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Korea-Gipfel: Ringen um nukleare Abrüstung und Frieden

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (r) und der südkoreanische Präsident Moon Jae sind in Seoul auf einem Plakat von Aktivisten zu sehen. Foto: Lee Jin-Man/AP
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (r) und der südkoreanische Präsident Moon Jae sind in Seoul auf einem Plakat von Aktivisten zu sehen. Foto: Lee Jin-Man/AP

Vor wenigen Monaten drohte noch der Ausbruch eines Kriegs wegen des Atomkonflikts mit Nordkorea. Am Freitag reden Machthaber Kim und Südkoreas Präsident Moon erstmals persönlich miteinander. Können sie die Spannungen weiter abbauen? Was ist mit Kims Atomwaffen?

Panmunjom (dpa) - Bei ihrem ersten Gipfeltreffen wollen sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und Südkoreas Präsident Moon Jae In an diesem Freitag auf atomare Abrüstung und eine Friedenslösung konzentrieren.

Unklar ist aber, mit welcher Art von Vereinbarung das mit Spannung und großen Hoffnungen erwartete Treffen im Grenzort Panmunjom enden wird. Ein Erfolg wird vor allem daran gemessen werden, ob sich Kim eindeutig zu einer Denuklearisierung verpflichten wird. Es wird erwartet, dass es auf jeden Fall eine Erklärung über ein Ende der Feindseligkeiten geben wird.

«Wenn es um die Denuklearisierung geht, ist es sehr schwer zu sagen, auf welcher Ebene eine Einigung erreicht werden kann», sagte der Vorsitzende des Vorbereitungskomitees, Stabschef Im Jong Seok, am Donnerstag in Seoul. Fortschritte im Streit um Nordkoreas Atomwaffen- und Raketenprogramm zwischen Kim und Moon wären auch eine gute Grundlage für das Ende Mai oder Anfang Juni geplante Treffen des Machthabers Nordkoreas mit US-Präsident Donald Trump.

Für den Gipfel wird Kim als erster nordkoreanischer Führer seit dem Ende des Korea-Krieges (1950-53) die Grenze überqueren. Südkoreas Präsident wird ihn direkt auf der Demarkationslinie in der gemeinsamen Sicherheitszone des Grenzortes zwischen den im Blau der Vereinten Nationen gestrichenen Baracken empfangen, wo es nach dem Krieg immer Besprechungen gab. Es ist nach 2000 und 2007 in Pjöngjang der dritte innerkoreanische Gipfel, aber der erste seit der Eskalation des Atomkonfliktes und der erste in Südkorea.

Der Streit über Nordkoreas Atomprogramm zählt zu den gefährlichsten Konflikten der Welt. Die Spannungen hatten sich 2017 deutlich verschärft, nachdem das Land mehrfach Raketen und seine bisher größte Atombombe getestet und damit wiederholt gegen UN-Resolutionen verstoßen hatte. Seit Jahresanfang verfolgt Kim jedoch überraschend eine Politik der Annäherung an Südkorea und hatte auch Sportler zu den Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang entsandt.

Als erster nordkoreanischer Führer wird Kim in Südkorea sogar mit militärischen Ehren begrüßt. Anschließend beginnen Moon und Kim im Friedenshaus von Panmunjom zunächst ihre Gespräche in kleiner Runde, bevor sie auf die Delegationen ausgeweitet werden. Am Mittag wird die nordkoreanische Delegation zum Essen und einer Pause wieder über die Grenze zurückkehren. Am Nachmittag gehen die Gespräche im Friedenshaus weiter und enden am Abend mit einem Bankett.

Der Gipfel ist voller Symbolik. So werden beide Staatschefs unter anderem gemeinsam einen Baum an der Demarkationslinie pflanzen, der 65 Jahre alt ist - solange wie das Waffenstillstandsabkommen von 1953. Die Pinie steht für «Frieden und Wohlergehen», wie es hieß. Nordkoreas Machthaber wird bei seinem Gipfel vom protokollarischen Staatsoberhaupt Kim Yong Nam und seiner Schwester Kim Yo Jong begleitet, die praktisch als seine Stabschefin fungiert. Beide hatten schon an den Winterspielen teilgenommen. Offen ist nach südkoreanischen Angaben allerdings, ob Kims Frau Ri Sol Ju mitkommt.

Vor seinen Gipfeln mit Moon und Trump hatte Nordkoreas Machthaber am vergangenen Freitag überraschend eine Einstellung seiner Atom- und Raketentests sowie die Aufgabe des nordkoreanischen Atomtestgeländes angekündigt. Kim begründete seinen Vorstoß mit der Vollendung des Atomprogramms. Dieser «große Sieg» mache weitere Tests unnötig. Das Land könne sich jetzt auf den Wirtschaftsaufbau konzentrieren. Kim gab keinen Hinweis darauf, dass er seine Atomwaffen aufgeben will. Das wäre aber eine Voraussetzung für das Ende der internationalen Sanktionen, das er nach Einschätzung von Experten sucht.

Die Kehrtwende erklärte der Nordkorea-Experte und Professor an der südkoreanischen Kookmin-Universität, Andrej Lankow, damit, dass die Spannungen im vergangenen Jahr so eskaliert seien und die Sanktionen Nordkorea langfristig sehr schaden würden. «Viele Leute unterschätzen, wie nahe die koreanische Halbinsel an einem richtigen Krieg gestanden hat», sagte Lankow und wies auf die Drohungen der USA mit einem Militärschlag. «Es wurde Ende letzten Jahres etwas zu heiß.» So habe Machthaber Kim einen anderen Kurs eingeschlagen.

Der renommierte Experte glaubt aber nicht, dass Kim seine Atomwaffen aufgeben wird. Nordkoreas Machthaber wolle sein Programm nur auf einem niedrigeren Niveau behalten. Er werde Verhandlungen möglich machen, vielleicht auch sein Arsenal etwas reduzieren. «Aber eine völlige Denuklearisierung wird es nicht geben», betonte Lankow.

Nach einer Studie chinesischer Geologen ist Nordkorea derzeit ohnehin nicht mehr in der Lage, Atomtests auf seinem Versuchsgelände im Nordosten des Landes durchzuführen. Der Berg über der Anlage sei nach dem Atomtest im September eingestürzt, so die Wissenschaftler der Chinesischen Universität der Wissenschaften und Technik. Sie hatten Messdaten mehrerer Erdbeben ausgewertet, die sich nach dem bisher größten Atomtest Nordkoreas im September ereignet hatten.

Experten der auf Nordkorea spezialisierten Nachrichtenseite «38 North»​ des US-Korea-Instituts der Johns-Hopkins-Universität widersprachen jedoch. Pjöngjang habe nach dem Atomtest das Nordportal zu seiner unterirdischen Anlage zwar aufgegeben. Bis Anfang März sei jedoch am Westportal ein «signifikanter neuer Tunnelbau»​ entdeckt worden. Es gebe deshalb keine Grundlage für die Behauptung, dass das Gelände nicht mehr für künftige Atomtests geeignet sei.