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Erwachsenwerden in einer psychiatrischen Klinik: Das sind die Kino-Highlights der Woche

"Wann wird es endlich so, wie es früher nie war" erzählt mit Nachwuchs-Schauspieler Camille Loup Moltzen (Bild) in einer Hauptrolle vom Aufwachsen in einer psychiatrischen Klinik. (Bild: 2022 Komplizen Film GmbH/Warner Bros. Entertainment/Frédéric Batier)
"Wann wird es endlich so, wie es früher nie war" erzählt mit Nachwuchs-Schauspieler Camille Loup Moltzen (Bild) in einer Hauptrolle vom Aufwachsen in einer psychiatrischen Klinik. (Bild: 2022 Komplizen Film GmbH/Warner Bros. Entertainment/Frédéric Batier)

"What's Love Got to Do with It?", "Wo ist Anne Frank" und die Coming-of-Age-Geschichte "Wann wird es endlich so, wie es früher nie war", die in einer psychiatrischen Klinik spielt: Das sind die Kino-Neustarts am 23. Februar.

Wenn man junge Mütter und Väter fragt, wo und wie ihre Kinder idealerweise groß werden sollen, dann hört man vielleicht Sachen wie "Auf dem Land" oder "In einer ruhigen Nachbarschaft". "In einer Nervenklinik" wird wohl niemand sagen. Auch Richard hat es sich nicht gezielt so ausgesucht und seine Frau Iris erst recht nicht. Aber da sind sie nun, mit drei heranwachsenden Jungs und umgeben von "Kranken". Joachim Meyerhoff erzählte die Geschichte vor einigen Jahren in "Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war", sein autobiografischer Roman wurde 2013 zum Bestseller. Regisseurin Sonja Heiss hat die Tragikomödie nun fürs Kino verfilmt.

Was das Publikum in dieser Woche außerdem erwartet: "What's Love Got to Do with It?" erzählt in Romantic-Comedy-Form von einer arrangierten Ehe in London, während "Wo ist Anne Frank" einen neuen, zeitgemäßen (und erschreckenden) Blick auf ein bedeutendes Stück Weltliteratur wirft.

Richard (Devid Striesow) leitet die größte psychiatrische Klinik in Schlwesig-Holstein, seine Ehefrau Iris (Laura Tonke) träumt sich nach Italien. (Bild: 2022 Komplizen Film GmbH/Warner Bros. Entertainment/Frédéric Batier)
Richard (Devid Striesow) leitet die größte psychiatrische Klinik in Schlwesig-Holstein, seine Ehefrau Iris (Laura Tonke) träumt sich nach Italien. (Bild: 2022 Komplizen Film GmbH/Warner Bros. Entertainment/Frédéric Batier)

Wann wird es endlich so, wie es früher nie war

Kinder in einer psychiatrischen Einrichtung aufwachsen lassen, das finden viele vielleicht nicht "normal". Aber was ist das schon, "normal"? Die Frage drängt sich natürlich immer wieder auf in "Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war". Normal ist für den siebenjährigen Joachim (Camille Loup Moltzen) etwa, dass sein Papa mit ihm durch die Gänge spaziert und ihm zwischendurch auch mal von den Patienten erzählt. "Der da hat seiner Frau die Brustwarzen abgebissen. Aber das bleibt unter uns, ne?"

Joachims Vater, David Meyerhoff (gespielt von Devid Striesow), ist Direktor der größten psychiatrischen Klinik in Schleswig-Holstein. Mit den Kindern spricht er relativ offen über seine Arbeit, vor allem der jüngste seiner drei Söhne hängt oft auf dem Gelände herum. Joachim fühlt sich wohl dort und versteht sich gut mit den Patientinnen und Patienten. Mit ihnen kann er deutlich mehr anfangen als beispielsweise mit seinen beiden älteren Brüdern. Und die Mutter, die träumt sich immer wieder weit weg, indem sie Bilder von romantischen italienischen Landschaften malt. Irgendwann erleidet sie unterm Weihnachtsbaum einen schweren Nervenzusammenbruch.

"Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war" ist angelegt als Coming-of-Age-Drama und erzählt über mehrere Episoden vom Erwachsenwerden in einer vermeintlich nicht ganz normalen Umgebung. Es wird geweint und geschrien, aber auch viel gelacht in der Inszenierung von Sonja Heiss ("Hedi Schneider steckt fest"), die gemeinsam mit Lars Hubrich auch das Drehbuch schrieb. Dabei wird klar: Der ganz normale alltägliche "Wahnsinn", er hat in dieser Geschichte nicht unbedingt etwas damit zu tun, was in der Klinik passiert.

Romantische Komödie mit viel Culture Clash: Zoe (Lily James) und Kazim (Shazad Latif), die beiden Hauptfiguren in "What's Love Got to Do with It?", kennen sich schon ewig. Nun soll "Kaz" eine Frau heiraten, die seine Eltern für ihn ausgesucht haben. (Bild: Studiocanal GmbH/Robert Viglasky)
Romantische Komödie mit viel Culture Clash: Zoe (Lily James) und Kazim (Shazad Latif), die beiden Hauptfiguren in "What's Love Got to Do with It?", kennen sich schon ewig. Nun soll "Kaz" eine Frau heiraten, die seine Eltern für ihn ausgesucht haben. (Bild: Studiocanal GmbH/Robert Viglasky)

What's Love Got to Do with It?

