weg zur Raumfahrt fänden, sagte Rogosin.

Im Staatsfernsehen gab es zuletzt mehrere Dokumentationen, die ausführlich zeigten, wie das Filmteam über mehrere Wochen das harte Kosmonauten-Training durchlief. Nach Auffassung der Raumfahrtagentur wird diese «beschleunigte Ausbildung» künftig benötigt, um andere Spezialisten wie Ärzte oder Forscher ins All zu schicken - also nicht nur hauptberufliche Raumfahrer.