Erwartete Todeszahlen ohne Lockdown: Harald Lesch spricht von "schockierenden Nachrichten"

Harald Lesch stellte seine neue Ausgabe des Magazins "Leschs Kosmos" unter die Fragestellung "Corona: Licht am Ende des Tunnels?". (Bild: ZDF)
Harald Lesch stellte seine neue Ausgabe des Magazins "Leschs Kosmos" unter die Fragestellung "Corona: Licht am Ende des Tunnels?". (Bild: ZDF)

Im ZDF-Wissenschaftsmagazin "Leschs Kosmos" prognostizierte ein Mathematiker erschreckende Todeszahlen auf Basis aktueller Corona-Maßnahmen. Ein zweiwöchiger Lockdown vor Weihnachten hingegen könne den Berechnungen zufolge 30.000 Menschenleben retten.

"Corona: Licht am Ende des Tunnels?", war die jüngste Ausgabe des ZDF-Wissenschaftsmagazins "Leschs Kosmos" überschrieben. Das Fragezeichen im Titel sollte man nicht überlesen. Denn bekanntlich steckt Deutschland tief in einer verheerenden Winterwelle, die eine weitere offene Frage aufwirft: Reichen die beschlossenen 2G- und 3G Maßnahmen, um eine rasche Trendwende herbeizuführen und die Intensivstationen zu entlasten? Die Antwort, die ein Forscher in der Sendung von Professor Harald Lesch gab, ist ernüchternd.

"Geht man von diesen Verschärfungen aus, würden wir immer noch eine massive vierte Welle sehen mit bis zu über 150.000 Neuinfektionen pro Tag bundesweit, wobei das auch schon die Dunkelziffer inkludiert", rechnete Professor Dr. Kristan Schneider, Mathematiker an der Hochschule Mittweida, vor. Indes: "Ein zweiwöchiger Lockdown vor Weihnachten ab morgen wäre extrem effizient darin, den Trend umzukehren und letztendlich die vierte Welle um bis zu 40 Prozent zu reduzieren."

Professor Dr. Kristan Schneider, Mathematiker an der Hochschule Mittweida, modelliert den Pandemieverlauf in Deutschland. (Bild: ZDF)
Professor Dr. Kristan Schneider, Mathematiker an der Hochschule Mittweida, modelliert den Pandemieverlauf in Deutschland. (Bild: ZDF)

Momentane Maßnahmen bedeuten "bis zu 250.000 Todesfälle"

Die Zahlen des Wissenschaftlers basieren auf den Erfahrungen mit der Delta-Variante. Die neue, womöglich noch ansteckendere Omikron-Variante werde sich in Deutschland erst zu einem späteren Zeitpunkt durchsetzen. Doch auch bis dahin wiegen die Probleme schwer. Professor Kristan Schneider: "Wenn man von den momentanen Maßnahmen ausgeht, würde das für die Mortalität bedeuten, dass wir auf bis zu 250.000 Todesfälle gehen" - gerechnet wohlgemerkt auf die gesamte Pandemiedauer seit Februar 2020.

Ein Lockdown würde auch in dieser Hinsicht eine deutliche Erleichterung verschaffen, ist sich der Modellierer sicher: "Man würde die Mortalität um um die 30.000 Tote senken durch diesen zweiwöchigen Lockdown vor Weihnachten." Einen "ganz massiven Effekt" habe zudem die Impfung. Unter Forschenden werde davon ausgegangen, dass eine Impfpflicht, wie sie im Bundestag zur Abstimmung vorgesehen ist, 95 Prozent aller über Zwölfjährigen erreiche. Hier würde sich eine weitere Reduktion "von einigen weiteren Tausend Toten" ergeben. Fazit des Beitrags: Ohne einen harten Lockdown auch für Geimpfte lasse sich die vierte Welle aller Voraussicht nach nicht brechen.

Ein Lockdown vor Weihnachten, so zeigt es diese Grafik, würde die zu erwartenden Todeszahlen signifikant senken. Auch eine Impfpflicht zeitigt nach Ansicht der Modellierer einen Effekt. (Bild: ZDF)
Ein Lockdown vor Weihnachten, so zeigt es diese Grafik, würde die zu erwartenden Todeszahlen signifikant senken. Auch eine Impfpflicht zeitigt nach Ansicht der Modellierer einen Effekt. (Bild: ZDF)

Harald Lesch: "Vielleicht brauchen wir ein neues Schulfach"

"Das sind ja wirklich schockierende Nachrichten", konfrontierte Harald Lesch im Studio-Gespräch eine weitere Wissenschaftlerin mit den Berechnungen. "Wenn sie mich vor zwei Wochen gefragt hätten, hätte ich gesagt, da ist Licht am Ende des Tunnels", entgegnete die Virologin Professor Dr. Ulrike Protzer von der TU München. Durch die neue Omikron-Variante sei sie "nicht mehr ganz so optimistisch".

Es handele sich, nach allem, was man wisse, um eine Variante, "die noch deutlich ansteckender ist als Delta". Es gebe Hinweise, dass die Variante der Immunantwort des Körpers entgehen könne. Die Virologin: "Das lässt einen schon ein bisschen skeptisch in die Zukunft schauen." Die gute Nachricht immerhin: "Es gibt bisher keinen Hinweis, dass diese Variante schwerer krank macht. Im Gegenteil: Manche sagen, es ist leichter. Damit könnte es der Übergang in die epidemische Phase sein." Um dies verbindlich zu sagen, sei es jedoch "einfach noch zu früh".

Schlusswort von Professor Harald Lesch: "Corona bleibt. Vielleicht brauchen wir ein neues Schulfach: das Training unseres Immunsystems." Und das zitierte "Licht am Ende des Tunnels"? Das, so Harald Lesch, sei die Wissenschaft selbst.

Harald Lesch im Gespräch mit Professorin Dr. Ulrike Protzer: Die Virologin von der TU München blickt wegen der neue Omikron-Variante skeptischer in die Zukunft als noch vor zwei Wochen. (Bild: ZDF)
Harald Lesch im Gespräch mit Professorin Dr. Ulrike Protzer: Die Virologin von der TU München blickt wegen der neue Omikron-Variante skeptischer in die Zukunft als noch vor zwei Wochen. (Bild: ZDF)