Sollen sie es "My Big Fat Arranged Wedding" nennen? Oder doch lieber "Vertraglich Liebe"? Szenen wie die, wenn Zoe (Lily James) mit Kollegen den Filmtitel für ihre kommende Doku diskutiert, zeigen schon: So ganz ernst nimmt man das recht komplizierte Thema hinter diesem Film nicht. Eine arrangierte Hochzeit steht an, Zoe will darüber berichten. "What's Love Got to Do with It?" (der Film hat nichts mit Tina Turner zu tun) macht daraus eine pikante Komödie zwischen London und Lahore.

Wo die Liebe hinfällt ... das wollen die Eltern von Kazim (Shazad Latif) nicht dem Zufall überlassen. Er lebt zwar in London, ist dort aufgewachsen, beim Heiraten orientiert man sich aber doch lieber an bewährten pakistanischen Gepflogenheiten. "Ich heirate", eröffnet "Kaz" gegenüber seiner besten Freundin Zoe, die ihn schon seit Kindestagen kennt. Und wer ist die Glückliche? "Das weiß ich noch nicht ..."

Zoe fällt erst einmal aus allen Wolken, dann aber beschließt sie, die arrangierte Ehe ihres Kumpels in einer Dokumentation festzuhalten. Und so ist sie bei jedem Schritt dabei, etwa wenn sich die Familien von Kazim und seiner Zukünftigen via Zoom-Meeting kennenlernen. Wie ist es so in London? Das beantwortet die Oma von Kazim: "Es ist so, als würde man in einem riesigen Bordell leben."

Witze über arrangierte Ehen, darf man das? Zumindest ist es in diesem Fall nicht nur der pikierte oder gar höhnische westliche Blick auf das sehr komplexe Thema: "What's Love Got to Do with It?" wurde von dem indischen Regisseur Shekhar Kapur inszeniert, das Drehbuch schrieb Jemina Khan, und zur Besetzung gehört unter anderem auch die bekannte Hindi-Schauspielerin Shabana Azmi. Darüber hinaus konnten für den vergnüglichen Mix aus Romantic Comedy und Culture Clash auch ein paar prominente britische Namen gewonnen werden - neben Lily James ist unter anderem Oscargewinnerin Emma Thompson (als Zoes Mutter) dabei.

"What's Love Got to Do with It?" wurde vom indischen Regisseur Shekhar Kapur inszeniert. Neben Lily James (rechts) erhielt auch Emma Thompson eine Rolle in der Komödie. (Bild: Studiocanal GmbH/Robert Viglasky)
"What's Love Got to Do with It?" wurde vom indischen Regisseur Shekhar Kapur inszeniert. Neben Lily James (rechts) erhielt auch Emma Thompson eine Rolle in der Komödie. (Bild: Studiocanal GmbH/Robert Viglasky)

Wo ist Anne Frank

"Das Tagebuch der Anne Frank" gehört zu den bekanntesten Werken der Weltliteratur, viele Male schon wurde die Geschichte für Kino und TV verfilmt und neu erzählt. Aber noch nie so wie in "Wo ist Anne Frank". Der jüdische Filmemacher Ari Folman ("Waltz with Bashir") entwickelte mit dem Illustrator David Polonsky bereits 2017 eine Graphic-Novel-Version von "Das Tagebuch der Anne Frank", um das Thema zeitgemäß für ein junges Publikum aufzubereiten. Inzwischen hat der Sohn polnischer Holocaust-Überlebender auch einen dazugehörigen Film gedreht, der bereits in Cannes lief und nun im Kino startet: "Wo ist Anne Frank".

Anne Frank verfasste ihr Tagebuch zwischen 1942 und 1944, als sie sich mit ihrer jüdischen Familie vor den Nazis versteckte; die meisten Einträge entstanden in Amsterdam. Noch heute kann man dort die zum Museum umfunktionierte Wohnung in der Prinsengracht besichtigen, in der Anne Frank mit ihrer Familie ausharrte, ehe sie an die Nazis verraten wurden. In jenem Museum beginnt auch die Geschichte von "Wo ist Anne Frank".

Viele Einträge aus dem "Tagebuch der Anne Frank" sind in Brief-Form geschrieben und an verschiedene imaginäre Mädchen adressiert. Eines davon, Kitty, entsteigt nach einem schweren Sturm 2019 plötzlich dem Tagebuch im Anne-Frank-Haus. Wo ist Anne? Kitty macht sich auf die Suche nach ihrer Freundin, zunächst ohne zu wissen, in welcher Zeit sie sich befindet und was mit Anne passiert ist.

"Wo ist Anne Frank" wagt einen durchaus mutigen neuen Blick auf die bekannte Geschichte, die bis heute gerne als Lehrmittel in der Schule verwendet wird, und landet bei einer recht freien, aber pädagogisch wertvollen Interpretation mit poetisch-fantasievollen Animationsbildern. Dabei schlägt Regisseur Folman auch die Brücke von der Judenverfolgung bis in die Neuzeit, in der wieder Menschen auf der Flucht sind und sich verstecken, auch in Europa. "Wo ist Anne Frank" könnte man am Ende auch anders formulieren: Was ist geblieben von Anne Frank? Was haben wir aus ihrem Schicksal gelernt?

Anne Frank (links) adressierte in ihren Tagebuch-Einträgen verschiedene imaginäre Mädchen. Eines davon, Kitty (rechts), erwacht im Animationsfilm "Wo ist Anne Frank" zum Leben. (Bild: Farbfilm Verleih)
Anne Frank (links) adressierte in ihren Tagebuch-Einträgen verschiedene imaginäre Mädchen. Eines davon, Kitty (rechts), erwacht im Animationsfilm "Wo ist Anne Frank" zum Leben. (Bild: Farbfilm Verleih)